Wenn Franziskus den Pressesprecher des Papstes macht

Die Presse- und Medienarbeit des Pontifex hakt

In der Kommunikationsmaschinerie des Kommunikators Franziskus knirscht es - mal wieder. Wiederholt wurde spekuliert, im größten Dikasterium würden einige Köpfe bald ersetzt. Doch gemach. So schnell geht es wohl doch nicht.

Autor/in:
Roland Juchem
Papst Franziskus / © Cristian Gennari/Romano Siciliani (KNA)
Papst Franziskus / © Cristian Gennari/Romano Siciliani ( KNA )

Paolo Ruffini, einziger Nicht-Priester in der Reihe der sonst zumeist mit Kardinalspurpur bekleideten Präfekten, hatte am 16. Januar eine Audienz beim Heiligen Vater. Das kommt nicht so oft vor wie bei seinen Kollegen Marc Ouellet (Bischöfe) und Luis Ladaria (Glaubenslehre). Andere Behördenleiter werden aber auch nicht öfter offiziell zum Papst geladen. Doch die Tatsache, dass Ruffini einen Termin hatte, sorgte dieses Mal für Raunen. Warum?

Korrespondenten seufzen öfter auf angesichts der Öffentlichkeitsarbeit im Vatikan. Besonders laut geschah das zuletzt Ende Oktober angesichts der Panne mit dem Dokumentarfilm "Francesco" des russisch-amerikanischen Regisseurs Jewgeni Afinejewski. Darin sprach sich der Pontifex angeblich für die rechtliche Anerkennung homosexueller Lebensgemeinschaften aus - was sich im Nachhinein als unehrliche Montage des Regisseurs aus Fremdmaterial entpuppte.

Dumm nur, dass der Vatikan den Film und eine Preisverleihung an den Regisseur zuvor wohlwollend angekündigt hatte. Sich dazu äußern durfte die vatikanische Kommunikation anschließend nicht - auf Weisung von ganz oben, wie es hieß. Seither galt Ruffini irgendwie angezählt. Sein Vorgänger Dario Vigano - nicht verwandt mit dem Ex-Nuntius gleichen Nachnamens - war über manipulierte Fotos eines Briefes von Benedikt XVI. gestolpert.

Volksmission in Sportzeitung

Das Jahr 2021 begann dann mit einem medialen Papst-Feuerwerk: Am 2. Januar großes Interview mit Italiens größter Sportzeitung "Gazzetta dello Sport". Dann eine Titelgeschichte in "Vanity Fair", gefolgt von einem Special in der "Vogue". Und am 10. Januar, sonntagabends zur besten Sendezeit, ein exklusives Interview und ein Dokufilm auf Canale 5, dem Flaggschiff des italienischen Privatfernsehens. Soweit so gut...

Nicht so gut war, dass dieses Feuerwerk nur teilweise von Ruffinis Kommunikationsbehörde gezündet worden war. Begleitende Kommentare in den Magazinen von Vatican-News-Redaktionsdirektor Andrea Tornielli sowie Antonio Spadaro - "His Holiness' Voice" und Chefredakteur der Jesuiten-Zeitschrift "Civilita Cattolica" - waren aber ein Indiz dafür, dass die zuständige Kommunikationsmaschinerie über diese Aktionen zumindest im Bilde war.

Allerdings nicht bei der "Gazzetta dello Sport". Vatikan-Medien griffen das Papst-Interview im Massenblatt sportbegeisterter Italiener nicht einmal auf. Organisiert worden sei dieses, so heißt es, vom Lieblingsinterviewer des Papstes, einem Gefängnis-Seelsorger aus Padua. Don Marco Pozza hatte Franziskus bereits zum Vaterunser befragt, später zum Ave Maria und zum Glaubensbekenntnis - alles im Stil eines Volksmissionars, eben so, wie Franziskus selber gerne spricht.

Unzufriedenheit beruht auf Gegenseitigkeit

Zum TV-Interview mit "Canale 5" schließlich soll Franziskus über Mittelsmänner selbst nach Santa Maria eingeladen haben. Gedreht wurde dort mit dem Equipment des Senders, weiß Franziskus-Kritiker Sandro Magister in seinem Blog "Settimo Cielo" zu berichten. Sonst müssen auswärtige Journalisten mit Kameraleuten und Ausrüstung des Vatikanischen Fernsehzentrums CTV arbeiten - und erhalten das Material schon mal "vorsortiert".

Die erfahrene mexikanische Vatikankorrespondentin Valentina Alazraki etwa, die Franziskus 2019 eine Stunde lang interviewte, bekam ihr Material von Vatican Media ohne Franziskus' Sätze zu homosexuellen Lebensgemeinschaften, die aber in der Doku "Franceso" neu zusammengeschnitten auftauchten. Regisseur Afinejewski hatte vom Kommunikationsdikasterium freien Zugang zum Archiv erhalten.

Zuletzt mutmaßten manche, Ruffini und Tornielli seien fällig. "Ganz oben" sei man unzufrieden damit, dass sie die Verkündigungsoffensiven des Pontifex nicht genügend mittrügen. Doch das ist wohl zu weit gegriffen. Und wenn es päpstliche Unzufriedenheit mit der Kommunikationsbehörde gibt, dann beruht die auf Gegenseitigkeit.

Für professionelle Presse- und Medienarbeit einige Luft nach oben

Franziskus' Unart, etliches an seinen zuständigen Mitarbeitern vorbei zu entscheiden und zu organisieren, sorgt auch in Pressesaal und Vatikan-Medien für Seufzer. Sehr gerne würde man ja die Korrespondenten über Beiträge, Grußworte und Äußerungen des Papstes informieren, "wenn wir denn davon vorher wüssten".

Ob die zuletzt immer spärlicher und kurzfristiger bekanntgegebenen Papst-Termine den Unwägbarkeiten der Pandemie oder einer neuen "Strategie" des Papstes geschuldet sind, ist schwer zu sagen. Zwar hat Franziskus die Medienscheu des Jorge Bergoglio abgelegt. Aber für eine professionelle Presse- und Medienarbeit gibt es sowohl in Santa Marta wie auch bei Kommunikations-Dikasterium und Staatssekretariat, das vieles entscheidet, einige Luft nach oben. Eine Maßnahme wären häufigere Treffen zwischen Papst und Kommunikationschef.


Gesicht von Papst Franziskus auf einem Tablet / © Harald Oppitz (KNA)
Gesicht von Papst Franziskus auf einem Tablet / © Harald Oppitz ( KNA )
Quelle:
KNA
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