DOMRADIO.DE: Was steckt hinter dem Buchprojekt "Kölner Plätze und Plätzchen"?
Henning Krautmacher (ehemaliger Frontman der Kölner Band "Die Höhner": Eine, wie ich finde, längst überfällige Idee. Die hatte ich, als ich in einer TV-Sendung vom Westdeutschen Rundfunk zu Gast war. Da hat Marcel Seeger, der bekannte Konditormeister, ein Plätzchen von einem Rentier gebacken – Rudolf the Red-Nosed Reindeer. Und da habe ich sofort gesagt: "Ach guck mal, ein Rudolf-Plätzchen."
Innerhalb von einer Zehntelsekunde war dann die Idee geboren. Das ist wie so eine Perlenkette: Vom Rhein unten zum Ebertplatz, als Nächstes kommt der Friesenplatz, ein Stück weiter ist der Rudolfplatz, der Barbarossaplatz, der Chlodwigplatz und dann ist man wieder unten am Rhein. In unserem Buch habe ich alle Kölner Plätze beschrieben, und der Marcel hat – zugehörig zur Geschichte – kleine, süße, leckere Plätzchen gebacken.
DOMRADIO.DE: Aber der Roncalliplatz hat nichts mit dem Zirkus zu tun, oder?
Krautmacher: 90 Prozent der Kölnerinnen und Kölner glauben, der Zirkus sei Namensgeber für den Roncalliplatz. Aber das ist falsch. Denn das ist Papst Johannes XXIII., der mit bürgerlichem Namen Angelo Giuseppe Roncalli hieß. Die Kölner würden sagen: "Roncallis Jupp."
Der hat dem Domkapitel damals einen seiner bischöflichen Siegelringe geschenkt. Der ist aber nicht mehr in der Domschatzkammer. Leider hat man ihn nach einem Raub nicht mehr auffinden können. Wahrscheinlich ist er eingeschmolzen worden. Also: eine ganz spannende Geschichte.
DOMRADIO.DE: Wie sieht das Plätzchen zum Roncalliplatz aus?
Krautmacher: Das ist ein ganz besonderes Plätzchen. Da ist dem Marcel etwas Tolles gelungen. Wir haben uns da so ein bisschen an die berühmten Bethmännchen angelehnt. Die schreibt man mit "th", weil sie zur Familie Bethmann aus Frankfurt gehören. Der Konditor der sehr wohlhabenden Banker-Familie hatte dieses Marzipan-Gebäck mit seinen vier weißen, halbierten Mandeln hergestellt. Die waren den vier Söhnen der Familie gewidmet. Dann ist einer der vier Söhne leider verstorben, weshalb das Bethmännchen seitdem nur aus drei Mandeln besteht.
Wir haben das Ganze aber ein bisschen abgeändert und einen kleinen Schokoladenmantel wie einen Talar drumgelegt. Obendrauf haben wir noch eine rote Bischofsmütze gesetzt. Und so ist das Bethmännchen – die Mandeln wie betende Hände zu verstehen und ohne Haar – zum Betmännchen geworden.
DOMRADIO.DE: In dem Buch sind 30 Plätze beschrieben, aber eigentlich gibt es nur 29. Was hat es mit diesem einen Platz auf sich?
Krautmacher: Jetzt ist das große Geheimnis gelüftet. Es stimmt tatsächlich. Ich habe mir erlaubt, einen Platz zu erfinden. Aber ich habe ihn nicht so richtig erfunden, weil ich glaube, dass es hier in der Stadtmitte, neben dem Roncalliplatz und dem Bahnhofsvorplatz, doch einen Domplatz geben muss. Offiziell gibt es den nicht. Aber es wäre nicht das erste Mal, dass der Volksmund einem Platz einen Namen verleiht. So ist es jetzt durch mich passiert.
Der Domplatz ist das Portal zum Dom. Und das von uns designte Plätzchen hat es auch in sich. Es ist ein 3D-Plätzchen, also eine Ausstechform in zwei Größen. Man sticht erst die größere Form aus, dann zweimal die kleinere, klebt diese drei Plätzchen zusammen und überzieht das Ganze mit ein bisschen Schokoguss. Kinder streuen gerne noch ein paar Perlen drüber – und fertig ist ein aufrecht stehender Kölner Dom aus süßem Teig und Schokolade: das Domplätzchen.
Das Interview führte Renardo Schlegelmilch.