Die Via Regia bietet Pilgern mit Geschichte und Freiheit

Von Görlitz nach Eisenach

Pilgern verbindet auch Ost und West. Der Pilgerweg "Via Regia" beginnt in Görlitz an der polnischen Grenze. Die Stadt ist schon für sich eine Reise wert, sagt Pilgerexpertin Beate Steger. Was sollte man auf dem Weg nicht verpassen?

Autor/in:
Dagmar Peters
Görlitz / © Andrew Mayovskyy (shutterstock)

DOMRADIO.DE: Was genau ist die Via Regia?

Beate Steger (DR)
Beate Steger / ( DR )

Beate Steger (Pilgerexpertin): Das ist eine alte Königs- und Handelsstraße. Sie wurde 1252 erstmals erwähnt und reicht damit bis ins frühe Mittelalter zurück. Sie verband Kiew mit Santiago de Compostela. Man konnte sie in beide Richtungen bereisen oder begehen. Unterwegs waren Könige, Krieger, Händler, aber eben auch Pilgerinnen und Pilger.

DOMRADIO.DE: Der Weg gilt auch als Teil des Jakobswegs und als ökumenischer Pilgerweg von Görlitz nach Eisenach. Was bedeutet das?

Lutherhaus, Eisenach / © Sina Ettmer Photography (shutterstock)
Lutherhaus, Eisenach / © Sina Ettmer Photography ( shutterstock )

Steger: Esther Zeiher hat diesen Weg auf deutscher Seite wiederbelebt. Von "Wiederentdecken" kann man ja nicht sprechen, denn den Weg gab es ja schon. Es geht um etwas Verbindendes. Sie hat nicht nur die Route gepflegt, sondern auch nach günstigen Unterkünften gesucht. So entstand eine Dichte an Herbergen, wie man sie sonst nur von den spanischen Jakobswegen kennt. Der Weg in Deutschland ist 450 Kilometer lang, startet in Görlitz, und es gibt mittlerweile über 120 günstige Unterkünfte – eine unerreichte Zahl.

Beate Steger

"Wir haben auf offenem Feuer unsere Suppe gekocht, es gab nur eine Milchkanne mit Wasser."

DOMRADIO.DE: Wie günstig ist eine Pilgerherberge in der Regel?

Steger: Das ist sehr unterschiedlich. Oft stellen evangelische Gemeinden ein Pfarrhaus oder Ähnliches zur Verfügung. Da kostet die Übernachtung zehn bis zwölf Euro, manchmal ist sie auch gegen Spende möglich. Meine liebste Unterkunft war das Armenhaus in Stenz – eigentlich ein Museum. Dort haben sie ein altes Haus wiederaufgebaut, wie es früher armen Menschen zur Verfügung stand. Unten ein Raum, geheizt mit Holz, ein Plumsklo, und zum Schlafen der Dachboden. Drei bis vier Pilger finden dort Platz. Wir haben auf offenem Feuer unsere Suppe gekocht, es gab nur eine Milchkanne mit Wasser – fließend Wasser gab es nicht. Damit haben wir uns gewaschen. Für mich war das sensationell schön.

DOMRADIO.DE: Wer nicht die gesamte Strecke laufen will – wo lohnt es sich einzusteigen, und was sind besondere Stationen?

Blick auf Bautzner Altstadt / © S. Vatolina (shutterstock)
Blick auf Bautzner Altstadt / © S. Vatolina ( shutterstock )

Steger: Görlitz, die östlichste Stadt Deutschlands, ist ein wunderschöner Startpunkt und auf jeden Fall eine Reise wert. Dann geht es westwärts über Leipzig, Erfurt, Eisenach. In Vacha endet die Via Regia auf deutscher Seite. Ich persönlich würde aber in Eisenach weitergehen, über die Elisabethpfade, die auch als Jakobsweg ausgeschildert sind, Richtung Marburg und dann weiter nach Köln. Von dort geht es durch Frankreich; in Paris mündet die Via Regia in die Via Turonensis. Besonders sehenswert ist auch Bautzen, eine schöne Stadt mit dem ehemaligen Stasi-Gefängnis. Wenn man dort war, schätzt man umso mehr, dass man weiterlaufen darf.

DOMRADIO.DE: Ein starkes Gefühl von Freiheit, das wir uns nicht nur am 3. Oktober, dem Tag der Deutschen Einheit, bewusst machen sollten?

Gedenkstätte Bautzen, ehemaliges Gefängnis der DDR / © NGCHIYUI (shutterstock)
Gedenkstätte Bautzen, ehemaliges Gefängnis der DDR / © NGCHIYUI ( shutterstock )

Steger: Ja, absolut. Ich habe das Gefängnis besucht, die Geschichten gelesen, was Menschen dort erlitten haben. Man kann eine Zelle besichtigen oder die kleinen Transportwagen, in denen Gefangene gefahren wurden. Als ich danach weiterlief, habe ich sehr bewusst gespürt, was Freiheit bedeutet.

Das Interview führte Dagmar Peters.

Jakobsweg

Der Jakobsweg ist ein europaweites Netz von Straßen und Wegen. Seit dem neunten Jahrhundert führt er Pilger vom Baltikum über Polen, Deutschland, die Schweiz und schließlich Frankreich zum angeblichen Grab des Apostels Jakobus ins spanische Santiago de Compostela. Im Mittelalter erstreckten sich die Tagesetappen meist von einem "heiligen Ort", an dem Reliquien verehrt wurden, zum nächsten.

 © Sonja Geus (DR)
© Sonja Geus ( DR )
Quelle:
DR

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