Essens Bischof Felix Genn freut sich über die Wahl

Essen - Kulturhauptstadt 2010

 (DR)

Der Essener katholische Bischof Felix Genn freut sich, dass seine Stadt europäische Kulturhauptstadt 2010 wird. "Diese Auszeichnung dient der Region und gibt ihr Auftrieb in einer Situation, die manchmal etwas deprimierend ist", sagte er in Rom nach der Entscheidung der EU-Kulturminister in Brüssel. "Ich freue mich mit den Menschen", sagte der Ruhrbischof. Er hält sich zurzeit zum Ad-limina-Besuch bei Papst Benedikt XVI. in Rom auf.

Essen bezieht ganzes Ruhrgebiet mit ein
Die Stadt Essen will das ganze Ruhrgebiet in seine Aktivitäten für das Kulturhauptstadt-Programm einbeziehen. 52 Kommunen sollen beteiligt werden. Zur Vorbereitung und Durchführung stehen für Essen und das Ruhrgebiet 48 Millionen Euro zur Verfügung. 18 Millionen Euro davon bringen Stadt und Region auf. Der Rest soll durch Stiftungen, Land und Bund für projektbezogene Mittel fließen oder bei der regionalen und nationalen Wirtschaft eingeworben werden.

Eine Aufgabe, der sich viele gesellschaftliche Gruppen und auch die Kirchen widmen, ist die Förderung der so genannten Interkultur im Ruhrgebiet. Die Zuwanderung hunderttausender Arbeitskräfte und ihrer Familien aus allen Teilen Europas hat eine multikulturelle Gesellschaft geschaffen. Und die Einwanderung geht weiter. 2010 werden wohl die Hälfte der hier lebenden Kinder und Jugendlichen ausländischer Herkunft sein. Die schrumpfende Bevölkerungszahl verstärkt den Wandel zudem. Von existenzieller Bedeutung ist das Zusammenwachsen der unterschiedlichen Lebenswelten und Identitäten sowie ein gemeinsames Verständnis darüber, wie die mehr als fünf Millionen Bewohner der Region im 21. Jahrhundert zusammenleben wollen.

Impulse für das Ruhrgebiet
Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) äußerte sich nach Bekanntgabe der Entscheidung begeistert:
Erstmals habe sich in der fast 20-jährigen Geschichte des Wettbewerbs eine Stadt stellvertretend für eine ganze Region beworben. Nun werde das Ruhrgebiet "neue und bedeutende Impulse für die europäische Dimension des Kulturhauptstadt-Projektes" geben können, so Rüttgers. Wichtig sei vor allem das Thema Integration und Dialog der Kulturen, bei dem das Ruhrgebiet anderen Regionen im Wandel Ideen geben könne.

Zum künftigen Städteverbund "Kulturhauptstadt" gehören 11 Städte,
41 Gemeinden und 4 Kreise. Sie stellen sich unter dem Titel "Essen für das Ruhrgebiet" den Herausforderungen des Jahres 2010.
Kohle und Stahl haben mehr als ein Jahrhundert lang das Gesicht der Region geprägt. Eine Ära, in der das Gebiet zwischen Emscher, Ruhr und Lippe zu einem gigantischen Industrieareal zusammenwuchs. Wo früher Hunderttausende malochten, ist heute Brache. Werkshallen stehen verlassen zwischen wucherndem Gras, ausgehöhlte Stahlwerke erinnern an Gerippe von Dinosauriern. Vieles ist erhaltenswert, manches schon zum Industriedenkmal erkoren und restauriert oder einer neuen Bestimmung zugeführt.

Weltkulturerbe Zeche Zollverein
Die Zeche Zollverein steht sogar auf der Liste des Weltkulturerbes. Mit seinen Verwaltungsgebäuden im Bauhausstil und seinen Produktionshallen, die in ihrer Anordnung an barocke Schlossanlagen erinnern, steht dieses einst größte Steinkohlenbergwerk Europas heute kulturell auf einer Ebene mit dem Eiffelturm oder der Akropolis. Zollverein ist eine internationale Begegnungsstätte für große Kulturprojekte und beherbergt Ausstellungsräume, ein Tanztheater und ein Museum. Die Zeche ist Prestigeobjekt des Ruhrgebiets und nur ein Beispiel für die Bewältigung des Strukturwandels dieser Region, die sich nach dem Untergang der Schwerindustrie neu erfinden muss.

Pecs und Istanbul
Neben Essen wird auch das ungarische Pecs 2010 Kulturhauptstadt sein. Außerdem wird Istanbul in der Rubrik der Nicht-EU-Staaten laut Beschluss den Titel tragen. Die Minister folgten mit ihrer Entscheidung dem Votum der Experten-Jury, die sich im April für Essen, Pecs und Istanbul ausgesprochen hatte. Essen setzte sich damals gegen den deutschen Mitbewerber Görlitz durch.

Die Jury hatte für Essen votiert, weil das von der Stadt vorgeschlagene Projekt von großem Interesse für ganz Europa sei.
Die Fachleute hoben heraus, dass es Essen um die Regenerierung einer von Umweltbelastungen geprägten Region und das multikulturelle Zusammenleben gehe. Kultur solle hier zur Verbindung der Nationen führen.