Pfarrer und Sitzungspräsident plädiert für Karneval trotz Corona

"Da gibt es andere, die verantwortungsloser sind"

Die Infektionszahlen gehen im Moment durch die Decke, trotzdem feiern die Jecken am 11.11. den Auftakt der neuen Karnevalssession. Thomas Frings ist Pfarrer in der Kölner Innenstadt und Sitzungspräsident - und findet das richtig so.

11.11.21 am Kölner Dom / © Johannes Schröer (DR)
11.11.21 am Kölner Dom / © Johannes Schröer ( DR )

DOMRADIO.DE: Karnevalsprinz Sven I. hat Corona, das Dreigestirn hat erst mal alle Auftritte abgesagt. Was heißt das jetzt für die Session in Köln? Für den Tag heute erst mal auch.

Pfarrer Thomas Frings (Sitzungspräsident "Die Grosse von 1823"): Erst einmal dem Prinzen, dem Bauern und der Jungfrau beste Genesungswünsche und einen guten Zusammenhalt! Man muss sowas positiv sehen, so gut es geht. Lieber am 11.11. einen positiven Befund als Anfang Januar. Da würde nämlich ein Großteil der Ferien ausfallen. Heute ist ein wichtiger Tag. Es ist schade. Aber besser heute als sechs Wochen später,

DOMRADIO.DE: Genau ein Jahr lang gab es keinen richtigen Karneval. Wie wichtig ist das für Sie, dass wieder gefeiert werden darf?

Frings: Es ist absolut wichtig. Wer kein Karnevalist ist, den will ich auch gar nicht missionieren. Aber wer es ist, der kann das nachempfinden, wenn man die ersten Töne hört von bestimmten Liedern. Gucken Sie den Leuten in die Augen. Sie haben Tränen in den Augen vor Begeisterung. Das kann man nicht erklären, das ist auch nicht vernünftig.

DOMRADIO.DE: Endlich wieder Karneval, sagen die einen, sagen Sie ja auch, andere erwarten ein Corona-Superspreadingevent, der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach beispielsweise. Was sagen Sie den Kritikern, die den Jecken heute und an den kommenden Tagen Verantwortungslosigkeit vorwerfen?

Frings: Da gibt es andere in der Gesellschaft, die verantwortungsloser sind, wir könnten nämlich sehr viel weiter sein. Wer sich zum Beispiel gar nicht impfen lassen will. Wir sehen Länder, wo die Impfquote sehr viel höher ist und wo sehr viel besser aussieht. Es geht auch anders. Es besteht kein Verbot an der Stelle, es nicht zu tun. Und deswegen feiere ich. Meine Gesellschaft feiert am Tanzbrunnen. Wir haben 10.000 Karten verkauft. Mal gucken, wie viele Leute kommen und alles findet draußen statt. Es ist auch schwer zu vermitteln, dass man sagt: Ihr dürft draußen nicht feiern, aber die Schildergasse und Hohe Straße in Köln können voller Menschen sein und die Gaststätten auch. Im Kino darf man eng nebeneinander sitzen und die Maske abnehmen. Es ist nicht immer alles einheitlich geregelt. Es ist auch schwer, aber wenn es nicht verboten ist, wird es stattfinden. Und ich freu mich drauf.

DOMRADIO.DE: Und wenn der Virologe Christian Drosten sagt: Wir sind wieder in einer Notfallsituation, wir brauchen sogar wieder Kontaktbeschränkungen. Wie sehen Sie solche Warnungen auch vor dem Hintergrund des Corona-Falls beim Prinzen?

Frings: Ich habe mich ja auch erkundigt im Vorfeld. Ich habe Corona gehabt. Letztes Jahr Aschermittwoch war mein Befund, bevor es den Impfstoff gab. Ich bin inzwischen geimpft. Ich sage den Leuten auch ich möchte ein bisschen was davon haben, dass ich es gehabt hatte und dass ich geimpft bin. Der Aufruf geht für mich mehr an die Leute, die sich nicht impfen lassen, obwohl sie es könnten.

DOMRADIO.DE: Karneval in Köln findet in Innenräumen überwiegend unter 2G-Regeln statt. Geimpfte und Genesene dürfen nur in die Kneipen, in eingezäunte Außenbereiche oder demnächst dann auch in die Sitzungssäle. Ist das so akzeptabel für Sie?

Frings: Ja, absolut akzeptabel, das ist richtig.

DOMRADIO.DE: Heute ist Eröffnung der Session. Für Sie geht es jetzt bis Februar dann weiter. Wie sieht Ihr Plan aus? Haben Sie ganz normal Auftritte geplant?

Frings: Ja, wir haben Auftritte ganz normal geplant. Jetzt ist heute 11.11. und dann ist ja erst mal wieder Pause. Das erinnert ursprünglich ja an den Beginn der Fastenzeit vor Weihnachten, wo man das erste Mal schon ein bisschen gefeiert hat, dann war Pause. Dann geht es nach Weihnachten ja erst richtig los. Meine Gesellschaft hat vier Sitzungen und die sind ganz normal erst mal im Programm drin. Wie es dann vor Ort aussehen wird, das wissen wir noch alle nicht. Wenn da einer von den auftretenden Künstlern einen positiven Befund hat, habe ich eine Lücke im Programm. Da muss ich mir was für ausdenken.

DOMRADIO.DE: Wie gucken Sie in Richtung Straßenkarneval Ende Februar?

Frings: Ich gucke immer noch ein bisschen hoffnungsvoll.

Das interview führte Carsten Döpp.


Pfarrer Thomas Frings als Sitzungspräsident / © Thomas Frings (privat)
Pfarrer Thomas Frings als Sitzungspräsident / © Thomas Frings ( privat )
Quelle:
DR