Erzbistum Köln betont Offenheit der Entwicklung der Ursulinenschule

"Beratungsprozess, nicht Entscheidungsprozess"

Die Kölner Ursulinenschule soll sich verändern. Im Gespräch ist eine mögliche Öffnung für Jungen, heißt es in einem Kölner Zeitungsartikel, der für Kritik und Verunsicherung sorgt. Wie ist der Stand bei Plänen und Beratungsprozess?

Autor/in:
Johannes Schröer
Erzbischöfliche Ursulinenschule Köln / © Olaf Gruschka (Erzbistum Köln)
Erzbischöfliche Ursulinenschule Köln / © Olaf Gruschka ( Erzbistum Köln )

DOMRADIO.DE: Ist die Entscheidung schon gefallen, dass ab dem Schuljahr 2026/27 auch Jungen in der Unterstufe aufgenommen werden?

Thomas Pitsch aus der Schulabteilung hält eine launige Rede und stellt augenzwinkernd viele Parallelen zwischen Anton Bruckner und Winfried Krane her / © Beatrice Tomasetti (DR)
Thomas Pitsch aus der Schulabteilung hält eine launige Rede und stellt augenzwinkernd viele Parallelen zwischen Anton Bruckner und Winfried Krane her / © Beatrice Tomasetti ( DR )
Thomas Pitsch

Thomas Pitsch (Bereichsleiter Schule und Hochschule des Erzbischöflichen Generalvikariats Köln): Für das Gymnasium ist noch keine Entscheidung getroffen worden – ebenso wenig für die Realschule. Es geht uns gerade darum, zu Beginn die gesamte Schulöffentlichkeit einzubinden, um einen guten Beratungsprozess zu starten.

DOMRADIO.DE: Das heißt, es beginnt nun erst ein Beratungsprozess. Im "Kölner Stadt-Anzeiger" wird das anders dargestellt – als sei schon alles beschlossen. Auch die Art und Weise der Kommunikation wird kritisiert. Was sagen Sie dazu?

Pitsch: Diese Kritik muss ich wirklich zurückweisen. Wir haben zwei Schulen unter einem Dach. An der Realschule gibt es seit 2011 Jungen – in getrennten Mädchen- und Jungenklassen. Diese Realschule hat vor einiger Zeit einen Schulentwicklungsprozess gestartet und ist nun mit dem Wunsch an uns herangetreten, den bislang getrennten Unterricht – man spricht hier von Bi-Edukation – in einen gemischten Unterricht, also Ko-Edukation, umzuwandeln.

Das ist ein breiter Wunsch aller Beteiligten an der Realschule. Als Schulträger haben wir dann überlegt: Wenn beide Schulen so eng miteinander verbunden sind, dann sollten wir auch im Gymnasium diese Frage aufgreifen.

Deshalb haben wir die Schulkonferenz informiert – nicht über eine Entscheidung, sondern über die Möglichkeit, einen Schulentwicklungsprozess zu starten. Damit haben wir den Beratungsprozess eröffnet, nicht den Entscheidungsprozess.

Thomas Pitsch

"Unser Anliegen ist nicht, etwas Bestehendes zu kippen."

DOMRADIO.DE: Wie erklären Sie sich dann, dass an der Schule der Eindruck entstanden ist, es sei schon alles entschieden?

Pitsch: Die Ursulinenschule hat eine lange Tradition in der Mädchenförderung. Eine solche Fragestellung rührt an Grundfesten der Schule. Aber unser Anliegen ist nicht, etwas Bestehendes zu kippen. Es geht mir darum, dass die Schule uns in diesem Prozess gut beraten kann. Ziel ist es, mit einem breit abgestimmten Vorschlag in die Schulkonferenz zu gehen – und erst dann über mögliche Schritte zu entscheiden.

DOMRADIO.DE: Die Vorsitzende der Elternpflegschaft sagt, die Entscheidung sei ein Schock. Viele Eltern hätten sich bewusst für eine reine Mädchenschule entschieden.

Pitsch: Ich möchte deutlich sagen, dass die Eltern, die ihre Kinder für eine Mädchenschule angemeldet haben, genau das bekommen. Selbst wenn es irgendwann eine Entscheidung für Ko-Edukation gäbe, würde das frühestens mit einer neuen 5. Klasse eingeführt. Die jetzigen Schülerinnen bleiben in mono-edukativen Mädchenklassen.

DOMRADIO.DE: Kritiker vermuten, die Überlegung sei getrieben von sinkenden Anmeldezahlen. Andere sagen, dass das Alleinstellungsmerkmal Mädchenschule einfach besser beworben werden müsste.

Pitsch: Die Ursulinenschule ist eine starke Schule. Gleichzeitig sehen wir, dass die Nachfrage dort zurückhaltender ist als an anderen erzbischöflichen Gymnasien in Köln und darüber hinaus. Das ist kein Grund zur Sorge, aber ein Anlass, aus einer Position der Stärke heraus in die Zukunft zu denken. Und da gehört ein ergebnisoffener Beratungsprozess dazu.

DOMRADIO.DE: Könnte ein Ergebnis des Beratungsprozesses auch lauten: Wir setzen auf gezielte Werbung für das Mädchenschulprofil?

Pitsch: Das kann ich mir gut vorstellen. Vielleicht sagt die Schulgemeinschaft am Ende: Wir gehen jetzt bewusst in die Breite des Einzugsgebietes, machen das Profil stärker bekannt – und schauen nach ein paar Jahren, was das gebracht hat. Auch das wäre ein legitimes Ergebnis.

Thomas Pitsch

"Eine Schule mit dieser langen Tradition wird Bewährtes nicht aufgeben."

DOMRADIO.DE: Die Mädchenförderung aus dem Schulkonzept ist inhaltlich eng mit dem Schwerpunkt auf die MINT-Fächer verknüpft. Fällt dieser geschützte Raum künftig weg?

Pitsch: Eine Schule mit dieser langen Tradition wird Bewährtes nicht aufgeben. Ich halte es mit der Heiligen Angela Merici, der Gründerin des Ursulinenordens: Auf bewährten Wegen Neues wagen.

Wenn es zu einer Ko-Edukation käme, müsste das spezifische Förderprofil der Mädchen erhalten bleiben. Gerade in den MINT-Fächern brauchen wir Konzepte, wie die besonderen Stärken der Mädchen weiterhin gefördert werden.

DOMRADIO.DE: Studien zeigen, dass Mädchen an Mädchenschulen häufiger Mathe, Naturwissenschaften und Informatik wählen – und erfolgreicher sind. Wie soll das künftig funktionieren?

Pitsch: Was die Ursulinenschule leistet, ist großartig. Aber das Erzbistum Köln hat insgesamt 17 Gymnasien. Deshalb kann ich für eine breitere gymnasiale Schullandschaft sprechen und nicht alle sind mono-edukativ. Die Stärke der katholischen Schule und unseres christlichen Profils liegt darin, jeden Menschen mit seinen Talenten zu sehen und bestmöglich zu fördern. Ich traue der Ursulinenschule zu, eine Modellschule zu werden, wie Mädchenförderung auch in geschlechtergemischten Gruppen gelingen kann.

DOMRADIO.DE: Wie geht es jetzt weiter? Wird die Ursulinenschule ab 2026/27 Jungen aufnehmen?

Pitsch: Das kann ich so nicht sagen. Wir haben erst begonnen: Die Schulkonferenz wurde informiert, Gespräche mit Eltern, Schülerinnen, Lehrerinnen und Lehrern laufen jetzt an. Ziel ist, vor den Herbstferien ein Zwischenergebnis zu haben. Daraus können wir ableiten: Wie geht es weiter? Wie schnell? Welche Alternativen gibt es – und was kommt nicht in Frage?

DOMRADIO.DE: Also ein offener Prozess – und Sie möchten alle Beteiligten mitnehmen?

Pitsch: Auf jeden Fall. Wir müssen es schaffen, unsere verschiedenen Perspektiven auf dieses Thema zusammenzubringen – um gemeinsam ein Verständnis dafür zu entwickeln, was eine gute Zukunft für die Schule sein kann.

Das Interview führte Johannes Schröer.

Quelle:
DR

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