Kardinal Woelki überwindet eine innere Blockade

Nun sind die Katholiken im Erzbistum Köln am Zug

Viel ist über Woelkis Rückkehr spekuliert worden, doch diese Variante hat kaum jemand erwartet: Er kehrt zurück und gibt zugleich bekannt, dass er dem Papst den Rücktritt angeboten hat. Eine Einordnung des Chefredakteurs der KNA.

Autor/in:
Ludwig Ring-Eifel
Kardinal Woelki am Aschermittwoch / © Oliver Berg (dpa)
Kardinal Woelki am Aschermittwoch / © Oliver Berg ( dpa )

Als am Aschermittwoch die ersten Eilmeldungen über Woelkis Rückkehr als Kölner Erzbischof verbreitet werden, ist die Verwirrung groß: Der Kardinal kehrt trotz vielfacher Ablehnung in sein Erzbistum zurück – und verkündet gleichzeitig, dass er dem Papst seinen Rücktritt angeboten hat. Rückkehr ins Amt und Rückzugsangebot in einem Atemzug, das klingt widersprüchlich. Und das vom Erzbistum verbreitete Foto von einer Begegnung Woelkis mit dem Papst scheint auch nicht recht dazu zu passen: Denn da begrüßen die beiden einander in herzlicher, heiter gelöst wirkender Stimmung. Das Bild stammt allerdings aus dem Jahr 2018.

KNA-Chefredakteur Ludwig Ring-Eifel (KNA)
KNA-Chefredakteur Ludwig Ring-Eifel / ( KNA )

Woelki 2.0?

Des Rätsels Lösung findet sich in dem vier Seiten langen Hirten-Schreiben des Kardinals an die Katholiken im Erzbistum Köln.

Es wird am Aschermittwoch verbreitet, und erstaunlicherweise war daraus vorher nichts durchgesickert – außer der vagen Andeutung, man werde in dem Text einen geläuterten Kardinal finden, einen "Woelki 2.0" gewissermaßen. Diese Läuterung, das Ergebnis von 30 Tagen strengen Exerzitien, hat offenbar dazu geführt, dass Woelki endlich den Schritt ins Offene wagen konnte. Er fand, wie er selbst schreibt, die "innere Freiheit", die er brauchte, um das Amt des Kölner Erzbischofs loszulassen und es in die Hände des Papstes zu legen.

Anders als Kardinal Marx

Woelkis Erklärungen unterscheiden sich deutlich von jenen, die im Jahr zuvor der Münchner Kardinal Reinhard Marx anführte, als der aus heiterem Himmel – und ohne Druck von der Basis – dem Papst seinen Rücktritt anbot. Marx sprach damals vom "toten Punkt", an den die Kirche durch den Missbrauchsskandal gelangt sei, und vom Neuanfang, den er ermöglichen wolle. Woelkis Rücktritts-Begründung ist persönlicher gehalten und gibt Einblicke in sein Seelenleben.

In Bewegung gekommen

Neben den Exerzitien waren es offenbar Begegnungen bei einem Sozialeinsatz, den er anschließend leistete. Dabei traf er Menschen, zu denen er – anders als sonst oft – weder in einer Beziehung der Macht noch in einer der Anfeindung stand. Das habe ihm geholfen, innere Blockaden – er selbst spricht von unguten Verhärtungen – zu überwinden. Selbst mit Blick auf "notwendige Reformen in der Kirche bis hin zu systemischen Veränderungen, welche die Realitäten von sexuellem, geistlichem und strukturellem Missbrauch auch mir aufgeben", sei in ihm nun manches "in Bewegung gekommen".

Kardinal Woelki zurück im Dienst

Während seiner Auszeit, die auch eine Zeit des Gebets und der Exerzitien gewesen ist, hat der Erzbischof von Köln, Rainer Maria Kardinal Woelki, Papst Franziskus seinen Amtsverzicht angeboten. Der Papst wird darüber zu gegebener Zeit entscheiden. Weiter hat der Papst angeordnet, dass Kardinal Woelki - wie vorgesehen - am 2. März seinen Dienst wiederaufnimmt.

Blick auf den Kölner Dom / © SmallWorldProduction (shutterstock)
Blick auf den Kölner Dom / © SmallWorldProduction ( shutterstock )

Entscheidender Schritt Woelkis

In ersten Reaktionen auf das Schreiben war von einer Verlängerung der Kölner Hängepartie die Rede – so als ob nichts geschehen wäre. Diese Lesart verkennt, dass Woelki nun den entscheidenden Schritt getan hat, der es dem Papst ermöglicht, die Kölner Dauerkrise mit einem Federstrich zu beenden. Vorher hatte Franziskus keine rechtliche Möglichkeit, den Erzbischof, der aus römischer Sicht zwar schlecht kommuniziert, aber sonst keine schweren Verfehlungen begangen habe, aus dem Amt zu entfernen.

Ob der Papst genau das nun tun wird, steht allerdings in den Sternen.

Erzbischof auf Bewährung

Franziskus ist in diesem Punkt kaum berechenbar: Das begründete Rücktrittsgesuch des Hamburger Erzbischofs Stefan Heße hat er ebenso abgelehnt wie das des Münchner Erzbischofs Marx. Den Pariser Erzbischof Michel Aupetit hingegen, über den es Gerüchte wegen einer angeblichen Affäre gab, ließ er ohne zwingenden Grund fallen und nahm dessen Rücktrittsgesuch in Rekordzeit an. 

Vermutlich werden der Papst und der für Bischofsernennungen zuständige Kurienkardinal Marc Ouellet jetzt erst einmal abwarten, ob Woelkis Läuterung auch zu einem veränderten Verhalten führt. Und ob die aus Woelki-Anhängern und Woelki-Gegnern bestehende Ortskirche von Köln unter seiner Führung einen Weg zur Aussöhnung findet. Der Kardinal ist also nur noch Erzbischof auf Bewährung. Er hat angekündigt, nun erst mal zuhören zu wollen, und die Gläubigen beinahe flehentlich um offene Begegnungen und Aussprachen mit ihm gebeten. Wie er diese neuen Dialogprozesse organisieren will, hat er zunächst noch offengelassen.

Das Erzbistum Köln

Ende 2021 gehörten 1.805.430 Katholiken zum Erzbistum Köln. Das sind 63.137 weniger als im Jahr davor. Der Rückgang setzt sich im Vergleich zum Corona-Jahr 2020 zusammen aus 40.772 Kirchenaustritten (2020: 17.281) sowie der Differenz zwischen den Sterbefällen (27.503) und den Taufen (10.286), die gegenüber 2020 (7.845) angestiegen sind. 

Blick auf den Kölner Dom / © Harald Oppitz (KNA)
Blick auf den Kölner Dom / © Harald Oppitz ( KNA )
Quelle:
KNA