Die Geschichte wirkt nach: Eine kleine Ausstellung im Stuttgarter Haus der Geschichte Baden-Württembergs erzählt die Geschichte der Gründung des Bistums Rottenburg-Stuttgart - und präsentiert dabei Dokumente, die bis heute nachwirken und erstaunlich aktuell sind.
Bistum vor 200 Jahren neu errichtet
Nach zäher Diplomatie hatte der Papst vor 200 Jahren die neuen Bistümer Freiburg und Rottenburg errichtet, das altehrwürdige Bistum Konstanz mit einem Federstrich ausradiert und die bis heute bestehende Oberrheinische Kirchenprovinz begründet.
Zu sehen ist in Stuttgart das Original des auf den 16. August 1821 datierten Dokuments "Provida solersque". Verfasst ist das rund 40-seitige Papier mit Bleisiegel und gelb-rotem Band von "PIUS PAPA VII" in der Schrift bollatica, die üblicherweise für solche Anordnungen verwendet wurde und einen großen Nachteil hat: Sie ist - außer für Experten - nicht lesbar.

Die Neuordnung im deutschen Südwesten liegt in den Umwälzungen der Französischen Revolution, der Säkularisierung - also der Aufhebung des Kirchenbesitzes - und der europäischen Neuordnung nach Napoleons Niederlage begründet. In der Folge war es das Interesse der württembergischen Könige, dass ihr Herrschaftsgebiet mit den kirchlichen Strukturen übereinstimmte. Man wollte sich - auch gerade kirchlich - nicht von außen hineinreden lassen und gerne alles vor Ort unter Kontrolle haben. Fünf Diözesen mussten Gebiete abtreten, damit das Bistum Rottenburg entstehen konnte.
Fundationsurkunde sichert Bistum finanziell ab
Im Gegenzug erließ das Königreich 1828 eine Fundationsurkunde, die das neue Bistum finanziell absicherte. Festgelegt sind in dem jetzt ebenfalls im Original gezeigten Schriftstück die Gründung einer Katholisch-Theologischen Fakultät in Tübingen und andere Zahlungen, die seit einiger Zeit unter dem Begriff "Staatsleistungen" an die Kirchen wieder verstärkt und heftig diskutiert werden. Zu den damaligen Gaben des Staates gehörten auch goldene liturgische Gefäße für die zum Dom aufgewertete Rottenburger Kirche Sankt Martin, die ebenso wie die Krümme des Bischofsstabes des ersten Oberhirten Johann Baptist von Keller (1774-1845) zu sehen sind.
Zwischen der formalen Errichtung der beiden Diözesen im Südwesten und dem Beginn der realen Arbeit vergingen Jahre. Dies mag ein Grund sein, warum die Bistümer so gut wie kein Aufheben um den runden Jahrestag gemacht haben und die 200-Jahr-Feiern der Diözesen lieber mit der Einsetzung der ersten Bischöfe 1827 und 1828 verbinden.

Eingebettet ist die coronabdingt im Vorjahr verschobene Sonderschau in die landesgeschichtliche Dauerausstellung des Hauses der Geschichte. Die sechs Vitrinen, die die Geschichte der badischen Erzdiözese weitestgehend ignorieren, stehen unmittelbar neben dem Bereich, der sich mit Glauben und Religion im Südwesten insgesamt befasst. Offiziell eröffnet wird die Schau am Samstag. Rund 100 Personen werden erwartet, darunter der Rottenburg-Stuttgarter Bischof Gebhard Fürst.