Dompropst Assmann diskutiert auf Podium über Erzbistum Köln

"Es gibt Themen, die immer aufploppen"

"Was hat die Auszeit von Kardinal Woelki gebracht?". Diese Frage stand im Zentrum der Diskussion beim "Stadtgespräch" des WDR. Auch der Kölner Dompropst und designierte Generalvikar Guido Assmann war dabei. Wie lautet sein Fazit?

Guido Assmann / © J. Rumbach (Dombauhütte Köln)

DOMRADIO.DE: Bei der Veranstaltung in der Kirche St. Michael ging es am Donnerstagabend um das Erzbistum Köln und die Frage, was die Auszeit von Kardinal Woelki gebracht hat. Auf dem Diskussions-Podium saßen Maria Mesrian, die Mit-Initiatorin von Maria 2.0, Tim Kurzbach, der frisch im Amt bestätigte Vorsitzende des Kölner Diözesanrates und Sie. Konnte Ihnen das Podium bei der Beantwortung der Frage weiterhelfen?

Guido Assmann (Kölner Dompropst und designierter Generalvikar des Erzbistums Köln): Ich fand es interessant, eingeladen zu werden und habe auch, als die Anfrage kam, sehr schnell zugesagt. Ich kannte das Format vorher nicht. Ganz gut finde ich, dass nicht nur drei Menschen auf dem Podium diskutieren und ihre Meinung austauschen und alle zuhören, sondern auch das Publikum einbezogen war. Es konnten Fragen gestellt oder auch Stellungnahmen eingebracht werden, sodass nicht nur die Gemengelage von Meinungen, sondern auch von Stimmungen ganz gut deutlich wurde.

DOMRADIO.DE: Wie sind Sie in das Gespräch reingegangen?

Assmann: Ich wusste nicht genau, welche Themen kommen. Aber im Moment gibt es bestimmte Themen, die immer aufploppen, über die viel und auch öffentlich diskutiert wird und über die sich Menschen Meinungen bilden. Ich habe versucht, noch mal für mich nachzudenken, welche Position ich denn selber habe, um auch ein bisschen tiefer antworten zu können, nicht nur an der Oberfläche zu bleiben. Das ist natürlich in einem Format, wo man nur ganz kurz Zeit für eine Antwort hat, nicht so einfach.

Denn manche Themen sind komplex. Und sobald sie vermischt werden, gibt es eine gefühlte und eine gehörte Meinung. Da müsste man eigentlich mehr Zeit haben. Das war so nicht möglich, aber auch nicht verwunderlich.

Ich fand ganz schön, nachher draußen vor der Kirche und später im sehr belebten Stadtviertel noch ungefähr zwei Stunden mit vielen Menschen sprechen zu können. Das ist noch mal eine andere Gelegenheit, etwas im Einzelgespräch zu vertiefen. Ich glaube, das gehört einfach mit dazu.

DOMRADIO.DE: Was kamen denn für Rückmeldungen von den Menschen, mit denen Sie gesprochen haben?

Guido Assmann (Kölner Dompropst und designierter Generalvikar des Erzbischofs von Köln)

"Es wäre auch langweilig, wenn auf einem Podium drei Menschen sitzen, die alle das Gleiche sagen. Hilft auch nicht unbedingt beim Weiterdenken."

Assmann: Viele sagten, dass ich eine schwere Aufgabe angetreten habe und die Stimmung schwierig sei. Auch über ganz konkrete Dinge wurde gesprochen. Loyalität, die Frage nach der Macht in der Kirche, geteilte Macht. Manches sind Schlagworte, anderes sind Worte, die eine Stimmung und hier und da auch eine Situation ausdrücken. Ich glaube, wo Menschen miteinander sprechen und auch einander zuhören können, ist immer etwas gewonnen.

Wenn das nicht mehr möglich ist oder wenn einzelne sagen "Mit dir will ich nicht mehr sprechen oder kann ich nicht mehr sprechen", dann vertun wir unsere Chance, die wir als Christen haben, nämlich mit jedem zu sprechen und zumindest zu versuchen, den anderen zu verstehen. Wenn jemand seine Meinung sehr stark vertritt, aber dem Gesprächspartner auch die Chance gibt, die eigene Meinung zu vertreten und auch mal zuzuhören, dann geht man in der Regel nicht auseinander und ist immer einer Meinung. Aber wenn man auseinandergeht und sagen kann, dass man ein bisschen mehr voneinander verstanden hat als vorher, hilft das auch im Weiterdenken.

DOMRADIO.DE: Wie haben Sie denn Ihre Mitdiskutierenden Maria Mesrian von Maria 2.0 und den bestätigten Vorsitzenden des Kölner Diözesanrates, Tim Kurzbach, erlebt? Was haben die zum Ausdruck gebracht?

Assmann: Persönlich haben wir uns sehr freundlich begrüßt, nachher noch nett miteinander gesprochen. Das ist auch schon mal viel wert, dass es auf der menschlichen Ebene ganz unkompliziert war. Dafür bin ich auch persönlich sehr dankbar. Das ist auch eine Wertschätzung menschlicher Art. Bei den Positionen, glaube ich, gab es immer mal wieder Schnittstellen. Es wäre auch langweilig, wenn auf einem Podium drei Menschen sitzen, die alle das Gleiche sagen. Das hilft auch nicht unbedingt beim Weiterdenken.

Um mal eine Schnittmenge zu nennen. Es ist schon schön, wenn Herr Kurzbach beispielsweise folgendes sagt: "Nein, ich bin in der Kirche und ich bin gern in dieser Kirche, es ist meine Kirche oder besser gesagt unsere Kirche. Sie gehört nicht dem Bischof, auch nicht einem Einzelnen mit einem Amt oder auch ohne Amt. Unsere Kirche ist die Kirche Jesu. Und in dieser Kirche Jesu fühlen wir uns von Jesus berufen und wollen in seinem Auftrag tätig sein". Das gilt es jetzt auszudifferenzieren und zu leben. Da gibt es sicherlich verschiedene Ansätze, aber auch viele Gemeinsamkeiten.

Oder auch Frau Mesrian hat beispielsweise gesagt, dass die Kirche unsere gemeinsame Kirche sei. Da gibt es viel Gemeinsames. Wenn wir darauf aufbauen und uns darin einig sind, dass es die Kirche Jesu Christi ist und wir mit unseren Fähigkeiten, aber auch mit der gegenseitigen Akzeptanz unserer Schwächen alle darin berufen sind, dann können wir schon etwas für die Zukunft schaffen. Oder wir geben Gott Raum, dass er etwas durch uns und mit uns schaffen kann.

DOMRADIO.DE: Sie sind designierter Generalvikar des Kölner Erzbischofs. Gibt es für Sie ein Thema, das Sie gestern mitgenommen haben, das Sie angehen möchten, wenn Sie am 1. Juli Ihr neues Amt antreten?

Assmann: Vielfach kamen einzelne Stichworte. Eins habe ich gerade schon erwähnt: Macht, Machtteilung und Kommunikation. Wie kann man möglichst viel miteinander sprechen, möglichst versuchen, auch komplizierte Zusammenhänge zu transportieren und transparent zu machen. Wichtig ist, dass auch jemand ohne Wirtschaftsstudium, Theologiestudium oder Jurastudium eine Ahnung hat, die Materie versteht und auch mitgenommen wird und sich dann eine Meinung machen kann. Natürlich nur soweit man das auch öffentlich sagen kann. Wenn es um Personalien geht, kann man nicht immer alles öffentlich sagen, das ist auch ganz klar.

Ich glaube, auch da haben wir eine wichtige Aufgabe, dass überzeugte Katholiken an ihrem Arbeitsplatz, die dann in einer bestimmten Situation angefragt werden, sprachfähig sind. Sie müssen sprachfähig gemacht werden und verstehen, warum es bestimmte Themen gibt. Sie müssen verstehen, warum der Priester die Messe feiert, warum es das Bischofsamt gibt.

Was ist so wertvoll an der Einheit der Kirche mit dem Papst, dass es eine universale Kirche ist, dass wir uns daraus nicht herauslösen, dass die Frage nicht "Wie wollen wir Kirche sein?" lautet, sondern "Wie möchte Jesus, dass wir Kirche sind?" heißt.

Was heißt das dann für einen im Alltag, wenn man an der Maschine steht, morgens zur Arbeit fährt und in der Kaffeepause sagt: "Du bist auch katholisch und gehst immer noch zu diesem Verein". Das tue ich auch ganz gerne, weil dieser Glaube mir hilft, weil ich sehe, wie viel Gutes gemacht wird und ich auch darunter leide, dass manches nicht gut ist und nicht gut war. Aber ich möchte daran mitarbeiten, dass es besser wird.

Das Interview führte Julia Reck.

Generalvikar

Ein Generalvikar gilt als wichtigster Mitarbeiter des Bischofs an der Spitze einer Diözese und als dessen "alter ego". Ihm fällt vor allem die Verwaltung zu. Darin ist er mit dem Manager eines Unternehmens vergleichbar. Laut Kirchenrecht besitzt er die Gewalt, "die der Diözesanbischof von Rechts wegen hat, um alle Verwaltungsakte erlassen zu können".

Das Generalvikariat ist zentrale Verwaltungsbehörde eines Bistums. Mancherorts heißt sie Ordinariat. Sie gewährleistet das Funktionieren von Seelsorge, Sozialdiensten und Bildungseinrichtungen.

Akten in einem Archiv / © Julia Steinbrecht (KNA)
Akten in einem Archiv / © Julia Steinbrecht ( KNA )
Quelle:
DR