Entsetzen nach Anschlag auf Kirche in Damaskus

Mindestens 25 Tote

Die Hoffnung auf ein Ende der Gewalt in Syrien scheint vergebens. Und schon wieder traf es die christliche Minderheit. Der mörderische Anschlag auf eine Damaszener Kirche setzt aber auch die Regierung unter Druck.

Autor/in:
Christoph Schmidt
Damaskus: Menschen inspizieren die griechisch-orthodoxe Mar-Elias-Kirche im Stadtteil Al-Duwaila nach dem Selbstmordanschlag vom Sonntag / © Moawia Atrash (dpa)
Damaskus: Menschen inspizieren die griechisch-orthodoxe Mar-Elias-Kirche im Stadtteil Al-Duwaila nach dem Selbstmordanschlag vom Sonntag / © Moawia Atrash ( dpa )

Nach dem Bombenanschlag auf eine Kirche in Damaskus ist die Zahl der Todesopfer auf 25 angestiegen. 63 Menschen seien verletzt worden, meldete die staatliche syrische Nachrichtenagentur Sana unter Berufung auf das Gesundheitsministerium. Kirchen und Regierungsvertreter weltweit reagierten entsetzt auf den Anschlag. 

Dabei hatte sich ein Selbstmordattentäter am Sonntag an der Eingangstür der griechisch-orthodoxen Mar-Elias-Kirche in der syrischen Hauptstadt während eines Gottesdienstes in die Luft gesprengt. Das Innenministerium in Damaskus machte die Terrormiliz "Islamischer Staat" für die Bluttat verantwortlich.

Syriens Präsident Ahmed al-Scharaa sprach am Montag von einem "kriminellen Akt, der das gesamte syrische Volk getroffen hat". Laut Mitteilung des Präsidialamts kündigte er an, alle Sicherheitsdienste arbeiteten daran, die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen. Zugleich appellierte der Präsident an die nationale Einheit: "Diese abscheuliche Tat, die unschuldige Menschen an einem Ort des Gebets traf, erinnert uns an die Bedeutung von Zusammenhalt und Solidarität."

EU fordert mehr Einsatz gegen Terror

Ein Sprecher der EU-Kommission in Brüssel bezeichnete die Tat am Montag als "heimtückische und feige Gewalt gegen Christen" und zugleich gegen alle Syrer. Es sei "nötig, die Bemühungen gegen die Terrorbedrohung zu verstärken" und den "Islamischen Staat" und andere Terrororganisationen dauerhaft zu besiegen. 

Die EU unterstütze sämtliche Unternehmungen der syrischen Übergangsregierung, um die Sicherheit aller Syrer zu gewährleisten. Dabei dürfe es keine ethnische oder religiöse Diskriminierung geben, so der Sprecher.

Bundesentwicklungsministerin Reem Alabali Radovan (SPD) verurteilte den Anschlag auf die betenden Christen in Damaskus. "Diese feige Tat ist ein Anschlag auf die gesellschaftliche Vielfalt Syriens", sagte sie in Berlin. Das Ministerium unterstütze den Wiederaufbau und den gesellschaftlichen Zusammenhalt Syriens. "Der Wiederaufbau muss zu schnellen Ergebnissen führen, um Radikalen den Nährboden zu entziehen", so Alabali Radovan.

Auch viele Kirchenvertreter verurteilten das Selbstmordattentat auf die Damaszener Elias-Kirche. In einer gemeinsamen Erklärung der Patriarchen und Kirchenoberhäupter im Heiligen Land forderten diese am Montag "umfassende Maßnahmen, um das Leben und die Religionsfreiheit aller Christen und anderer religiöser Gruppen in Syrien zu schützen".

"Historisches Erbe in Gefahr"

Zuvor hatte der maronitische Patriarch, Kardinal Bechara Rai, gewarnt, der Nahe Osten durchlebe "äußerst schwierige Zeiten, die ihre Zivilisationen, Kulturen und ihr reiches historisches Erbe" gefährdeten. Das armenisch-katholische Patriarchat betonte laut dem Nachrichtenportal Abouna, der brutale Anschlag auf die "Heiligkeit eines Gotteshauses" verstoße gegen jede Religion und Menschlichkeit.

Auch Staats- und Regierungschefs arabischer Staaten - darunter Bahrain, die Vereinigten Arabischen Emirate, Saudi-Arabien, Katar und Irak - verurteilten den Anschlag. Das jordanische Außenministerium bekräftigte seine Unterstützung für die syrische Regierung bei der Bekämpfung von Terror. Im Libanon forderte Präsident Joseph Aoun Maßnahmen, um eine Wiederholung solcher Anschläge zu verhindern und Gotteshäuser, ihre Gläubigen und alle syrischen Bürger zu schützen.

Flucht von Christen befürchtet

Der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Georg Bätzing, hatte sich am Sonntagabend besorgt gezeigt, dass der Anschlag syrische Christen zur Flucht bewegen könnte. Sie benötigten nun Unterstützung.

Auch das katholische Missionswerk missio äußerte sich erschüttert. "Unsere Gedanken und Gebete sind bei den Opfern und deren Familien", sagte missio-Präsident Wolfang Huber. Für die Zukunft sei es wichtig, dass die politischen Kräfte in Syrien die christliche Minderheit schützen. "Christinnen und Christen tragen in dem Land maßgeblich zum Wiederaufbau bei und leisten einen wichtigen Beitrag zum gemeinsamen Frieden", so Huber.

Christen in Syrien

Syrien gilt als Wiege des Christentums. Vor dem 2011 ausgebrochenen Bürgerkrieg waren laut Daten der Linzer "Initiative Christlicher Orient" etwa 7 Prozent der damals 21 Millionen Syrer christlich. Aktuelle Zahlen sind schwer zu ermitteln, auch weil mindestens 5,5 Millionen Syrerinnen und Syrer aus dem Land geflohen sind. Nach verschiedenen Schätzungen soll es noch maximal 500.000 Christen in Syrien geben. Rund drei Viertel der Syrer sind sunnitische Muslime, etwa 12 Prozent gehörten vor dem Krieg der Sekte der Alawiten an, darunter auch der nun gestürzte Assad-Clan. 

Außenansicht der Kirche Sankt Georg in Izra (Syrien) / © Karin Leukefeld (KNA)
Außenansicht der Kirche Sankt Georg in Izra (Syrien) / © Karin Leukefeld ( KNA )
Quelle:
KNA