Kubanische Regierung bittet Caritas um Hilfe

"Coronazahlen werden noch steigen"

Viele Kubaner sind zutiefst unzufrieden mit ihrer Regierung. Zuletzt sind die Corona-Infektionszahlen in die Höhe geschnellt. Jetzt hat sich das kubanische Gesundheitsministerium sogar mit einem Hilfe-Gesuch an die Caritas Kuba gewandt.

Passanten gehen in Kuba mit Masken durch die Straßen / © Ramon Espinosa (dpa)
Passanten gehen in Kuba mit Masken durch die Straßen / © Ramon Espinosa ( dpa )

DOMRADIO.DE: Das kommunistische Regime in Kuba liegt normalerweise sozusagen über Kreuz mit der katholischen Kirche vor Ort. Was zeigt das dann, wenn das Gesundheitsministerium die Caritas um Hilfe bitten muss?

Kilian Lindner (Kuba-Referent von Caritas international): Meiner Ansicht nach zeigt es, dass das eine sehr dramatische Situation ist. Das Gesundheitssystem steht kurz vor dem Zusammenbruch. Kuba hat traditionell ein sehr gut aufgestelltes Gesundheitssystem im Vergleich mit den Nachbarländern. Es gibt sehr hohe Raten von Ärzten pro Einwohner, mehr Ärzte pro Einwohner als in Deutschland. Aber auch dieses System ist jetzt gerade sehr stark bedroht durch die Corona-Pandemie.

DOMRADIO.DE: Es heißt, das kubanische Gesundheitssystem drohe zusammenzubrechen, Sie haben es eben schonmal angedeutet. Dabei war die Insel in der ersten Coronawelle einigermaßen glimpflich davon gekommen. Es gab sogar einen Impftourismus nach Kuba. Was ist denn jetzt passiert?

Lindner: Einerseits wurden die Maßnahmen etwas gelockert, dann wurde auch der Tourismus nach Kuba wieder gelockert. Man sieht das daran, dass der größte Hotspot die Provinz ist, zu der der Touristenort Varadero gehört, der international bekannt ist. Auf der anderen Seite hat Kuba durch den ausbleibenden Tourismus des vergangenen Jahres und generell niedrige Exporte kaum noch Geld, um das Gesundheitssystem, das ja für alle Kubanerinnen und Kubaner kostenlos ist, zu bezahlen. Da fehlt es jetzt an ganz konkreten Dingen wie Schutzausrüstung, Masken, Pflaster, Gummihandschuhe, Katheter und Spritzen.

DOMRADIO.DE: Was wissen Sie jetzt über die aktuelle Situation und darüber wie es weitergehen soll?

Lindner: Es werden definitiv die Coronazahlen noch steigen. Sie hatten erwähnt, dass Kuba relativ glimpflich durch die erste Welle gekommen ist. Das ist richtig. Es gab eigentlich fast keine erste Welle, weil die Insel sich hermetisch abgeriegelt hatte und jetzt sind wir bei Zahlen von über 400 pro 100.000 Einwohner pro Woche und das geht weiter durch die Decke. Wenn Kuba nicht schnell Hilfe organisiert und dazu gehört auch der Hilfsaufruf des Gesundheitsministeriums an die Caritas, dann wird sich die Situation noch weiter verschlechtern und die Todeszahlen werden ansteigen. Kuba hat eine demografische Situation, die eher mit Deutschland als mit den Nachbarländern vergleichbar ist, wo es eine sehr viel jüngere Bevölkerung gibt. Das heißt, es wird auch sehr viel dramatischer dann aussehen.

DOMRADIO.DE: Caritas Kuba ist ja selber arm. Wie genau kommen jetzt Sie von Caritas international ins Spiel? Wie helfen Sie da ganz konkret?

Lindner: Wir haben eine Liste von benötigten Hilfsgütern bekommen von Caritas Kuba, die wurde auch nochmal geprüft vom missionsärztlichen Institut in Würzburg. Wir werden jetzt anhand dieser Liste einen Hilfsgütertransport zusammenstellen, der dann nach Möglichkeit aus der Region, also aus den umliegenden Karibikländern, nach Kuba verschifft werden soll. Das wird in einer großen zentralen Beschaffung passieren. Wenn wir jetzt einzeln Sachspenden sammeln würden, dann würde das logistisch zu aufwändig und es würde zu viel Zeit ins Land gehen. Das versuchen wir jetzt. Und Caritas Kuba hat sich auch an das internationale Caritasnetzwerk gewandt, weil wir traditionell eine sehr gute Zusammenarbeit mit der kubanischen Caritas haben und die wirklich in einer außergewöhnlichen Situation sehr zuverlässig arbeitet. Sie kümmert sich auch um die am schwersten betroffenen Bevölkerungsgruppen. Und diese Mittel werden den Krankenhäusern dann zur Verfügung gestellt werden.

Das Interview führte Michelle Olion.


Quelle:
DR