Wie die Textilbranche unter der Corona-Krise leidet

Augen auf beim Kleiderkauf

Modeketten machen in der Corona-Krise keinen Umsatz. Textilfabriken in Asien zahlen keine Löhne mehr oder entlassen ihre Näher und Näherinnen. Sie stehen vor dem Nichts. Wie kann jeder von uns in der Situation helfen?

Seit der Corona-Krise gibt es keine Jobs und kein Geld mehr für Textilarbeiterinnen / © Christoph Koestlin (Fairtrade Deutschland)
Seit der Corona-Krise gibt es keine Jobs und kein Geld mehr für Textilarbeiterinnen / © Christoph Koestlin ( Fairtrade Deutschland )

DORADIO.DE: Textilarbeiterinnen in Asien sind in großer Not. Deshalb ruft der Verein TransFair unter dem Motto "Fair statt Fast Fashion" zur Fashion Revolution Week auf. Wie dramatisch ist die Situation für die Arbeiterinnen in der Textilbranche?

Claudia Brück (Vorstandsmitglied TransFair e.V - Fairtrade Deutschland): Sehr dramatisch. Die Modebranche hat in sehr großem Stil Aufträge storniert. Das heißt, die Textilfabriken haben jetzt keine Arbeit mehr für diese Angestellten und schicken sie einfach nach Hause. In Indien gibt es eine absolute Ausgangssperre. Die Arbeiter haben einerseits keinen Lohn. Andererseits können die Wanderarbeiter wegen der Ausgangssperre nicht nach Hause zurückkehren. Es ist wirklich dramatisch.

DORADIO.DE: Fairtrade Deutschland ruft dazu auf, faire statt schneller Mode zu kaufen. Diese Revolutionswoche vom 20. bis 24. April soll aber auch an ein ganz einschneidendes Ereignis erinnern.

Brück: Am 24. April ist in Bangladesch das Fabrikgebäude Rana Plaza in der Nähe der Hauptstadt Dhaka eingestürzt. Über tausend Menschen sind dabei gestorben. Katastrophal ist, dass es Anzeichen gegeben hat, dass dieses Gebäude nicht sicher war. Die Betroffenen, Opfer und Hinterbliebenen haben bis heute keine Entschädigung bekommen und kämpfen dafür, dass sie als Opfer anerkannt werden.

So schlimm dieses Ereignis auch war, es hilft dabei, dass so etwas nie wieder passiert. Wir müssen hinschauen, wie unsere Mode entsteht. Und daraus ist die Fashion Revolution entstanden, die einfach sagt: Das Wichtigste, um die Arbeiter und Arbeiterinnen zu schützen, ist, dass wir nachfragen, wie unsere Mode hergestellt wird, und dass wir die Firmen, die hier diese Mode verkaufen, auch in die Verantwortung nehmen.

DORADIO.DE: Ganz viele nutzen diese Zeit und misten ihre Kleiderschränke aus. Manche merken dabei, dass sie mehr im Schrank haben, als sie tragen können. Haben Sie Tipps, wie man nachhaltig den Kleiderschrank auf Vordermann bringt?

Brück: Jetzt, da man gerade Winter- gegen Sommerkleidung tauscht, fällt es besonders auf, dass die Kleider eigentlich gar nicht mehr in den Schrank passen. Kleider aus dem untersten Fach werden ohnehin kaum noch getragen. Der erste Tipp ist, sich hinzusetzen, die Zeit zu nehmen und zu überlegen: Was brauche ich wirklich? Auf was kann ich verzichten?

Das Zweite ist, zu überlegen: Wen kenne ich in meinem Freundes-, Bekannten- und Familienkreis, dem diese Klamotten passen könnten und der oder die einfach Lust auf etwas Neues hat? So könnte eine Art Ringtausch entstehen, wenn andere auch mitmachen.

Wenn das im Bekannten- und Freundeskreis nicht geht, dann einfach die Kleider zur Seite legen. Sobald die Maßnahmen wegen der Corona-Krise gelockert werden, wird es die nächsten Kleider-Tausch-Partys geben. Außerdem gibt es noch die Möglichkeit, sie Second-Hand-Läden zu bringen. Auf keinen Fall wegwerfen, denn das heizt nur den Konsum weiter an und bestätigt die Industrie darin, weiter massenhaft zu produzieren.

Das Interview führte Verena Tröster.


Nach dem Einsturz von Rana Plaza (dpa)
Nach dem Einsturz von Rana Plaza / ( dpa )
Quelle:
DR