Die US-Bischöfe wenden sich gegen Trumps Migrationspolitik

Doch vereinter als gedacht?

Diese Worte lassen in einer polarisierten Atmosphäre aufhorchen: Die US-Bischofskonferenz protestiert gegen den Umgang der Trump-Regierung mit Migranten. Was bedeutet dieser Appell für die innere Geschlossenheit der US-Katholiken?

Autor/in:
Mathias Peter
Peter Baldacchino, Bischof von Las Cruces; Gustavo García-Siller, Erzbischof von San Antonio; Mark Joseph Seitz, Bischof von El Paso und Vorsitzender des Migrationsausschusses der US-Bischöfe; und John C. Wester, Erzbischof von Santa Fe, führen am 24. März 2025 eine Demonstration in El Paso (USA) gegen Massenabschiebungen durch die US-Regierung an / © Bob Roller/OSV News (KNA)
Peter Baldacchino, Bischof von Las Cruces; Gustavo García-Siller, Erzbischof von San Antonio; Mark Joseph Seitz, Bischof von El Paso und Vorsitzender des Migrationsausschusses der US-Bischöfe; und John C. Wester, Erzbischof von Santa Fe, führen am 24. März 2025 eine Demonstration in El Paso (USA) gegen Massenabschiebungen durch die US-Regierung an / © Bob Roller/OSV News ( KNA )

Über Jahre hatten sich die US-Bischöfe nicht mehr so klar politisch geäußert wie jetzt am Rande ihrer Vollversammlung: Nahezu einstimmig hatten sie sich Mitte November gegen die Migrationspolitik von US-Präsident Donald Trump gestellt

Sie fühlten sich verpflichtet, ihre Stimme "zur Verteidigung der von Gott gegebenen Menschenwürde zu erheben", erklärten die Bischöfe in Baltimore. "Wir lehnen die wahllose Massenabschiebung von Menschen ab", hieß es. "Wir beten für ein Ende der entmenschlichenden Rhetorik und Gewalt, ob sie sich nun gegen Einwanderer oder gegen die Strafverfolgungsbehörden richtet."

Flüchtlingsdienst der Jesuiten lobt US-Bischöfe

Der US-amerikanische Flüchtlingsdienst der Jesuiten zeigt sich auf DOMRADIO.DE-Nachfrage sehr angetan von den klaren Worten der US-Bischöfe gegen den Umgang mit Migranten durch die Trump-Regierung: "Wir sind erfreut, aber nicht überrascht über die Reaktion der US-Bischöfe auf die Eskalation gefährlicher Rhetorik und der Maßnahmen zur Durchsetzung des Einwanderungsrechts in den letzten Monaten", schrieb Bridget Cusick vom Jesuitenflüchtlingsdienst. 

Alle hätten Vorgehensweisen erlebt, die wenig Rücksicht auf ordentliche Verfahren, Familieneinheit oder menschliche Würde gezeigt hätten. Diese Maßnahmen würden "sowohl der katholischen Lehre als auch dem widersprechen, was die meisten Amerikaner als gerecht oder angemessen ansehen."

Auch der Dogmatik-Professor und USA-Kenner Benjamin Dahlke sieht in dem Wort der Bischöfe ein starkes Zeichen gegen die Migrationspolitik von US-Präsident Donald Trump. Denn die Bischöfe seien ein wichtiger Akteur innerhalb der amerikanischen Politik: "Viele von ihnen haben eine gewisse Nähe zur Trump-Regierung. Insofern ist es sehr wichtig, dass ein klares Signal gesendet wird, dass der Umgang mit Migrantinnen und Migranten, der teilweise auch ungesetzlich ist, so nicht akzeptiert wird."

Ebenso wie der Jesuitenflüchtlingsdienst ist Dahlke nicht von der bischöflichen Kritik überrascht. Das liege am Thema Migration, wie er erklärt. Auch unter den demokratischen Präsidenten habe es Abschiebungen gegeben. "Das große Problem in den USA ist, dass eine wirkliche Einwanderungsreform, eine Reform auch des Staatsbürgerschaftsrechtes, seit Jahrzehnten erforderlich ist, es aber politisch nicht wirklich gelingt, diese zu erreichen."

Nähe zur Republikanischen Partei

Was bedeutet dieses fast einstimmige Votum dann für den Zusammenhalt innerhalb der Bischofskonferenz? Theologe Dahlke, der u. a. in den USA studiert hat und sich regelmäßig dort aufhält, sieht dennoch bei vielen Bischöfen eine Nähe zur Republikanischen Partei. Das gilt beispielhaft auch für den neuen Vorsitzenden, der auf der Vollversammlung für drei Jahre gewählt wurde: "Erzbischof Paul Coakley ist noch von Johannes Paul II. geweiht worden, er ist auch in dieser eher kulturkritischen, stark auf Abtreibung […] orientierten […] amerikanischen Kirche der Zeit sozialisiert worden und führt diese Position entsprechend weiter." Dennoch sei er kommunikationsstark und gesprächsfähig. 

Erzbischof Paul Coakley (Erzbistum Oklahoma City)

Im Zwei-Parteien-System der USA werde es aber interessant sein zu sehen, wie weit der Erzbischof von Oklahoma City auch Katholikinnen und Katholiken einbinden könne, die der Demokratischen Partei nahe stünden und eher liberale Positionen vertreten würden. Dass Coakley vor sieben Jahren den damaligen Nuntius Erzbischof Carlo Maria Viganò in seiner Kritik am mittlerweile verstorbenen Papst Franziskus unterstützte und dem konservativen Napa-Institut nahesteht, zeigt die Ausrichtung des Erzbischofs. Trotz oder wegen seiner Haltung brauchte Coakley drei Wahlgänge und setzte sich nur knapp gegen Mitbewerber Bischof Daniel Flores aus Brownsville durch, der dann sein Stellvertreter wurde.

Ein Mann hält ein Schild mit der Aufschrift "Immigrants are not Criminals but the President is" (dt. Einwanderer sind keine Kriminellen, aber der Präsident ist es) bei einer Demonstration gegen den Autoritarismus und die Migrationspolitik der Regierung von US-Präsident Donald Trump, am 14. Juni 2025 in Miami Beach / © Tobias Käufer (KNA)
Ein Mann hält ein Schild mit der Aufschrift "Immigrants are not Criminals but the President is" (dt. Einwanderer sind keine Kriminellen, aber der Präsident ist es) bei einer Demonstration gegen den Autoritarismus und die Migrationspolitik der Regierung von US-Präsident Donald Trump, am 14. Juni 2025 in Miami Beach / © Tobias Käufer ( KNA )

Ein klassischer Gegenspieler ist der Erzbischof, dessen Bistum an Mexiko grenzt, allerdings nicht: "Daniel Flores hat familiäre Wurzeln in Mexiko, spricht Spanisch als Muttersprache. Insofern ist er, was das Thema Migration angeht, noch einmal sehr viel sensibler als Coakley. Wenn man aber inhaltlich schaut, dann sind die Übereinstimmungen zwischen Flores und Coakley doch erheblich, etwa in Bezug auf Themen wie Abtreibung und insbesondere auch bei der Gender-Thematik." Auch da sei er sehr konservativ.

Wie integrativ kann die US-Kirche sein?

Und doch müssten die US-Bischöfe aufpassen, dass sie nicht wie eine Vorfeldorganisation für die Republikaner wirken würden: "Es gibt auch prominente amerikanische Bischöfe und Kardinäle, die sich in einer sehr großen Nähe zur Demokratischen Partei befinden", so Dahlke. Dazu gehörten Kardinal Robert McElroy von Washington, Kardinal Joseph William Tobin von Newark und Kardinal Blase Joseph Cupich aus Chicago.

Blase Joseph Cupich / © Paul Haring (KNA)
Blase Joseph Cupich / © Paul Haring ( KNA )

Angesichts der Polarisierung in der Gesellschaft müsse sich die Bischofskonferenz trotz der unterschiedlichen Strömungen unter den Bischöfen bemühen, eine Kirche für alle zu sein – immerhin gibt es mehr als 170 Diözesen in den Vereinigten Staaten: "Sie hat die Aufgabe, deutlich zu machen, dass die amerikanische Kirche für alle da ist, für Latinos, für Weiße, für Schwarze, wie für Menschen mit asiatischen Wurzeln. Und sie ist genauso da für demokratische Wähler wie für republikanische Wähler."

Papst Leo XIV. auf dem Petersplatz im Vatikan. / © Vatican Media/IPA via ZUMA Press/dpa (dpa)
Papst Leo XIV. auf dem Petersplatz im Vatikan. / © Vatican Media/IPA via ZUMA Press/dpa ( dpa )

Erstmals ist mit Papst Leo XIV. ein US-Amerikaner das Oberhaupt der Katholischen Kirche. Theologe Dahlke rät bei der Frage, wie die Bischofskonferenz mit ihm zusammenarbeiten wird, zur Geduld. Prinzipiell habe der Papst in den USA einen großen Einfluss, weil die Bischöfe nicht von einem Domkapitel gewählt werden, sondern vom Papst ernannt werden. Leo XIV. könne so ziemlich direkt in die Verhältnisse der amerikanischen Kirche eingreifen. "Insofern muss man abwarten, wie die nächsten Bischofsbesetzungen aussehen. Dann kann man absehen, welchen kirchenpolitischen Kurs der Papst für seine eigene Heimat vorsieht."

US-Kirche als Vorbild?

Wie tief sind denn nun die Gräben in der US-Bischofskonferenz? Da warnt Benjamin Dahlke vor einem Schwarz-Weiß-Denken und vor Vereinfachungen. Von einer Spaltung möchte er nicht reden: "Ich bin zuversichtlicher, was die Zukunft der amerikanischen Kirche angeht, weil sie eine hohe Lebendigkeit aufweist, weil sie sehr stark auch junge Leute erreicht."

Obwohl das Votum der Bischöfe zur Migration sicher themenbezogen war und damit nicht alle Streitereien unter den Bischöfen beendet sind, glaubt Dahlke, dass von der Vitalität der US-Kirche auch Europa profitieren kann: "Ich glaube, man kann von den USA lernen, wie es gelingt, Kirche lebendig zu erhalten, den Glauben zu leben und ihn auf eine zeitgemäße Weise weiterzutragen."

Die katholische Kirche in den USA

Die römisch-katholische Kirche ist die größte Glaubensgemeinschaft der USA, denn die Protestanten teilen sich in verschiedene Konfessionen. Ein knappes Viertel der US-Amerikaner ist katholisch, die meisten Katholiken leben im Nordosten und im Südwesten. Genaue Zahlen sind schwierig, weil in den USA der Wechsel einer Konfession sehr häufig vorkommt.

Die katholische Kirche in den USA / © rawf8 (shutterstock)
Die katholische Kirche in den USA / © rawf8 ( shutterstock )
Quelle:
DR

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