Blick auf die Care-Paket in Geschichte und Gegenwart

Erste Hilfe von Corn-Flakes bis Seife

Vor 75 Jahren, am 15. Juli 1946, kamen die ersten Care-Pakete in Deutschland an. Heute ist Care International in rund 100 Ländern weltweit aktiv. Pamela Orgeldinger wirft einen Blick zurück - und berichtet auch über das heutige Engagement.

Inhalt eines CARE-Pakets / © Gregor Fischer (dpa)
Inhalt eines CARE-Pakets / © Gregor Fischer ( dpa )

KNA: Frau Orgeldinger, vor 75 Jahren kamen die ersten Care-Pakete nach Deutschland. Was steckte da eigentlich drin?

Pamela Orgeldinger (Abteilungsleiterin Internationale Programme, Care International): Lebensmittel wie Dosenfleisch, Corn-Flakes oder Haferflocken, Kekse, Obst und Gemüse sowie Zucker, Kakao und Kaffee, Kondensmilch, Butter und Käse. Der Inhalt hat sich im Lauf der Jahre verändert. Der Schwerpunkt lag auf der Zufuhr von Fetten und Proteinen. Daran herrschte in den Jahren nach dem Krieg in Deutschland und anderen Ländern Europas oft Mangel.

KNA: Gibt es heute noch Care-Pakete?

Orgeldinger: Das Care-Paket wie damals existiert heute natürlich nicht mehr eins zu eins. Aber es gibt andere Initiativen, die man auch als Care-Paket bezeichnen kann. Zum Beispiel die Verteilung von Bargeld, weil das lokale Märkte wiederbelebt und den Menschen die Möglichkeit gibt, das zu kaufen, was sie brauchen. Im Rahmen der Corona-Krise haben wir Hygiene-Kits verteilt: mit Seife, Damenbinden, Desinfektionsmitteln oder Eimern zum Wassertransport. In Flüchtlingscamps sehen wir zu, dass die Menschen zum Beispiel Kochutensilien erhalten.

KNA: Welche Krisen bereiten Ihnen derzeit besondere Sorgen?

Orgeldinger: Ein Fokus liegt auf der Krise im Nahen und Mittleren Osten, also der Situation in Syrien und den Nachbarländern. Seit über einem Jahr beschäftigen uns aber auch die Folgen der Corona-Krise.
Care Deutschland arbeitet in 69 Ländern weltweit, hat bereits 34 Millionen Menschen weltweit unterstützt, unter anderem mit Hygiene-Kits. Einen besonderen Fokus legen wir in unserer Arbeit auf die Stärkung der Rechte von Frauen und Mädchen wo sie benachteiligt sind sowie deren Gleichberechtigung.

KNA: Welche Krisen beschäftigen Sie persönlich gerade besonders?

Orgeldinger: Die Krise in Somalia zum Beispiel. Dort leiden durch das Wetterphänomen La Nina rund 80 Prozent des Landes unter einer Dürre. Davon sind circa drei Millionen Menschen betroffen. Hier geht es darum, die Landwirtschaft zu stärken und den Hungernden einen Zugang zu Lebensmitteln zu verschaffen. Zudem legen wir bei Care auch einen besonderen Fokus auf die sogenannten "Vergessenen Krisen".

KNA: Was meinen Sie damit?

Orgeldinger: Das sind Krisen, in denen mehr als eine Million Menschen humanitäre Hilfe benötigen, die aber kaum bis gar keine mediale Aufmerksamkeit bekommen. Zu den größten zehn Krisen hier bringen wir auch jedes Jahr den "Suffering in Silence"-Bericht heraus. Den traurigen ersten Platz belegt hier 2020 die Krise in Burundi. Es ist das fünftärmste Land der Welt und 2,3 Millionen Menschen sind dort auf humanitäre Hilfe angewiesen. Das Land leidet unter konstanter politischer Instabilität sowie extremen Witterungsbedingungen und Naturkatastrophen.

Das Interview führte Joachim Heinz.


Quelle:
KNA