Bundesrat beschließt höhere Hürden für Spätabtreibungen

Kirche kritisiert Neuregelung

Für Spätabtreibungen gelten künftig höhere Hürden. Der Bundesrat ließ am Freitag ein Gesetz passieren, das eine verpflichtende Beratung des Arztes vorsieht, wenn das Ungeborene behindert ist oder bei der Frau aus psychischen Gründen ein Schwangerschaftsabbruch vorgesehen ist. Die katholische Kirche dankte den Initiatoren der Gesetzesänderung - und kritisierte sie zugleich als unzureichend.

 (DR)

Es sei bedauerlich, "dass der grundsätzlichen Kritik der Kirche an der geltenden Rechtslage durch diese Änderungen nicht Rechnung getragen worden ist", sagte der Leiter des Kommissariats der deutschen Bischöfe, Karl Jüsten.

Nach wie vor seien Abtreibungen bis zur Geburt auch ohne eine akute Lebensgefahr für die Mutter möglich. Der Prälat sieht die Kritik der Kirchen an der Ausweitung der medizinischen Indikation auf die Fälle einer Behinderung des Ungeborenen durch die Reform des Paragrafen 218 bestätigt. In der Bundestagsdebatte sei mehrfach betont worden, dass die Behinderung eines ungeborenen Kindes kein Grund für eine Abtreibung sein könne.

Bei der Beratung weitere Ärzte hinzuziehen
Der Arzt soll zudem verpflichtet werden, bei der Beratung weitere Ärzte hinzuzuziehen. Wünscht die Frau keine Beratung, muss sie ihren Verzicht schriftlich bestätigen. Von der Diagnose und vor der schriftlichen Ausstellung der Indikation soll eine dreitägige Mindestbedenkzeit eingehalten werden müssen. Von dieser Frist kann nur in Ausnahmefällen abgesehen werden. Kommt ein Arzt seiner Beratungs- und Informationspflicht nicht nach oder stellt er vor Ablauf der Frist eine Indikationsfeststellung aus, kann er mit einem Bußgeld von bis zu 5000 Euro bestraft werden.

Mit dem Begriff Spätabtreibungen bezeichnet man Abtreibungen ab der 23. Woche. Zu diesem Zeitpunkt gilt ein Ungeborenes normalerweise schon als lebensfähig. In Deutschland sind Abtreibungen innerhalb der ersten zwölf Schwangerschaftswochen nach vorhergehender Beratung straffrei. Aufgrund einer medizinischen Indikation sind Abbrüche aber auch zu einem späteren Zeitpunkt noch möglich, etwa wenn die körperliche oder seelische Gesundheit der Schwangeren gefährdet ist.

Von rund 115 000 gemeldeten Schwangerschaftsabbrüchen im Jahr 2008 gingen laut Statistischem Bundesamt knapp 3000 auf eine medizinische Indikation zurück. Laut Statistik gab es im vergangenen Jahr rund 230 Abtreibungen nach der 22. Woche.