Früherer Verfassungsrichter warnt vor Bedeutungsverlust von Religion

"Ohne Religion keine stabile Verfassung"

Der ehemalige Verfassungsrichter Paul Kirchhof bezeichnet das Christentum als eine Wurzel für Freiheit und Verantwortung. Er fordert, dass die Kirchen ihren Freiraum mutig ausfüllen. Wer Gott vergesse, gefährde die Freiheit.

Paul Kirchhof / © Marcus Brandt (dpa)
Paul Kirchhof / © Marcus Brandt ( dpa )

Die Bürgerinnen und Bürger Deutschlands sind laut Paul Kirchhof gefordert, das Christentum als eine der Wurzeln der deutschen Verfassung zu pflegen. 

Der Jurist und ehemalige Richter am Bundesverfassungsgericht erklärte am Donnerstag in der katholischen Wochenzeitung "Die Tagespost", dass es mit dem Grundgesetz sei es wie mit einem Baum: "Die Verfassung kann nur gedeihen, wenn diese Wurzeln nicht verdorren." Kirchhof betonte, die Menschen seien verpflichtet, diese Voraussetzungen für das Gemeinwesen zu schaffen. "Oder, um in dem Baum-Bild zu bleiben: Wir müssen die Wurzeln hegen und pflegen."

Der Staat schaffe laut Kirchhof den Rahmen dafür, dass die Bedingungen für diese Pflege möglichst gut seien. Auf der anderen Seite erwarte er vom Menschen, "dass er sich durch Gewissensanstrengung sittliche Standards setzt, nach diesen Maßstäben handelt und dem Nächsten begegnet", so der Jurist.

Freiheit und Verantwortung

Diese Idee von Freiheit entspreche auch dem christlichen Menschenbild. "Nur wer frei ist, kann verantwortlich sein. Nur wer frei ist, kann schuldig werden. Nur wer frei ist, kann erlöst werden", führte der Jurist aus. 

So wünsche sich der Staat laut Kirchhof einen Bürger, dem er vertraue: "Er [der Staat] vertraut auf seine Ehrbarkeit und seinen Anstand. Wenn alle Bürger nach diesen Maßstäben ihr Leben selbst gestalten, ihre Freiheit also als Freiheitsrecht verstehen, das auf den anderen und die Gemeinschaft abgestimmt ist, entsteht Gemeinwohl."

Um die Wurzeln pflegen zu können, sieht der Jurist die Kirchen gefordert. Der rechtlich gewährleistete Freiraum für Religion und Kirchlichkeit müsse beherzt genutzt werden. Ob der Einzelne in der Lage sei, sich daran zu beteiligen, hänge von der Bildung ab. Nur wer mit seinen Eltern zusammen gebetet habe, komme einer Gottesbegegnung näher, erklärte Kirchhof. 

Und weiter: "Der Religionsunterricht ergänzt und vertieft diese Erfahrung. Er sollte vor allem existenzielle Fragen behandeln wie das Denken über die eigene Existenz hinaus, das Geheimnis Gottes und seine Sichtbarkeit in Gleichnissen."

Cusanuswerk

Das Cusanuswerk ist eine von 13 Begabtenförderungseinrichtungen in der Bundesrepublik. Besonders begabte katholische Studenten aller Fachrichtungen erhalten vor allem aus staatlichen Mitteln Stipendien für Studium oder Promotion.

Neben der finanziellen Förderung bietet die Bischöfliche Studienförderung ein fächerübergreifendes Bildungsprogramm sowie geistliche Begleitung an. Ziel ist neben der fachlichen Qualifizierung, junge Akademiker zum gesellschaftlichen Engagement zu bewegen - über die Grenzen des eigenen Faches hinaus.

Leitet das Cusanuswerk: Georg Braungart (KNA)
Leitet das Cusanuswerk: Georg Braungart / ( KNA )
Quelle:
KNA