DOMRADIO.DE: Wenn wir auf den neuen Namen gucken: Wer ist der neue Präsident der US-Bischöfe und wofür steht er?
Prof. Dr. Godehard Brüntrup (Jesuit und USA-Experte): Der Neue ist der alte Sekretär der Bischofskonferenz: Paul Coakley, der Erzbischof von Oklahoma City. Bekanntermaßen ist die US-amerikanische Bischofskonferenz in zwei Lager gespalten. Eines ist eher pro Franziskus und sozial engagiert, das andere eher pro Benedikt und sehr konservativ. Bei dieser Wahl hat sich die konservative Seite durchgesetzt. Paul Coakley war der Kandidat der konservativen Seite und hat sich erst im dritten Wahlgang sehr knapp mit 128 zu 109 Stimmen gegen Daniel Flores durchgesetzt, welcher der Kandidat der liberalen Seite war und nun Vize wird.
DOMRADIO.DE: Was bedeutet diese Entscheidung für die US-Politik?
Brüntrup: Es bedeutet zunächst einmal, dass sich in der Amerikanischen Bischofskonferenz nicht viel ändert, da die Konservativen die Nase vorne haben. Es bleibt ein Konflikt zwischen den beiden Lagern, aber die Konservativen haben nun wohl etwas mehr Macht.
Coakley hat eine etwas dubiose Geschichte hinter sich, denn als Erzbischof Carlo Maria Viganò Papst Franziskus den Rücktritt wegen angeblicher Vertuschung in Missbrauchsfällen nahelegte, hat sich Coakley hinter Viganò gestellt. Er ist Franziskus sozusagen in den Rücken gefallen. Mittlerweile ist Viganò aus der Kirche ausgeschlossen und exkommuniziert worden, aber Coakley hat seine Unterstützung nie offiziell zurückgenommen. Das ist ein Zeichen, das bei vielen nicht gut ankommt.
DOMRADIO.DE: Wie kommt das in Rom an?
Brüntrup: Das wüssten wir wohl alle gerne, ich kann es Ihnen aber nicht sagen. Der neue Papst hat mit dem rechten Flügel der Amerikanischen Bischofskonferenz nicht dieselben Schwierigkeiten, die Franziskus hatte. Das kommt in Zukunft vielleicht noch, aber erst einmal ist Leo ein unbeschriebenes Blatt und es müssen sich neue Beziehungen entwickeln. Aber das ist auf jeden Fall ein mögliches Problemfeld.
Positiv ist auf der anderen Seite, dass sich die Amerikanische Bischofskonferenz geschlossen kritisch gegenüber Trumps Einwanderungspolitik geäußert hat. Sie hat auf einen Brief des Papstes einen Antwortbrief verfasst, in dem sie ihm ihre Unterstützung für einen gerechteren, menschlicheren und zugleich gesetzeskonformeren Umgang mit den Menschen zusichern, die sich illegal im Land aufhalten, die von der Trump-Regierung auf eine nicht zu rechtfertigende Weise brutal behandelt wurden und werden. Hier steht die ganze Bischofskonferenz gemeinsam, Linke wie Rechte, auf der Seite der Immigranten. Das ist ein positives Zeichen und auch ein Zeichen der Unterstützung des Papstes.
DOMRADIO.DE: Sein Stellvertreter ist nun Daniel Flores aus Texas: Was ist das für ein Mensch?
Brüntrup: Texas liegt direkt an der Grenze zu Mexiko – dort, wo das entscheidende Einwanderungsgeschehen stattfindet. Es ist ein Einwanderungsstaat an der vordersten Frontlinie. Flores ist eben derjenige, der sich besonders stark für die Rechte der Immigranten eingesetzt hat. Da man ihn nicht zum Präsidenten gewählt hat, könnte das ein Zeichen sein, dass man den bereits bestehenden Konflikt mit der Trump-Regierung nicht auf die Spitze treiben will. Hätte man ihn gewählt, wäre das das Zeichen gewesen, dass sie sich frontal gegen die Trump-Regierung gestellt hätten. Das hat man nicht getan. Aber der Konflikt bleibt. Die Bischöfe tragen Trumps "America-First-Nationalismus" nicht mit, sie bleiben katholisch-universal und setzen sich für die Rechte aller ein, insbesondere auch der Immigranten.
Das Interview führte Marcus Poschlod.