Designierter Kardinal sieht wachsende Gefahren am Amazonas

"Gewalt ist auf dem Vormarsch"

Der designierte brasilianische Kardinal Leonardo Ulrich Steiner sieht die indigene Bevölkerung der Amazonasregion wachsenden Gefahren ausgesetzt. "Die Gewalt ist auf dem Vormarsch", sagte Steiner in einem aktuellen Interview.

Zerstörte Hütte am Amazonas / © Structured Vision (shutterstock)
Zerstörte Hütte am Amazonas / © Structured Vision ( shutterstock )

"Indigene Völker und Flussgemeinschaften werden ständig angegriffen und ihrer Kultur, ihrer Religiosität und ihres Landes beraubt. Die Umwelt wird durch Abholzung, Bergbau und Raubfischerei zerstört. Die Flüsse sind durch Quecksilber und die fehlende sanitäre Grundversorgung in den Städten verschmutzt", so Steiner gegenüber dem Schweizer Portal kath.ch (Sonntag).

Immer mehr leben auf der Straße

In den Außenbezirken der Städte gebe es keine Gesundheits- und Freizeiteinrichtungen, beklagte der Erzbischof von Manaus. "Es mangelt am Einsatz der Politik für die Menschen. Es ist unerhört, dass Hunger, informelle Arbeit und die Zahl der Brüder und Schwestern zunehmen, die auf der Straße leben."

Erzbischof Leonardo Steiner aus Manaus / © David Inderlied (dpa)
Erzbischof Leonardo Steiner aus Manaus / © David Inderlied ( dpa )

Seine Ernennung zum Kardinal durch den Papst wertet Steiner als Signal dafür, dass Franziskus die in seinem nachsynodalen apostolischen Schreiben "Querida Amazonia" ("Geliebtes Amazonien") entworfene Zukunftsvision für die Amazonasregion bekräftigen will.

In dem Dokument, das die Ergebnisse der Amazonas-Synode im Oktober 2019 zusammenfasst, setzt sich der Papst unter anderem für eine Verbesserung der sozialen und ökologischen Situation sowie eine Stärkung des kirchlichen Lebens am Amazonas ein.

Rückblick auf Amazonas-Synode

Der Zulassung sogenannter "viri probati", verheirateter "verdienter Männer", die angesichts des Priestermangels in dem riesigen Gebiet Sakramente wie die Eucharistie spenden könnten, erlaubte Franziskus allerdings nicht. Dazu Steiner: "Es wird einen Weg geben. Im lateinischen Ritus gibt es jahrhundertelange Überlegungen und Erklärungen, die den Pflichtzölibat begründen sollen."

Menschen aus Amazonien begegnen Papst Franziskus während der Abschlussmesse zur Amazonas-Synode / © Alessandra Tarantino (dpa)
Menschen aus Amazonien begegnen Papst Franziskus während der Abschlussmesse zur Amazonas-Synode / © Alessandra Tarantino ( dpa )

Die Bedürfnisse der Gemeinschaften am Amazonas zeigten, dass der Dialog fortgesetzt werden müsse. "Wie können wir es verantworten, dass unsere Gemeinden nur zwei Mal im Jahr von einem Priester besucht werden und Eucharistie, das Sakrament der Buße und die Krankensalbung feiern können?"

Steiner entstammt einer deutschstämmigen Familie, die vor vier Generationen aus dem heutigen Rheinland-Pfalz nach Brasilien auswanderte. Bei dem Konsistorium am kommenden Wochenende in Rom wird er zusammen mit 19 weiteren Bischöfen von Papst Franziskus in das Kardinalskollegium aufgenommen und zählt damit zu den künftigen Papstwählern.

Amazonas-Synode

Die Amazonassynode vom 6. bis 27. Oktober 2019 stand unter dem Thema "Amazonien – neue Wege für die Kirche und eine ganzheitliche Ökologie" und war eine Sonderversammlung von Bischöfen und Ordensvertretern aus Ländern der Amazonasregion im Vatikan, darunter die Vorsitzenden der Bischofskonferenzen im Amazonasgebiet sowie weitere Bischöfe, mehrere Kardinäle, Ordensleute und Experten. Sie haben über seelsorgliche Fragen in der Region des Amazonasgebietes beraten.

Indigene und Geistliche beim Gottesdienst der Amazonas-Synode / © Paul Haring (KNA)
Indigene und Geistliche beim Gottesdienst der Amazonas-Synode / © Paul Haring ( KNA )
Quelle:
KNA