In der August-Ausgabe der Herder-Korrespondenz verweist sie auf Papst Leo XIV., der mit seinem Pontifikat neue Impulse für eine ethisch fundierte Friedenspolitik setze.
"Leo XIV. hat sein Pontifikat von Anfang an erkennbar der Arbeit am Frieden gewidmet", so Welskop-Deffaa. Der Papst beschränke sich dabei nicht auf die militärische Abwesenheit von Gewalt.
"Er hat dabei sehr deutlich gemacht, dass Frieden nicht eindimensional auf die Abwesenheit von Krieg zu beschränken ist." Es komme darauf an, Fragen nach Friedenssehnsucht und Verteidigungsfähigkeit nicht gegeneinander auszuspielen.
Besonders hebt Welskop-Deffaa die ethische Haltung des Papstes hervor: "Mit seiner Auslegung des Evangeliums vom Barmherzigen Samariter hat er sich entschieden dagegen gewandt, Nächstenliebe als 'Friends-first'-Ansatz zu sehen, der an den Grenzen von Staaten, Ethnien und Familien endet."
Stattdessen werbe er "für ein Konzept von Frieden und Friedensethik, das Caritas und Solidarität großschreibt. Das tut uns als Kirche, vor allem aber auch der Welt gut."
Kirche? Ein Stimme von vielen
Zugleich mahnt die Caritas-Präsidentin zu realistischer Zurückhaltung im öffentlichen Auftreten kirchlicher Institutionen: "Wir dürfen die Rolle der Kirchen in den westlichen Gesellschaften nicht überschätzen, ihre Stimme ist eine unter mehreren."
Dennoch sieht sie in der aktuellen Krisenlage einen klaren Auftrag zur Positionierung: "Mir scheint, dass die Kirche auf dem Feld der Ethik, insbesondere der Sozialethik, weiter sehr ernst genommen wird."
Ein Hindernis für einen gelingenden Diskurs sieht Welskop-Deffaa in der heutigen Sprachkultur. Begriffe wie "Verteidigungsfähigkeit" oder gar "Kriegstüchtigkeit" seien lange Zeit aus dem öffentlichen Wortschatz verschwunden.
Nun gelte es, sie sinnvoll in ein friedensorientiertes Vokabular zu integrieren. Dafür brauche es laut Welskop-Deffaa "glaubwürdige Personen, die eine glaubwürdige Sprache für die Verteidigung des Friedens finden."
"Wortmeldungen sollten nicht Wasser auf die Mühlen der Populisten sein"
Außerdem erklärt die Caritas-Präsidentin, warum sie sich nicht zu jeder politischen Debatte öffentlich äußert. Dafür verweist sie auf die Dynamiken populistischer Diskurse. "Unsere Wortmeldungen sollten nicht Wasser auf die Mühlen der Populisten sein."
Welskop-Deffaa kritisiert die politische "Aufregungsökonomie", in der jede Gegenrede von Populisten bewusst genutzt werde, um Debatten weiter anzuheizen: "Populisten leben förmlich davon, dass ihren kruden Positionen widersprochen wird, weil der Widerspruch die öffentliche Debatte am Laufen hält. Die Aufregungsökonomie auf einem hohen Level ist die Wellness-Oase der Populisten."
Gleichzeitig betont sie, dass Zurückhaltung kein einfaches Abwägen sei. "Ich will dieses Spiel nicht mitmachen, deswegen äußere ich mich nicht immer zu allem öffentlich, wobei mir bewusst ist, dass fehlende öffentliche Zurückweisung die Grenzen des Sagbaren für die Extreme gefährlich vergrößern kann und also auch diese Entscheidung nicht ohne Risiko ist."