Bischof Wilmer besorgt um Verlust der Streitkultur in Deutschland

"Maßloses Bashing"

Der Hildesheimer Bischof Heiner Wilmer sieht die Streitkultur in Deutschland im Niedergang. Er bemängelt, dass Wertschätzung und Respekt zunehmend verloren gingen. Hoffnung sei ein Mittel für ein besseres Miteinander.

Bischof Heiner Wilmer ist in der Deutschen Bischofskonferenz zuständig für Europafragen. / © Julia Steinbrecht (KNA)
Bischof Heiner Wilmer ist in der Deutschen Bischofskonferenz zuständig für Europafragen. / © Julia Steinbrecht ( KNA )

Der Hildesheimer Bischof Heiner Wilmer sorgt sich um die Streitkultur in Deutschland. Harte Auseinandersetzungen in der Sache dürften nicht dazu führen, dass Andersdenkende diffamiert oder ausgegrenzt werden, sagte er im Interview mit der "Hannoverschen Allgemeinen Zeitung" für deren Ausgabe vom Mittwoch. "Ich vermisse Wertschätzung und Respekt, das Bewusstsein dafür, dass auch ein politischer Gegner in aller Regel gute Absichten hat."

Wilmer erläuterte, die Sprache verrohe, zu schnell lägen die Nerven blank. Bei kleinen Anlässen komme es oft zu einem "maßlosen Bashing" von Politikerinnen und Politikern. Zu den Ursachen rechnet Wilmer zunehmende Ängste. "Das lange gültige Aufstiegsversprechen gilt nicht mehr", sagte der Bischof. "Inzwischen wären viele junge Leute schon froh, wenn sie wüssten, dass sich der gewohnte Lebensstandard halbwegs halten ließe." Aber auch die "German Angst", die mit den Traumata der Geschichte zu tun habe, präge die Deutschen. Hinter all dem verberge sich die Angst vor dem Tod.

"Bleib gelassen"

Nach Wilmers Überzeugung hilft dagegen der Glaube, dass es einen Gott gebe, der die Menschen auffange. "Wenn ich allerdings meine, dass über mir niemand mehr ist und ich alles selbst leisten muss, führt diese Überforderung zu Stress und Erschöpfung." Die Weihnachtsbotschaft des Engels "Fürchtet euch nicht!" bedeute zugleich: "Gib alles, bleib aber auch gelassen." Darin läge Hoffnung auch für diejenigen, denen der christliche Glaube fremd geworden sei. "Hoffnung erwächst nicht aus Stärke, sondern aus Beziehung", sagte Wilmer. "Es sind oft Begegnungen mit Menschen, die Hoffnung schenken."

Quelle:
epd