Gläubige verzichten verstärkt auf katholische Beerdigung

Bloß nicht halbherzig gestalten

Der Trend ist eindeutig: immer weniger verstorbene Katholiken werden kirchlich beerdigt. Das zeigt eine Umfrage unter den nordrhein-westfälischen Bistümern. Theologin Hannah Krewer erklärt mögliche Ursachen.

Die Zahl derer, die ihre eigene Beerdigung vorbereiten, wächst / © Beatrice Tomasetti (DR)
Die Zahl derer, die ihre eigene Beerdigung vorbereiten, wächst / © Beatrice Tomasetti ( DR )

DOMRADIO.DE: Im Jahr 2020 hat ein Drittel der Katholiken auf ein kirchliches Begräbnis verzichtet. Wundert dich das, dass immer weniger Menschen sich nicht kirchlich begraben lassen?

Hannah Krewer / © Nicolas Ottersbach (DR)
Hannah Krewer / © Nicolas Ottersbach ( DR )

Hannah Krewer  (Theologin und Volontärin bei DOMRADIO.DE): Eigentlich nicht. Und das liegt daran, dass dieser Ritus und der moderne Mensch, ich sag mal, nicht kompatibel sind. Unsere Gesellschaft verändert sich und ich würde mal plakativ formulieren Wir sterben so, wie wir leben oder gelebt haben. Das heißt, die Frage ist: Wie tickt der moderne Mensch, was ist ihm in seinem Leben und damit auch in seinem Sterben und seinem Begräbnis wichtig? Und da gibt es eine grundlegende Verschiebung in der Mentalität: Der Mensch von heute beschäftigt sich vor allem mit Dingen, die in irgendeiner Art und Weise interessant sind und aus dem Normalen hervorstechen. Und, was gerade für den Bereich der Begräbnisse wichtig ist: er möchte sich nicht festlegen. Und dann kommt da dieses katholische Begräbnis mit seiner festgelegten Auferstehungsdeutung daher und das ist dann für viele natürlich nicht attraktiv.

DOMRADIO.DE: Man hört ja gerade von Stimmen außerhalb der Kirche oft, dass so ein katholisches Begräbnis eine ziemlich trostlose Angelegenheit sei und dann werden da lieber freie Trauerredner beauftragt. Ist das auch ein Grund für diesen Rückgang, auch unter Katholiken?

Krewer: Jein. Ich glaube das Problem ist weniger das katholische Begräbnis an sich. Das ist nämlich in seinem Selbstverständnis sehr hoffnungsvoll ausgerichtet und sehr persönlich. Aber in der Praxis klappt das, glaub ich, oft nicht. Da werden dann Texte lieblos runtergerattert oder zumindest kommt das bei den Hinterbliebenen so an. Und wenn dann noch die Organisation nicht funktioniert oder persönliche Gestaltungswünsche abgelehnt werden oder der Klassiker: Der Name des Toten wird falsch ausgesprochen. Da kann man ja schon irgendwie verstehen, dass das nicht besonders reizvoll ist – was jetzt nicht heißt, dass das immer so ist, es gibt natürlich auch genug tolle Gegenbeispiele.

Und dazu kommt sicherlich auch, dass die Kirche im Moment natürlich generell wegen vielem in der Kritik steht und die Menschen ihr deswegen in vielen Dingen nicht mehr vertrauen, eben auch im Hinblick auf die Beerdigung.

Hannah Krewer

"Der Klassiker: Der Name des Toten wird falsch ausgesprochen. Da kann man ja schon irgendwie verstehen, dass das nicht besonders reizvoll ist."

DOMRADIO.DE: Aber du sagst, in sich ist das katholische Begräbnis eigentlich schon hoffnungsvoll und persönlich, also das, was in der Praxis oft fehlt. Wie meinst du das?

Krewer: Es ist persönlich, weil es um den Verstorbenen geht. Und um seine Auferstehung. Der Verstorbene wird direkt mit seinem Namen angesprochen, als ob er noch hören könnte. Und das zeigt halt auch: Für die Kirche ist mit dem Tod ja nicht alles vorbei, und genau deswegen kann man den Toten noch beim Namen nennen. Wir glauben ja eben an diese Auferstehung, dem Toten wird sogar gesagt: Du WIRST auferstehen. Also nicht: du mögest oder lieber Gott, bitte lass ihn auferstehen. Sondern er WIRD auferstehen. Und das ist eben das hoffnungsvolle an dieser Begräbnisfeier.

DOMRADIO.DE: Jetzt könnte man ja aber sagen, dass viele Leute daran nicht mehr glauben, vielleicht auch viele Katholiken, die aber keinen großen Bezug mehr zur Kirche haben.

Krewer: Ja richtig, da sprichst du genau ein Problem an: Begräbnisse sind immer noch ein Punkt, an dem viele Menschen, die seit Jahren nichts mehr mit der Kirche zu tun hatten, doch wieder kommen, zum Beispiel weil der Verstorbene ein kirchliches Begräbnis gewollt hat. Und dann kommt dieser moderne Mensch, der sich nicht festlegen will und erlebt ein Begräbnis, das nicht nur eine eigene Logik hat, mit der er vielleicht nicht mehr vertraut ist, das auch noch mit einer ganz bestimmten Deutung verbunden ist und das ihm einfach nicht vertraut ist und natürlich dann total seltsam klingen muss. Und das ist natürlich ein Problem.

DOMRADIO.DE: Hat das katholische Begräbnis dann also in der Praxis ausgedient?

Krewer: Nein, das glaube ich nicht und das sagt ja auch diese Umfrage nicht. Aber ich glaube, wir müssen von dem lernen, was Menschen an, ich sag mal, weltlichen Trauerfeiern schätzen. Und das ist eben oft die Möglichkeit zur persönlichen Gestaltung, dass es nochmal ausführlich um das Leben des Toten geht und man, und ich glaube das ist auch wichtig, auch genug Platz lässt für die Trauer der Angehörigen. Das Ganze darf nicht halbherzig gestaltet sein und die Menschen müssen verstehen: Was passiert da eigentlich, was bedeuten diese Rituale, die da ablaufen? Denn sonst ist das ganze inhaltsleer und klingt dann natürlich total altmodisch.

Quelle:
DR
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