Die Wahl eines neuen Papstes fasziniert sehr viele Menschen – ganz egal, ob sie katholisch sind oder nicht. Das hat sich wieder beim Konklave gezeigt, das am 8. Mai zu Ende gegangen ist: Tausende Medienvertreter aus aller Welt sind nach Rom gereist, um über die Wahl des Nachfolgers von Papst Franziskus zu berichten. Dabei findet ein Konklave stets gut abgeschirmt hinter verschlossenen Türen statt, damit keine Informationen an die Außenwelt dringen.
Trotzdem kursierten bereits wenige Tage nach der Wahl Leos XIV. einige teils recht detaillierte Berichte über die Papstwahl in den Medien. So verriet der philippinische Kardinal Pablo Virgilio David etwa vor kurzem, dass bei der Auszählung für den entscheidenden Wahlgang im Konklave großer Beifall ertönte, als klar war, dass Kardinal Robert Prevost die notwendige Zahl von 89 Stimmen erreicht hatte. Kurienkardinal Luis Antonio Tagle gab schon kurz nach Ende des Konklave die Anekdote zum Besten, dass er Prevost ein Bonbon anbot, um über den Schock der Wahl zum Papst hinwegzukommen.
Informationen aus Gesprächen mit Kardinälen?
In den vergangenen Tagen behaupteten verschiedene Vatikan-Experten zudem, anhand von Informationen aus Hintergrundgesprächen mit Kardinälen den Ablauf der verschiedenen Wahlgänge rekonstruiert zu haben. Dabei wurden die Namen der Kandidaten und die ungefähren Stimmenzahlen genannt, nicht aber die Identitäten der Kardinäle offengelegt, die die entsprechenden Details weitergegeben haben sollen.
Diese Diskretion hat einen guten Grund, denn zu Beginn des Konklaves mussten die wahlberechtigten Purpurträger unter Eid "absolute Geheimhaltung" versprechen. Die Kardinäle dürfen also eigentlich mit Personen, die nicht zum Wahlkollegium des Konklaves gehörten, unter keinen Umständen über das sprechen, was bei der Papstwahl passiert ist. "Das bezieht sich auf alles, was direkt oder indirekt mit der Wahl des Papstes oder den Abstimmungen für die Wahl zu tun hat", sagt Bernhard Anuth. Und wer diese Pflicht zur Geheimhaltung verletze, ziehe sich die automatische Exkommunikation zu, betont der Tübinger Kirchenrechtler.
Die Exkommunikation bedeutet den Verlust aller Rechte in der katholischen Kirche, die betroffene Person darf also zum Beispiel keine Sakramente mehr spenden oder empfangen und auch keine kirchlichen Ämter, Dienste und Funktionen ausüben. Nach Ansicht von Anuth könnten einige Äußerungen von Kardinälen durchaus als Verletzung der absoluten Geheimhaltung mit Blick auf das Konklave verstanden werden. "Damit jemand allerdings innerkirchlich als exkommuniziert behandelt werden kann und darf, muss die eingetretene Tatstrafe amtlich festgestellt werden", so der Professor für Kirchenrecht. Das sei bisher aber nicht geschehen.
"Zuständig für Verfahren gegen Kardinäle ist nach dem Kirchenrecht allein der Papst", erklärt Anuth. Dass Papst Leo XIV. bislang nicht tätig geworden sei, könne etwa daran liegen, dass er den Tatbestand der "absoluten Geheimhaltung" nicht verletzt sieht, weil er die Bezeichnung "absolut" großzügig auslegt. Oder zum Beispiel auch daran, dass die eingetretene Exkommunikation, die eine Beugestrafe ist und auf die Beendigung des Fehlverhaltens abzielt, bereits wieder erlassen wurde. "Darüber zu spekulieren, ist aber müßig", meint Anuth. Entscheidend sei vielmehr: Solange der Papst nicht das Eingetretensein der Tatstrafe feststelle, gelte für alle Kardinäle die Unschuldsvermutung, die Papst Franziskus 2021 auch ins kirchliche Strafrecht aufgenommen habe.
"Deshalb wäre es besser, wenn wir freier darüber sprechen könnten"
Weil nun zahlreiche Gerüchte über den Ablauf des Konklaves die Runde machen, schlägt der serbische Kardinal Ladislav Nemet vor, die strengen Regeln zur Geheimhaltung beim Konklave zu lockern. "Alle spekulieren und zitieren alle möglichen 'Quellen', die nichts mit den Tatsachen zu tun haben. Deshalb wäre es besser, wenn wir freier darüber sprechen könnten, wie die Wahl tatsächlich verlaufen ist", sagte Nemet in der vergangenen Woche dem ungarischen Online-Portal "Szemlelek".
Der deutsche Historiker René Schlott widerspricht dem Kardinal jedoch vehement: "Gerade die Abgeschlossenheit verleiht dem Verfahren seine Faszination." Dass es sich um ein abgeschirmtes und jahrhundertealtes Ritual handle, erhöhe das öffentliche Interesse – und schütze zugleich das Verfahren vor Banalisierung, so Schlott gegenüber der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). "Wenn ich medienpolitischer Berater der Kirche wäre, würde ich raten: Bloß nicht lockern." Die Entscheidung darüber liegt letzten Endes aber bei Papst Leo.