DOMRADIO.DE: Das Bonifatiuswerk unterstützt mit der Misereor-Spendenaktion dieses Jahr unter anderem Katholiken in Norwegen. Schirmherr ist der Paderborner Erzbischof Udo Markus Bentz. Ihm war es ein Anliegen, sich die Situation vor Ort anzuschauen. Was macht die katholische Kirche in Norwegen aus?

Msgr. Georg Austen (Generalsekretär des Bonifatiuswerks): In Norwegen sind lediglich drei Prozent der Bevölkerung Mitglied in der katholischen Kirche. Die bestehenden Gemeinden sind häufig migrantisch. Sie wachsen langsam, aber stetig. Dadurch treffen sich hier auch viele junge Menschen aus vielen unterschiedlichen Ländern, die sehr lebendig sind, aber mit geringen finanziellen Mitteln auskommen müssen.
Die Eindrücke waren für Bischof Bentz, aber auch für uns, sehr eindrucksvoll. Gerade sind wir in Tautra in Mittelnorwegen, in der Pfarrei Levanger. Um das zu verbildlichen: Die Fläche der Pfarrei ist so groß wie das Erzbistum Paderborn und das Bistum Mainz zusammen. Hier gibt es gerade mal 1.900 registrierte Katholiken und neun Orte, an denen regelmäßig Gottesdienst gefeiert werden. Für die Menschen hier ist es eine große Herausforderung, unter diesen Bedingungen gemeinsam den Glauben zu leben.
DOMRADIO.DE: In den letzten Tagen haben Sie Projekte, die das Bonifatiuswerk fördert, besucht und Ansprechpartner wie den Bischof von Trondheim getroffen. Worüber haben Sie sich ausgetauscht?
Austen: Wir haben uns über die Herausforderungen, aber auch über die Chancen, die die katholische Kirche in Norwegen hat, ausgetauscht. Insbesondere junge Männer suchen vermehrt Kontakt zur Kirche, da sie sich für den Glauben interessieren oder taufen lassen möchten. Die größte Herausforderung ist definitiv, eine Kirche mit Menschen zu bilden, die verschiedene Sprachen sprechen, unterschiedliche Nationalitäten haben und teilweise weit voneinander entfernt leben.
Ein weiteres Thema war das St. Olafs Jubiläum 2030, wo es um die missionarische Wirkung im ökumenischen Sinn geht. Wertvoll war auch der Austausch mit der Bischöfin Ragnhild Jepsen, die der lutherischen Kirche angehört.
Ein wichtiges Thema war, was die Situation der Katholiken in Norwegen für die Weltkirche bedeutet. Der Austausch und das Kennenlernen war sehr wertvoll, da die Nordische Bischofskonferenz nächstes Jahr auf Einladung von Erzbischof Bentz und des Bonifatiuswerks in Paderborn tagt.
DOMRADIO.DE: Eine wichtige Rolle in Norwegen spielen die Orden. Welche haben Sie sich angeschaut?
Austen: Wir haben die Birgittinnen besucht. Sie haben vor einigen Jahren ein neues Kloster in Trondheim gebaut. Gestern waren wir im Kloster Munkeby mit Mönchen aus Citeaux. Vor zwei Jahren wurde das Kloster dort eingeweiht und heute leben dort vier Mönche. Es ist ein sehr beeindruckender und stiller Ort des Gebetes. Die Mönche dort produzieren einen der besten Käse Norwegens, wovon sie ihren Lebensunterhalt bestreiten.

Wir besuchen auch das Marienkloster in Tautra. Es ist wunderschön an einem Fjord gelegen. Wenn Sie hier in der Kirche sitzen, die ganz aus Holz im skandinavischen Stil gebaut ist, mit der Altarfront aus Glas, haben Sie das Gefühl, dass Sie im Fjord sitzen. Es ist wunderbar, hier das Gebet und die Stille zu erleben. Ein Ort, der alle Menschen einlädt.
DOMRADIO.DE: Sie selbst waren schon oft in Norwegen. Was hat Sie auf der Reise am meisten beeindruckt und was nehmen Sie mit?
Austen: Uns haben besonders der Kontakt und die Gespräche beeindruckt. Häufig wurde uns erzählt, auf welchen krummen Wegen viele Menschen zum Glauben gefunden haben. Die Internationalität der Kirche hat mir verdeutlicht, dass Kirche auch ein Ort sein kann, an dem Gläubige Beheimatung finden können.
Für mich persönlich nehme ich mit, dass wir die Gesellschaft mit den Werten des Glaubens aktiv mitgestalten können. In Deutschland habe ich manchmal den Eindruck, dass wir mehr Bedenken als Hoffnung haben. In Norwegen ist es trotz der Schwierigkeiten umgekehrt, und das fasziniert mich sehr.
Das Interview führte Carsten Döpp.