ARD berichtet schlechte Löhne - Verband verteidigt sich

Dumping bei der Diakonie?

Die Debatte um die Lohnbedingungen für Angestellte kirchlicher Einrichtungen reißt nicht ab: Viele Mitarbeiter der Diakonie können von ihrem Einkommen nicht mehr leben und müssen zusätzlich Hartz IV beantragen, berichtet das ARD-Politikmagazin "Report Mainz" heute im Ersten.

 (DR)

Auf die Frage des Magazins, ob es christlich und gerecht sei, Menschen so zu beschäftigen, dass sie von ihrem Gehalt nicht mehr leben können, antwortete der Präsident des Diakonie Bundesverbands, Klaus-Dieter Kottnik, laut Vorabmeldung des Südwestrundfunks (SWR): "Die Alternative wäre, und das ist der Gewissenskonflikt, zu sagen, wir machen die Arbeit gar nicht mehr, wir geben sie auf." Kottnik bestritt laut SWR, dass es systematisches Sozialdumping gebe. Dennoch forderte er von der Politik mehr Geld für das soziale System.

Er halte die Diskussion über Mindestlöhne in der Pflege für ein «Ablenkmanöver». Das eigentliche Problem liege darin, «dass die Kostenträger nicht mehr bereit sind, in ihren Pflegesätzen die gültigen Tarifverträge zu berücksichtigen». Nötig sei «eine adäquatere Finanzierung», sagte der Diakoniepräsident. Die mit der Pflegereform beschlossene Beitragserhöhung zum 1. Juli um 0,25 Prozentpunkte reiche nicht aus. «Wenn wir gutes Personal haben wollen, müssen wir es auch entsprechend bezahlen. Dieses Problem erledigt sich auch nicht durch Mindestlöhne.»

Demgegenüber zitiert "Report" den Mitarbeitervertreter in der bundesweiten arbeitsrechtlichen Kommission der Diakonie, Wolfgang Lindenmaier, der den Kirchen vorwirft, die Lohnspirale bewusst nach unten zu treiben. Die beiden Kirchen hätten verhältnismäßig großen politischen Einfluss, nutzten diesen und ihre Marktführerschaft im Sozialbereich aber nicht, um vernünftige Arbeitsentgelte zu bekommen. Sie gebrauchten ihre Macht nur, um Dumpinglöhne durchzusetzen. "Alle Welt regt sich über Lidl und Aldi auf. Kirche ist schlimmer", so Lindenmaier gegenüber "Report".

Konflikt zum Thema Mindestlohn in der Pflege
Innerhalb der kirchlichen Wohlfahrtsverbände hatte es in der vergangenen Woche einen Konflikt zum Thema Mindestlohn in der Pflege gegeben. Die Spitzen von Diakonie und Caritas gingen dabei auf deutliche Distanz zu wichtigen Trägergesellschaften karitativer und diakonischer Kliniken und Heime.

Der Deutsche Caritasverband und die evangelische Diakonie betonten, dass in ihren Einrichtungen jede Pflegekraft mehr als den gesetzlichen Mindestlohn bezahlt bekomme. Zugleich unterstrichen sie, dass sie sich derzeit nicht gegen gesetzliche Mindestlöhne aussprächen. Zuvor hatten die Arbeitsgemeinschaft caritativer Unternehmen (AcU) und der Verband diakonischer Dienstgeber in Deutschland (VdDD) entschieden gegen gesetzliche Mindestlöhne in ihren Einrichtungen votiert. Sie seien ein unzulässiger staatlicher Eingriff ins Selbstbestimmungsrecht der Kirchen.

Caritas-Präsident Prälat Peter Neher betonte, die Einrichtungen seines Verbandes zahlten Pflegekräften Löhne "weit oberhalb aller derzeit diskutierten Mindestlöhne". Kottnik erklärte, ein allgemeiner gesetzlicher Mindestlohn werde seitens seines Verbandes positiv gesehen. Die Diakonie setze sich generell dafür ein, dass es einem Alleinstehenden möglich sein müsse, auch bei gering qualifizierter Tätigkeit mit einem Erwerbseinkommen seinen eigenen Lebensunterhalt zu bestreiten.