Reaktionen auf Ereignisse im Erzbistum Köln

Zwischen Rückkehr und Rücktrittsangebot

Reforminitiativen begrüßen das Angebot eines Amtsverzichts des Kölner Erzbischofs. Andere Stimmen begrüßen die Offenheit in dessen Hirtenbrief. Wie es weitergeht im Erzbistum, ist offen. Reaktionen.

 (dpa)

Als erster Bischof hat der Osnabrücker Oberhirte Franz-Josef Bode die Lage im krisengeschüttelten Erzbistum Köln nach der Rückkehr Kardinal Woelkis beurteilt. Er sehe sie weiterhin als schwierig. "Ich hoffe, dass das Ganze dennoch ein gutes Ende finden wird. Wie, das weiß ich nicht", sagte der stellvertretende Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz der "Neuen Osnabrücker Zeitung" am Mittwoch. "In Köln ist Vertrauen gebrochen vom Domkapitel bis zum Kirchenvolk", so Bode weiter. Es gehe nicht mehr nur um den Umgang mit Missbrauchsaufarbeitung, sondern vielmehr um den gesamten Leitungsstil. "Das hat ja sogar der Papst benannt."

Im Erzbistum Köln hatte unter anderem die Aufarbeitung von Missbrauchsfällen zu einer Vertrauenskrise geführt. Papst Franziskus hatte nach einer Untersuchung erklärt, der Kölner Erzbischof, Rainer Maria Woelki, habe in diesem Zusammenhang "große Fehler" vor allem in der Kommunikation gemacht, aber keine Verbrechen vertuschen wollen.

Laut Bode, der vergangene Woche im Vatikan war, hat der Kölner Erzbischof in seinem Gespräch mit Papst Franziskus keine Rolle gespielt. Woelki, der zur selben Zeit in Rom war, habe er "nur von Weitem" gesehen. Ob er ebenfalls den Papst getroffen habe, wisse er nicht.

Der Kölner Stadtdechant Msgr. Robert Kleine hat sich kritisch und zugleich positiv über den Hirtenbrief des zurückgekehrten Kölner Erzbischofs geäußert. Dessen Erkenntnis, dass er persönlich Anteil an der aktuellen Glaubwürdigkeits- und Vertrauenskrise in der Erzdiözese habe, dass die Situation seit Beginn der Auszeit nicht besser geworden sei und dass es bei vielen Gläubigen Verletzungen, Entmutigung und Verzweiflung an der Kirche gebe, begrüße er sehr, so Kleine. Sie sei deckungsgleich mit der Wahrnehmung vieler Gläubiger und Gremien im Stadtdekanat Köln.

Msgr. Robert Kleine / © Nicolas Ottersbach (DR)
Msgr. Robert Kleine / © Nicolas Ottersbach ( DR )

Zudem hob Kleine den Willen des Erzbischofs hervor, "in einen neuen Dialog mit den Gläubigen in unserem Erzbistum einzutreten, indem er vor allem zuhören möchte: der Enttäuschung, dem Ärger, den Vorwürfen, den Erwartungen und Wünschen, aber auch dem Zuspruch und guten Ideen."

Kleine kritisierte, in der Vergangenheit habe es zu wenig Teilhabe an Entscheidungsprozessen, mangelnde Transparenz von Entscheidungen sowie ungenügende Dialogbereitschaft des Erzbischofs mit Gremien und Einzelnen gegeben. Daher zolle er Kardinal Woelki Respekt für das Angebot eines Amtsverzichts und hoffe nun, "dass Papst Franziskus zeitnah eine Entscheidung trifft, ob er den Rücktritt annimmt oder nicht. Denn eine weitere Zeit der Unklarheit, wie es im Erzbistum Köln weitergeht, ist weder den Gläubigen noch Kardinal Woelki zuzumuten."

Bonner Stadtdechant: Erzbistum Köln jetzt in einem Dilemma

Der Bonner Stadtdechant Wolfgang Picken sieht das Erzbistum Köln nun in einem Dilemma. "Einerseits fällt es aus christlicher Perspektive schwer, dem Kardinal die erbetene Chance auszuschlagen", sagte Picken am Mittwoch in einer ersten Stellungnahme. "Andererseits ist jedem klar, dass die Aussichten für eine gute Entwicklung nicht günstig erscheinen, weil die Fronten sehr verhärtet sind."

 © Oliver Berg (dpa)
© Oliver Berg ( dpa )

Es sei fraglich, ob Klerus und Gläubige bereit seien, sich auf einen solchen Prozess einzulassen. "Man kann deshalb nur hoffen, dass der Papst bald eine Entscheidung trifft. Das Erzbistum Köln steht jetzt zwischen Rückkehr und Rücktrittsangebot. Es braucht aber Klarheit und Befriedung", sagte Picken, der als Stadtdechant die katholische Kirche in Bonn führt.

Weiter sagte Picken, in der Erklärung Woelkis werde aber auch die Bereitschaft des Kardinals deutlich, sich mit allen seinen Kräften für die Kirche einzusetzen und sein Bischofsamt in Köln wahrzunehmen, wenn ihn der Heilige Vater und die Mitglieder seines Erzbistums die Gelegenheit dazu geben. Dafür brauche es gegenwärtig Führungsstärke und Leitung, um wichtige Strukturfragen und Probleme im Erzbistum zu lösen.

Zweifelsfrei würde die Erklärung des Kardinals versöhnlich und konstruktiv wirken: "Wer dem Kardinal hier die Glaubwürdigkeit abspricht, geht zu weit! Man muss seine Worte ernst nehmen", so der Theologe. Allerdings könne er verstehen, dass in ersten Reaktionen kritisiert wurde, dass in der Erklärung Woelkis ein direkter Hinweis auf seine persönliche Verantwortung und ein Wort der Entschuldigung fehle.

"Man muss kein Pessimist sein, um daran zu zweifeln, ob der gemeinsame Weg des Kardinals mit seinem Erzbistum gelingen kann", so Picken. In jedem Fall stehe das Erzbistum Köln vor großen Herausforderungen und schwierigen Wochen. "Man kann nur beten, dass das, was heute beginnt, zu guten Ergebnissen führt", resümiert Dr. Picken. Im Stadtdekanat Bonn werde man in jedem Fall die Einladung des Kardinals zum Dialog annehmen und mit ihm gemeinsam klären, wie das geschehen kann. Kardinal Woelki wird spätestens am 15. Mai 2022 zu einem Festhochamt anlässlich der Wiedereröffnung des Bonner Münster in der Bundestadt erwartet.

Proteste vor dem Dom

Rund 300 Menschen waren am Mittwoch einem Aufruf der Reforminitiative "Maria 2.0" gefolgt und haben vor dem Kölner Dom gegen Missbrauch und Vertuschung in der katholischen Kirche demonstriert. Es gehe um einen "Systemwechsel in der Kirche", sagte Mitorganisatorin Marianne Arndt, katholische Gemeindereferentin in Köln-Höhenberg und Vingst. "Wir glauben Euch nicht mehr", rief sie und forderte eine "offene ehrliche Kirche ohne Machtmissbrauch". Als die Nachricht vom Rücktrittsgesuch des Kölner Erzbischofs Rainer Maria Woelki die Runde machte, brandeten Beifall und Jubel auf. Woelki steht wegen seines Umgangs mit Missbrauchsfällen in der Kritik.

Rotraut Röver-Barth, Vorsitzende des Kölner Diözesanverbandes des Katholischen Deutschen Frauenbundes, sagte, sie erwarte vom Kardinal "Taten und Umgangsformen, die unseren Glauben respektieren". In Zukunft solle die Macht in der Kirche "geteilt, begrenzt und kontrolliert" sein. Es reiche nicht, dass einige wenige Frauen als Domschweizerinnen ihren Dienst leisteten. "Ich möchte das Domkapitel um zwölf Frauen erweitern, die von den Gemeinden und Verbänden gewählt werden." 

 (dpa)

Maria Mesrian von "Maria 2.0" warnte von einer Fixierung auf eine Person: "Wir müssen auch an die Strippenzieher und Machthungrigen im Gefolge des Kardinals denken." Sie sprach von einer kleinen klerikalen Machtelite, die den Glauben verrate. "Die geben mehr Geld aus für Kommunikationsberater als für die Opfer sexueller Gewalt. Diesen Herren ist der Schutz der Institution wichtiger als der Schutz der Opfer." 

Kardinal Woelki war wegen seines Umgangs mit der Aufklärung von Missbrauchsfällen im Erzbistum Köln seit Oktober beurlaubt gewesen. Am Mittwoch kehrte er ins Amt zurück. Über sein am selben Tag bekannt gewordenes Rücktrittsangebot will Papst Franziskus "zu gegebener Zeit" entscheiden.

Neben den Woelki-Kritikern demonstrierten auch Unterstützer vor dem Kölner Dom. Rund 20 Menschen hielten weiße Rosen in den Händen und beteten den Rosenkranz. Als die Nachricht vom Rücktrittsangebot kam, verließen sie die Domplatte.

Die Vertretung der katholischen Laien im Erzbistum Köln bedauert nach der Rückkehr des Erzbischofs "weiterhin eine Zeit der Ungewissheit". Über den vom Erzbischof angebotenen Rücktritt hätte bereits in seiner fünfmonatigen Auszeit entschieden werden können, sagte der Vorsitzende des Diözesanrats, Tim Kurzbach, am Mittwoch der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) in Köln. "Der Papst ist jetzt in einer hohen Verantwortung, ob dieses Bistum in eine Kernschmelze geht oder nicht."

Keines der Probleme sei gelöst, sagte Kurzbach und verwies auf die massive Vertrauenskrise sowie die Spitzenzahl von Kirchenaustritten, für die Woelki persönlich Verantwortung trage. Dazu äußere sich der Kardinal nicht, kritisierte der Vorsitzende. Die Ankündigung von Gesprächen lösten noch kein Problem. Im Erzbistum gebe es weiterhin "eine völlig diffuse Situation".

Der katholische Jugenddachverband BDKJ bekundete die Erwartung, dass der Papst das Rücktrittsgesuch annehme. Das Vertrauen in die Bistumsleitung sei "nachhaltig gestört".

Die Präsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Irme Stetter-Karp, sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND): "Ich sehe keine Basis für einen Neuanfang und würde mir wünschen, dass Papst Franziskus den Ernst der Lage erkennt und so schnell als möglich auf die Bereitschaft des Kardinals zum Rücktritt reagiert."

Quelle:
dpa , epd , KNA