DOMRADIO.DE: Hat es nicht auch Vorteile, wenn die Sonne nicht mehr so schlimm brennt?
Beate Steger (Autorin und Pilgerexpertin): Auf jeden Fall. Für mich ist das viel angenehmer.
Man hat aber nicht mehr so lange Tage. Wenn man zum Beispiel eher zu denen gehört, die spät pilgern, wenn man spät aus der Herberge kommt und in den Abend hinein pilgern will, ist das vielleicht ein Problem.
Aber ich finde das viel besser. Wenn die Sonne extrem scheint, brauche ich einen Pilgerhut und mir wird schnell warm.
DOMRADIO.DE: Bis wann macht es im Herbst Sinn, eine mehrwöchige Pilgertour anzutreten?
Steger: Es kommt darauf an. Wenn man mit dem Jakobsweg nach Santiago de Compostela möchte, muss man bedenken, dass Santiago de Compostela in Galicien liegt. Im November gibt es dort zwar milde Temperaturen, aber 15 bis 22 Regentage. Das ist nicht mehr so schön.
Bei der Vía de la Plata hingegen wird sogar geraten, den September, Oktober oder das Frühjahr zu wählen. Die Strecke beginnt in Sevilla in Andalusien und führt nördlich hoch Richtung Camino Francés. Da ist es im Sommer zu heiß. Das ist immer auch vom Ort abhängig.
DOMRADIO.DE: Gibt es einen besonderen Charme, der das Pilgern gerade im Herbst ausmacht?
Steger: Gerade, wenn man auf diesem berühmten Camino Francés unterwegs ist, begegnet man viel weniger Leuten. Die Hochsaison ist im Sommer. Da sind vor allem viele Spanierinnen und Spanier unterwegs. Für sich alleine wird man den Weg aber nie haben.
DOMRADIO.DE: Gibt es auch Möglichkeiten, in Spanien kürzere Pilgererfahrungen zu sammeln?
Steger: Ja, man könnte auch etwas machen, bei dem man in Santiago ankommt, wenn man die Compostela machen möchte. Da gibt es zum Beispiel den Camino Inglés , der verläuft aber komplett in Galicien. Den würde ich im November beispielsweise nicht mehr machen. Das sind so 110 Kilometer.
Man kann auch einen Teil von dem portugiesischen Jakobsweg machen. Das ist im Herbst sehr gut möglich. Der ist von Porto aus nur 250 Kilometer lang. Da hat man durchaus noch Möglichkeiten, innerhalb Spaniens oder bei dem portugiesischen Teil einen abgeschlossenen Weg zu gehen.
DOMRADIO.DE: Was ist mit Pilgern vor unseren Haustüren ab September?
Steger: Da gibt es Möglichkeiten ohne Ende. Ich weiß von Vielen, die gerade im Herbst sehr gerne die Via Regia machen. Das ist der ökumenische Pilgerweg, der in Görlitz beginnt und dann westlich läuft. Da gibt es viele Herbergen. Da kann man von dem deutschen Camino sprechen, weil der so viele Herbergen hat.
Aber man kann überall vor der Haustür gucken. Das geht über die Website Deutsche Jakobswege oder man gibt im Internet "Jakobswege pilgern vor der Haustüre" ein, da wird man erschlagen von Möglichkeiten. Das kann man auch schön an einem verlängerten Wochenende angehen. Wenn es mit dem Regen zu schlimm wird, kann man bei den Möglichkeiten eher abbrechen.
DOMRADIO.DE: Es gibt kein schlechtes Wetter, es gibt nur schlechte Kleidung. Gilt das auch fürs Pilgern?
Steger: Ja, schon, aber ich war gerade mit ein paar Leuten in Frankreich pilgern. Wir sind zum Odilienberg im Elsass gelaufen. Da hat es an einem Tag immer wieder geregnet. Manche haben ihren Pilgerponcho ausgepackt. Ich war schon nass geschwitzt, als ich den nur gesehen habe. Da gilt das Zwiebelprinzip, dass man eben verschiedene Schichten übereinander zieht. So schlimm ist es meistens gar nicht, aber es ist schon schöner, wenn es nicht regnet.
DOMRADIO.DE: Wenn man noch nichts geplant hat, kriegt man das noch kurzfristig für den Herbst hin?
Steger: Auf jeden Fall, das Internet ist voll davon. Ich empfehle das Pilger Forum. Da findet man viele Anregungen. Es gibt in Spanien eine wunderbare Seite namens Gronze. Da sind alle Wege in Spanien drauf und man muss nur schauen, dass man einen Pilgerführer bekommt, die An- und Abreise organisiert und schon geht es los. Ich würde das auf jeden Fall raten, damit man nochmal rauskommt.
Das Interview führte Hilde Regeniter.