Christoph Ohly wird residierender Domkapitular in Köln

Tiefe Verbundenheit mit dem alltäglichen Leben im Dom

Am Sonntag vollzieht Christoph Ohly den Schritt vom nichtresidierenden zum residierenden Domkapitular. Im Interview erläutert er die Unterschiede der Ämter, seine Beziehung zum Kölner Dom und Ideen für die dortige Glaubensvermittlung.

Dompropst Assmann legt Christoph Ohly die Mozetta an. / © Beatrice Tomasetti (DR)
Dompropst Assmann legt Christoph Ohly die Mozetta an. / © Beatrice Tomasetti ( DR )

DOMRADIO.DE: Sie werden am Sonntag im Rahmens des Kapitelsamtes von Dompropst Guido Assmann vom nichtresidierenden zum residierenden Domkapitular eingeführt. Was bedeutet das denn? Wo ist da der Unterschied? 

Prof. Dr. Christoph Ohly / © Christian Knieps (Hohe Domkirche zu Köln, Dombauhütte)

Christoph Ohly (Domkapitular und Rektor der Kölner Hochschule für Katholische Theologie / KHKT): Den Unterschied sieht man an den eigentlichen Aufgaben der nichtresidierenden Domkapitulare. Das sind vier Geistliche aus dem Erzbistum, die bei der Erstellung einer Wahlliste und der Wahl des Erzbischofs zum Domkapitel hinzutreten und nur für diese Aufgabe spezifisch dann in Anspruch genommen werden. 

Die zehn residierenden Domkapitulare plus die zwei so genannten Dignitäten, also Dompropst und Domdechant, sind dagegen für die eigentlichen Aufgaben am Dom zuständig: die Liturgie, aber auch die Verwaltung für die entsprechenden Projekte, die damit verbunden sind.

Ich wechsle sozusagen in eine Gruppe mit mehr Verantwortung, mit mehr Aufgaben, die dabei auch auf mich zukommen und einer noch tieferen Verbundenheit mit dem alltäglichen Leben im Kölner Dom

Christoph Ohly

Professor Dr. Christoph Ohly wurde 1966 in Gelsenkirchen geboren. Er studierte Philosophie und Theologie in Bonn und Rom, wo er 1991 auch die Priesterweihe für das Erzbistum Köln empfing. Nach dem theologischen Lizentiat in Rom und der Kaplanszeit in St. Antonius, Wuppertal, studierte er Kanonisches Recht in München und schloss das Studium mit dem kirchenrechtlichen Lizentiat und der theologischen Promotion erfolgreich ab.

Christoph Ohly / © Cornelis Gollhardt (KNA)
Christoph Ohly / © Cornelis Gollhardt ( KNA )

DOMRADIO.DE: Was bedeutet Ihnen das? Was bedeutet für Sie denn dieser Sitz im Kölner Domkapitel? 

Ohly: Ich habe als nichtresidierender Domkapitular aufgrund meines Wohnsitzes in Köln immer schon in der Liturgie mitgeholfen, Beichtdienste übernommen usw. Dieser Sitz jetzt unter den ordentlichen Domkapitularen bedeutet für mich mehr Verantwortung und mehr Inanspruchnahme. Aber eben auch einen Ausweis für meine persönliche Verbundenheit mit dem Kölner Dom.

Es ist halt die Kathedrale des Erzbistums, der Mittelpunkt, das Zentrum. Man könnte auch sagen, die Mutterkirche aller Kirchen. Da Dienst tun zu dürfen für die Menschen, die dort sind, bewegt einen natürlich auch innerlich. Das ist nicht irgendwie eine äußere Aufgabe, sondern da wird man in Anspruch genommen. Das tue ich gerne.

DOMRADIO.DE: Sie sind in Gelsenkirchen geboren. Wissen Sie noch, wann Sie zum ersten Mal im Dom waren? 

Ohly: Ja, das war als Kind. Meine Eltern waren Düsseldorfer. Wir haben einen Sonntagsausflug zum Kölner Dom gemacht. Da fand auch gerade, wenn ich mich recht entsinne, eine Bischofsweihe statt. Man merkte das an den vielen Menschen, die um den Dom herum standen. Das zu sehen und wahrzunehmen, hat mich schon fasziniert. Natürlich ist mir diese Größe des Gebäudes als Kind sehr in Erinnerung geblieben. 

DOMRADIO.DE: Was macht denn die Strahlkraft des Doms aus? 

Ohly: Die Größe, die Kathedrale, das Bauwerk. Ich glaube, es gibt viele Motive für Menschen, den Kölner Dom aufzusuchen. Es ist ja sicherlich auch so, dass viele Menschen nach Köln kommen, gerade um den Dom zu besuchen.

Ich habe in den letzten Tagen an meinen Englischlehrer denken müssen, der damals aus dem Fenster auf einen Kirchturm zeigte. Es ging um Symbole in der Literatur. Und er sagte: "Schauen Sie sich mal diesen Kirchturm an, was fällt Ihnen dabei auf?" Er wollte uns dabei deutlich machen: Der Kirchturm, der zeigt nach oben wie so ein Zeigefinger. 

Das darf man jetzt nicht übertreiben. Aber es ist doch irgendwie mit dem Gedanken verbunden, solch eine Kirche ist immer auch ein Verweis nach oben, ein Verweis darauf zu schauen, woher ich als Mensch komme, wohin ich gehe. Was hat das mit meinem Glauben an Gott zu tun? Also so ein Hinweisschild auf den Glauben an Gott.

Ich glaube, da steht der Kölner Dom wirklich in der Mitte der Stadt, aber auch des Erzbistums und des Landes. Er weist so ein wenig doch nach oben mit der Erinnerung an die Menschen, daran auch zu denken. 

DOMRADIO.DE: Wird der Dom aber nicht immer mehr zu einem Museum und immer weniger ein Haus des praktizierten Glaubens?

Ohly: Ich glaube, es ist beides. Natürlich ist er zunächst für viele Menschen der Ort des Gebetes, der Ort der Feier der Sakramente, aber auch vielleicht des persönlichen Rückzugs, der Stille. Gerade in die Anbetungskapelle gehen schon viele Menschen hin. 

Ein Großteil ist natürlich touristisch erschlossen. Ich war in der Adventszeit zum Beichtdienst am Samstagnachmittag im Dom. Da sagte mir nachher einer der Domschweizer, an diesem Tag seien 35.000 Menschen im Dom gewesen. Da kam mir eine Stelle aus der Apostelgeschichte in Erinnerung, wo der Philippus bei diesem Äthiopier auf dem Wagen sitzt. Der liest den Propheten Jesaja. Philippus fragt ihn: "Verstehst du eigentlich, was du da liest?" Ihm erschließt das ja dann im Blick auf Christus. Dieser Gedanke: "Verstehst du, was du siehst?" kam mir so in den Sinn.

Ich dachte, da müsste man vielleicht auch noch mal versuchen, Formate zu finden, diese vielen Menschen irgendwo ein wenig zu leiten, um zum Verstehen zu bringen, was sie sich dort anschauen.

DOMRADIO.DE: Es ist ja immer wieder beeindruckend zu beobachten, wie die Menschen, die von draußen kommen, umschalten und plötzlich eine ganz andere Haltung haben. Selbst die Touristen haben eine ganz andere Haltung, wenn sie den Dom betreten. 

Ohly: Das müsste man im Prinzip als Potenzial nutzen, diese Schwelle von diesem Draußen in das Innere der Stille. Solche Orte zu schaffen, um etwas tiefer hören, etwas tiefer sehen zu können und das, was die Leute selbst eigentlich ja beim Eintreten in den Dom vollziehen, irgendwie dabei noch zu begleiten.

Das ist bei diesen Mengen schon auch ein hoher Anspruch. Aber vielleicht findet man doch noch ein paar Formate mehr dafür.

Das Interview führte Johannes Schröer.

Dompropst und Domkapitel

Das Kölner Domkapitel hat zwei Wurzeln: Den an der Domkirche tätigen Klerus, der bis zur Mitte des 12. Jahrhunderts ein gemeinsames Leben nach einer Chorherrenregel führte. Daneben gab es in Köln das »Prioren-Kollegium«, das aus den Äbten und Prälaten in Köln ansässiger Klöster und Stifter bestand und Einfluss auf die Verwaltung des Erzbistums und die staatlichen Geschäfte des Erzbischofs nahm.

Dompropst Guido Assmann beim Eucharistischen Hochgebet / © Beatrice Tomasetti (DR)
Dompropst Guido Assmann beim Eucharistischen Hochgebet / © Beatrice Tomasetti ( DR )
Quelle:
DR