Als "Friedenspapst" wurde Franziskus in der "Washington Post" schon 2013 gefeiert. Durch aufsehenerregende Initiativen hat sich der 85-Jährige seither den Ruf eines unermüdlichen und unbestechlichen Anwalts für den Frieden erworben.
Sein größter Erfolg als Vermittler war zweifellos die historische Annäherung zwischen den USA und Kuba Ende 2014. Nach übereinstimmender Darstellung beider Seiten hatte Franziskus mit seinem Initiativbrief an die damaligen Präsidenten Barack Obama und Raul Castro maßgeblichen Anteil am Erfolg der Verhandlungen.
Vermittler in Konflikten
Unter dem Argentinier hat der Vatikan als Akteur auf der weltpolitischen Bühne wieder an Bedeutung gewonnen. Der Vatikan will nach den Worten seines Chefdiplomaten, Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin, nicht mehr nur als moralische Autorität wirken, sondern auch als Vermittler in Konflikten.
Respekt bei Muslimen verschaffte sich Franziskus durch seine Ablehnung eines westlichen Militärschlags gegen Baschar al-Assad im Syrien-Konflikt. Seinem Aufruf zum Friedensgebet für Syrien folgten im September 2013 nicht nur Millionen Katholiken, sondern auch Muslime und Angehörige anderer christlicher Konfessionen zwischen Bagdad, Manila und Rom. 2019 unterzeichnete Franziskus mit dem Scheich der Kairoer Al-Azhar-Universität, Mohammed Al-Tayyeb, eine interreligiöse Erklärung. Das "Dokument über menschliche Brüderlichkeit" enthält - vor allem für islamische Staaten - bemerkenswerte Aussagen zu Toleranz und Menschenrechten.
Auch die Einladung für Israels Staatspräsident Schimon Peres und Palästinenserpräsident Mahmud Abbas zu einem Friedensgebet im Juni 2014 war ohne Vorbild: Muslime, Juden und Christen beteten im Vatikan für Frieden im Nahen Osten; getrennt zwar, aber nebeneinander. Die Symbolkraft blieb - auch wenn kurz darauf erneut Kämpfe im Gazastreifen ausbrachen.
Friedenszeichen mit Reisen gesetzt
Auch mit seinen Reisen setzt Franziskus Friedenszeichen. Die erste überhaupt nach seinem Amtsantritt ging nach Lampedusa, jene Mittelmeerinsel, die zum Sinnbild für das Flüchtlingselend an den Toren Europas wurde. 2016 besuchte er auf der griechischen Insel Lesbos ein Aufnahmelager für Flüchtlinge.
In Südkorea setzte er sich für eine Versöhnung des geteilten Landes ein; in Sri Lanka für den Dialog zwischen der tamilischen Minderheit und der singhalesischen Bevölkerungsmehrheit; in der vom Bürgerkrieg gezeichneten Zentralafrikanischen Republik für den Dialog zwischen Christentum und Islam. 2016 in Georgien und Aserbaidschan, zuletzt für Aserbaidschan und Armenien ermahnte er zu einer friedlichen Beilegung der Konflikte im Kaukasus.
Frieden ist für Franziskus immer auch "sozialer Frieden". Sein Eintreten für Flüchtlinge und seine Kapitalismuskritik sind untrennbar mit dem Einsatz für Frieden verbunden. Es "wäre ein falscher Friede, wenn er als Vorwand diente, um eine Gesellschaftsstruktur zu rechtfertigen, die die Armen zum Schweigen bringt oder ruhigstellt", heißt es in seinem programmatischen Schreiben "Evangelii gaudium" (2013).
Einsatz für "Frieden der Natur"
Eine weitere Komponente von Frieden ist der Umweltschutz - also der Friede mit der Natur. Das stand weit oben auf der Agenda der Amazonas-Synode Ende 2019 im Vatikan. Menschheitsprobleme wie Klimawandel und Wassernot hat Franziskus schon zuvor benannt - am eindrücklichsten in seiner Umwelt- und Sozialenzyklika "Laudato si" von 2015. Immer wieder betont er, es sei "Zeit für prophetische Handlungen".
Bei allem Einsatz für Frieden: Ein unbedingter Pazifist, der die Anwendung von Gewalt aus humanitären Gründen auch in Extremsituationen ablehnt, ist Franziskus nicht. Mit Blick auf das Vorgehen der Terrormiliz "Islamischer Staat" schloss er ein militärisches Eingreifen nicht ausdrücklich aus. Wörtlich sagte der Papst 2014: "Wenn es eine nicht gerechtfertigte Aggression gibt, kann ich nur sagen, dass es legitim ist, den ungerechten Angreifer zu stoppen." Bombardierungen und Krieg seien aber keine Option. Was allerdings dann?
Mit dem Begriff eines "gerechten Krieges" kann Franziskus eher wenig anfangen. Ende 2017, als er Teilnehmer einer internationalen Konferenz zum UN-Atomwaffenverbotsvertrag empfing, nannte er auch den Besitz von Atomwaffen "unmoralisch" - schon wegen ihrer möglichen katastrophalen Folgen für Mensch und Umwelt. Das trug ihm Proteste ein, auch von Katholiken aus den USA und Frankreich.
Vor seiner Japan-Reise im November 2019 sollen Vertreter von Atommächten mehrfach versucht haben, eine Aufweichung seiner Positionen zu erreichen. Doch die Ansprachen des Papstes in Nagasaki und Hiroshima, den Orten der US-Atombombenabwürfe von 1945 fielen eher ungebremst aus: "Der Einsatz von Atomenergie zu Kriegszwecken heute (ist) mehr denn je ein Verbrechen". Und er setzte nach: "Der Einsatz von Atomenergie zu Kriegszwecken ist unmoralisch, wie ebenso der Besitz von Atomwaffen unmoralisch ist... Wir werden dafür gerichtet werden."
Franziskus äußerte sich besorgt über die "Erosion des Multilateralismus". Es gelte, in Pflugscharen statt in Schwerter zu investieren, auch um der UN-Nachhaltigkeitsziele 2030 willen.
Rüstungsausgaben seien eine "himmelschreiende" Vergeudung angesichts weltweiter Armut und Klimaprobleme. Den Krieg in der Ukraine nennt er ein "sinnloses Massaker" und "widerlich". Wird er von Putin angehört werden?