Foodwatch kritisiert Uran-Anteil im Trinkwasser

"Bund verletzt Fürsorgepflicht"

In den meisten Bundesländern ist das Leitungswasser zu stark mit Uran belastet. Das zumindest beklagt die Organisation "Foodwatch". Viele Wasserwerke würden Leitungswasser mit mehr als zwei Mikrogramm Uran pro Liter abgeben, kritisiert Martin Rücker, Sprecher der Verbraucherschutzorganisation, im domradio-Interview.

 (DR)

domradio: Für wen kann diese Belastung zu hoch sein?
Rücker: Man kann einen einfachen Vergleich machen. Wenn Sie Wasser kaufen, das in Flaschen abgefüllt ist, dann dürfte es mit einer Belastung mit mehr als 2 Mikrogramm pro Liter Wasser nicht verkauft werden. Es geht vor allem darum, dass Gesundheitsrisiken für Kleinkinder und Säuglinge nicht ausgeschlossen werden können. Für Erwachsene wird der Wert erst ab 10 Mikrogramm schwierig.

domradio: In welchen Bundesländern ist der Uran-Anteil im Trinkwasser besonders hoch?
Rücker: Besonders hohe Werte haben wir vor allem im Süden Deutschland: In Baden-Württemberg, Bayern, Rheinland-Pfalz, Hessen, aber auch Sachsen.

domradio: Wie kommt denn überhaupt Uran ins Trinkwasser?
Rücker: Es geht bei Uran nicht um Radioaktivität - Uran ist zwar radioaktiv. In diesen Mengen ist es aber nicht gefährlich. Es geht darum, dass es ein chemisch giftiges Schwermetall ist, das zu schweren Organschädigungen, insbesondere Nierenschädigung, führen kann. Es wird nicht ins Wasser reingemischt, sondern ist ganz natürlich, weil sich in verschiedenen Gesteinsschichten in Deutschland Uran befindet und sich in Wasser löst, wenn es durchfließt - also eine ganz natürliche Sache. Die gute Nachricht ist, dass man es rausfiltern kann. Das ist auch nicht teuer. Der Einbau einer Filteranlage schraubt auch nicht die Wasserkosten extrem nach oben. Hier muss endlich etwas getan werden!

domradio: Heißt das im Umkehrschluss, dass sich die Wasserwerke in den betroffenen Bundesländer weigern solche Filter einzubauen?
Rücker: Es gibt einzelne Beispiele aus Bayern, wo wir im vergangenen Jahr die höchsten Messwerte überhaupt festgestellt haben. Da ist etwas getan worden und eine Anlage eingebaut worden. Aber das ist längst nicht überall der Fall.
Es wird sich wohl nur dann etwas ändern, wenn es einen gesetzlichen Zwang in Form eines Grenzwertes gibt. Wenn man also gesetzlich festlegt, dass nicht mehr als zwei Mikrogramm pro Liter im Wasser sein dürfen. An vielen Orten kann übrigens auch auf den Einbau der Filteranlage verzichtet werden, indem man Wasser von verschiedenen Brunnen mischt.

domradio: Sie fordern von der Bundesregierung also einen niedrigeren Grenzwert. Ist der denn so einfach umzusetzen - was sind da die Hürden?
Rücker: Das Problem ist, dass die Bundesregierung vor einem Jahr einen Grenzwert angekündigt hat. Das ist schon ein Fortschritt, aber er ist bis heute nicht umgesetzt. Auch soll die Höhe des Grenzwertes bei zehn Mikrogramm liegen. Das ist viel zu hoch!
Es ist ja ein Irrwitz: Die deutschen Behörden waren es, die bei der europäischen Lebensmittelsicherheitsbehörde eine wissenschaftliche Stellungnahme angefordert haben was denn die richtige Höhe eines solchen Grenzwertes sein könnte. Sie haben aus dieser Stellungnahme erfahren, dass zehn Mikrogramm zu hoch sind, um die Bevölkerung zu schützen. Wir werfen der Bundesregierung vor, dass sie ihrer Fürsorgepflicht nicht nachkommt. Wir fordern einen Grenzwert, der den Stand der Wissenschaft berücksichtigt und bei 2 Mikrogramm ist man da auf der richtigen Seite.

Das Interview führte Stephanie Gebert.