Augsburger Diözesanrat lehnt Streichung von Paragraf 219a ab

"Abtreibung keine normale ärztliche Leistung"

Die Ampel-Regierung will den Paragrafen 219a, der ein Werbeverbot für Abtreibungen besagt, abschaffen. Neben viel Zustimmung gibt es aber auch Ablehnung, wie vom Diözesanrat der Katholiken im Bistum Augsburg.

Eine Frau mit einem Schwangerschaftstest / © fizkes (shutterstock)
Eine Frau mit einem Schwangerschaftstest / © fizkes ( shutterstock )

Paragraf 219a - Werbeverbot für Abtreibungen

Die Norm geht auf eine rechtspolitische Debatte zurück, die in die Weimarer Republik zurückreicht und als Paragraf 220 Reichsstrafgesetzbuch vom 1. Juni 1933 verankert wurde. Danach machte sich strafbar, wer öffentlich seine eigenen oder fremde Dienste zur Vornahme oder Förderung von Abtreibungen anbot. Die aktuelle Fassung des Gesetzestextes beruht auf der Neuregelung des Schwangerschaftsabbruchrechts von 1974. Die Anwendung wurde auf die Tatbestandsmerkmale "seines Vermögensvorteils wegen oder in grob anstößiger Weise" eingeschränkt.

 Der Gesetzestext des Paragrafen 219a Strafgesetzbuch behandelt Werbung für den Abbruch der Schwangerschaft / © Harald Oppitz (KNA)
Der Gesetzestext des Paragrafen 219a Strafgesetzbuch behandelt Werbung für den Abbruch der Schwangerschaft / © Harald Oppitz ( KNA )

DOMRADIO.DE: Es geht bei der Abschaffung von Paragraf 219a weniger um Werbung im herkömmlichen Sinn, sondern mehr um medizinische Information. Warum lehnen Sie das ab?

Hildegard Schütz (Vorsitzende des Diözesanrats der Katholiken im Bistum Augsburg): Der Diözesanrat lehnt die Abschaffung des Verbots der Werbung für die Abtreibung deshalb ab, weil der Paragraf 219a Strafgesetzbuch in dieser Gesamtkonzeption des Abtreibungsrecht zu einer objektiven Beratung der Frau in dieser schwierigen Konfliktsituation beiträgt und deshalb auch ein unverzichtbares Element der gesetzlichen Regelung zum Schwangerschaftsabbruch ist und letztendlich dann auch dem Schutz des ungeborenen Lebens dient.

Bis jetzt ist es auch schon so, dass der 219a im Prinzip Ärzten bzw. anerkannten Beratungsstellen die Möglichkeit gibt, darüber unterrichtet zu werden. Das verhindert der Paragraf 219a nicht. Der gibt es sogar explizit her - Beratungsstellen sind informiert darüber - , welche Ärzte, welche Krankenhäuser und auch Einrichtungen bereit sind, Schwangerschaftsabbrüche durchzuführen.

DOMRADIO.DE: Aber können Sie nachvollziehen, dass Ärzte ja auch eine gewisse Rechtssicherheit haben wollen und Frauen auch ein Recht auf Informationsfreiheit haben und das etwas einfacher machen würden, sich darüber zu informieren?

Schütz: Es ist tatsächlich nicht so, weil der Paragraf 219a den Ärzten die erforderliche Rechtssicherheit gibt. Denn der Schwangerschaftsabbruch darf ja gemäß Paragraf 218a erst nach einer bestimmten Beratungsleistung erfolgen. Somit gibt das dem Arzt durchaus Rechtssicherheit.

Was die neue Koalition möchte, das ist letztendlich eine Legalisierung von Abtreibung außerhalb des Strafrechtsrahmens. Das ist der Punkt, dass das Ganze vom Strafgesetz weggenommen wird. Letztendlich ist Abtreibung keine normale ärztliche Leistung. Das muss man sich einfach klar sein.

DOMRADIO.DE: Angenommen, der Paragraf 219a würde entfallen und Ärzte und Ärztinnen dürften künftig auf ihren Seiten über Abtreibungsmethoden informieren: Würden Sie befürchten, dass dann auch eine Zunahme von Schwangerschaftsabbrüchen der Fall ist?

Schütz: Da bin ich mir nicht sicher. Ich würde es schon befürchten. Aber vor allem würde ich befürchten, dass das nicht mehr deutlich ist, dass ein Schwangerschaftsabbruch keine normale ärztliche Leistung ist, sondern dass es zu einer normalen Leistung verkommt oder sich entwickelt. Also das würde ich ehrlich befürchten, dass sich die die Ärzte und die Frauen weit weniger Gedanken darüber machen würden.

DOMRADIO.DE: Eine Abtreibung ist ja immer eine schwere Entscheidung und ich glaube, kaum eine Frau dürfte sich leichtfertig dazu entscheiden. Aber würde sich daran etwas ändern, wenn sich im Netz tatsächlich Informationen dazu finden lassen?

Schütz: Frauen können sich in der Situation, wie es jetzt ist, durchaus die klaren Informationen über die Beratungsstellen einholen. Aber die Beratungsstellen werden immer auch hin zum Leben beraten, zum Schutz des ungeborenen Lebens. Die werden den Frauen, die in einer wirklich schweren Situation sind, immer ein Netzwerk aufzeigen, weitere Beratungs- und Unterstützungsangebote aufzeigen; immer mit Blick auf deren individuelle Situation hin, aber auch mit einer klaren Ausrichtung zum Schutz des ungeborenen Lebens.

Und das ist so der Punkt: Das ungeborene Leben darf nicht zur Disposition gestellt werden. Aber auch den Müttern muss jede Hilfe gegeben werden, die möglich ist. Und darum glaube ich, dass der Paragraf 219a sehr wohl wichtig ist. Die Frauen kriegen dadurch die Information, aber es wird nicht leicht zur Disposition gestellt.

Das Interview führte Michelle Olion.

Quelle:
DR
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