Aldi und Co. drücken die Milchpreise - Lebensmittel werden langfristig teurer

"Raubtierkapitalismus"?

Aldi hat den Milchpreis gesenkt, doch insgesamt sind die Lebensmittelpreise in der letzen Zeit deutlich gestiegen. Dieser Trend sei wegen der ungebrochenen Nachfrage nach Energie unumkehrbar, sagte Bauernpräsident Gerd Sonnleitner am Dienstag im ARD-"Morgenmagazin". Den Lebensmitteldiscountern warf er angesichts der Milchpreissenkung "Raubtierkapitalismus" vor. Herman Kroll-Schlüter, Bundesgeschäftsführer der Katholischen Landvolkbewegung, fordert im domradio faire Spielregeln für den Weltmarkt.

 (DR)

Der Discounter profitiere von der Zersplittertheit der Molkereien in Deutschland, sagte Sonnleitner. "Aldi missbraucht seine Marktmacht zum Schaden der Bauern", so der Bauernpräsident. Das habe nichts mehr mit sozialer Marktwirtschaft zu tun, sondern sei "Raubtierkapitalismus". "Vernünftige und stabile Preise sind durch Aldi und Co. gefährdet", fügte Sonnleitner hinzu. Die Explosion der Kosten verteuere die landwirtschaftliche Produktion. In Deutschland würden Lebensmittel aber im Weltmaßstab am preisgünstigsten bleiben.

Der Vorstand der Schwälbchen-Molkerei in Bad Schwalbach, Günter Berz-List, erwartet keine dauerhaft niedrigeren Milchpreise. "Wir sehen derzeit eine gewisse Marktschwäche", sagte er der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (Dienstagausgabe). Auch die Zulieferer von Schwälbchen müssten sich vorerst auf rückläufige Erzeugerpreise einstellen. Der eine oder andere Preis, der zwischen Handel und Molkereien vereinbart worden sei, sei aber "nach unten hin übertrieben". Denn mit Blick auf den Sommer erwartet Schwälbchen wieder eine Erholung des Milchmarkts, der derzeit durch ein gewisses Überangebot gekennzeichnet ist, wie Berz-List sagte. Dann würden die Preise nachverhandelt.

Viele Bauern resignieren
Die Bauern verstehen die Schwankungen nicht mehr, daher protestieren sie, erläutert Herman Kroll-Schlüter, Bundesgeschäftsführer der Katholischen Landvolkbewegung im domradio. Gerade habe es mal eine existenzsichernde Preiserhöhung gegeben und schon breche das Ganze wieder zusammen. Alles unter 40 Cent sei für die Bauern zu wenig. Die Zeiten der Preisstabilität durch staatliches Handeln seien aber vorbei. Der wachsende Weltmarkt böte den Bauern aber auch viele Chancen.

Auch der Landwirtschaftsvertreter kritisiert die Subventionspolitik. Es gäbe für alle Menschen auf der Welt genug Güter. Dass nicht alle erreicht würden, habe die Ursache in fehlenden Marktstrukturen, Eigentumsordnungen, Korruption, politischen Fehlsteuerungen und anderen Faktoren. Die Landwirtschaft brauche einen freien Markt mit festen Spielregeln. Diese müssten Nachhaltigkeit sichern und bei Fehlentwicklungen, wie zum Beispiel Kinderarbeit, gegensteuern.

Subventionen treiben die Preise
An den steigenden Lebensmittelpreisen in Deutschland sei auch die Bundesregierung schuld, behauptet Thilo Bode, Geschäftsführer von Foodwatch in der in Kassel erscheinenden "Hessischen/Niedersächsischen Allgemeinen" (Dienstag). Beim Schweinefleisch werde der Verbraucher zum Beispiel gleich zweimal zur Kasse gebeten. Er zahle die Exportsubventionen für die Bauern und höhere Preise im Laden, weil der Export das Schweinefleisch im Inland verknappe und damit verteuere, so Bode.

Auch die Milchmenge und damit der Milchpreis wird von der Bundesregierung beziehungsweise der EU gesteuert. Über die sogenannte Milchquote, die jedem Bauern eine maximale jährliche Milchmenge vorschreibt. Eine Steuerungsmaßnahme aus den Zeiten von Milchseen und Butterbergen, die angesichts der steigenden Nachfrage auf dem Weltmarkt auch von einigen Bauern in Frage gestellt wird.