Zentralratspräsident kritisiert Umgang mit Hans-Georg Maaßen

"Erwarte klare Äußerungen von der Parteispitze"

Wenn jemand antisemitische Inhalte teile, sei er selbst ein Antisemit, sagt Josef Schuster. Hans-Georg Maaßen habe immer wieder verschiedene Verschwörungserzählugen verbreitet. Für ihren Umgang mit dem Politiker kritisiert Schuster die CDU.

Josef Schuster / © Harald Oppitz (KNA)
Josef Schuster / © Harald Oppitz ( KNA )

DOMRADIO.DE: Was werfen Sie Maaßen vor?

Josef Schuster (Präsident des Zentralrates der Juden in Deutschland): Ganz konkret geht es aktuell um das Teilen eines Videos, wo ein umstrittener Mikrobiologe, Professor Bhakdi, der seit 2012 im Ruhestand ist, Verschwörungsmythen verbreitet und vor allen Dingen verbreitet, wie schädlich doch die Impfungen angeblich seien.

Damit hat er sich klar nicht nur auf die Position der Verweigerer gestellt, sondern auch derjenigen, die Verschwörungsmythen verbreiten. Und wenn man sich die Untersuchungen anschaut, sind die in keiner Weise belegt. Sie sind sehr obskur. Und auch die entsprechenden Fachgesellschaften der Mikrobiologie und auch der Pathologen - mit einem solchen hatte er das zusammen veröffentlich -, distanzieren sich eindeutig von diesen Thesen.

DOMRADIO.DE: Halten Sie ihm auch konkret Antisemitismus vor?

Schuster: Insoweit halte ich es ihm vor, wenn man bedenkt, dass Bhakdi im Rahmen seiner Verschwörungstheorien auch die Situation in Israel vor dem Hintergrund der Corona- Pandemie für schlimmer hält als das, was Deutschland in der NS-Zeit mit Juden gemacht hat. Wer solche Theorien noch weiter verbreitet oder sich solchen Theorien anschließt, der ist in meinen Augen nichts anderes als selber ein Antisemit.

DOMRADIO.DE: Sie sagen, dass die CDU debattiert, ob ein Parteiausschlussverfahren Aussicht auf Erfolg hätte, sei nachvollziehbar. Nicht zu verstehen sei allerdings das Schweigen der Parteispitze. Von wem erwarten Sie jetzt klare Äußerungen?

Schuster: Ich erwarte klare Äußerungen von der Parteispitze. Die Partei hat einen Vorsitzenden, sie hat einen designierten Vorsitzenden, sie hat ein Spitzengremium, sprich das Präsidium der Partei. Und hier erwarte ich sehr klare Aussagen und Positionen.

DOMRADIO.DE: Es gibt aber Äußerungen aus der CDU, die sagen, dass Maaßens Äußerungen ein Ausdruck der Meinungsvielfalt seien. Was sagen Sie dazu?

Schuster: Dann muss man sehr aufpassen, was man unter Meinungsvielfalt versteht und wo die Volksverhetzung beginnt. Ich denke, das, was er hier zum Ausdruck bringt, ist nichts anderes als Volksverhetzung.

DOMRADIO.DE: Einige glauben, solange er in der CDU bleibt, hat man ihn noch besser im Griff, als wenn er nach einem möglichen Ausschluss in die AfD abwandern würde. Was halten Sie von dieser Befürchtung?

Schuster: Die Frage ist einfach: Will die CDU sich weiter im demokratischen Spektrum der Parteien aufhalten? Davon gehe ich aus und ich halte sie eindeutig für eine demokratische Partei. Ich will da nicht missverstanden werden, aber ich glaube, dann muss man sich auch klipp und klar von Positionen, die eben nicht nur rechtsaußen sind, sondern die das demokratische Spielfeld verlassen haben, eindeutig distanzieren und Konsequenzen ziehen.

DOMRADIO.DE: Was, denken Sie, hat denn der Umgang mit Maaßen für eine gesamtgesellschaftliche Wirkung?

Schuster: Ich glaube, der Umgang mit Maaßen innerhalb der Partei ist weniger das Problem, als dass klar sein muss, dass, wenn ein Mensch wie Herr Maaßen sich zu solchen Äußerungen, zum Teilen von solchen Videos versteigt, er dann eben nicht mehr im demokratischen Spektrum zu finden ist. Umso bedauerlicher und umso schlimmer: ein Mann, der in seiner Position als Verfassungsschutzpräsident eigentlich auch in meinen Augen lange Jahre eine gute Arbeit gemacht hat, aber dann irgendwann abgedriftet ist.

Das Interview führte Katharina Geiger.


Hans-Georg Maaßen / © Martin Schutt/dpa-Zentralbild (dpa)
Hans-Georg Maaßen / © Martin Schutt/dpa-Zentralbild ( dpa )
Quelle:
DR