In violettes und rotes Licht ist das Innere des Altenberger Domes getaucht, es ist fast Mitternacht. Weihrauchschwaden ziehen gemächlich durch die Luft und die Stille ist andächtig, während das Licht von einer Kerze zur anderen wandert. Hunderte Jugendliche und junge Erwachsene aus dem Erzbistum Köln und darüber hinaus sind am Vorabend zum 1. Mai ins Bergische Land gekommen, um dort gemeinsam die Vigil zu feiern und das Altenberger Licht zu entzünden.
Das Altenberger Licht ist eine Initiative der katholischen Jugendseelsorge im Erzbistum Köln: Seit 1950 wird es traditionell in einem Gottesdienst in der Nacht vom 30. April auf den 1. Mai im Altenberger Dom entzündet. Dabei wird ein Licht mit der Osterkerze entzündet, das die Gläubigen dann in den nachfolgenden Tagen in die Gemeinden und Gemeinschaften im Erzbistum Köln und weit darüber hinaus tragen.
Wer ist heilig?
Für viele Jugendliche war es das erste Mal: "Mir hat es sehr gut gefallen", sagt Christan (23) aus Bonn. "Die Atmosphäre, die Jugendlichen, das ist ein richtig schöner Ort!" "Superschön, total bewegende Momente", sagt die 23-jährige Ann-Kathrin aus Bonn, "vor allem die Lichtinstallationen". Und die Predigt von Diözesanjugendseelsorger Tobias Schwaderlapp habe sie zum Nachdenken angeregt, ergänzt sie.
"Du bist heilig" ist das Motto des diesjährigen Altenberger Lichtes, in Anlehnung an den Brief des Apostels Paulus an die Kolosser. "Nach den vielen Durchhaltezeichen der letzten Jahre, auch durch Corona, war es uns wichtig, dieses Jahr den Gedanken zu stärken: "Wir müssen nicht alles aus uns selbst heraus schaffen“, sagt der Kölner Diözesanjugendseelsorger Tobias Schwaderlapp in seiner Predigt. „Wir haben einen Auftrag und wir stehen nicht unter einem Anspruch, sondern einem Zuspruch: Wir sind von Gott geliebt und wir sind seine auserwählten Heiligen!“
Es gehe nicht darum, sich anzustrengen, so Schwaderlapp weiter: "Wir müssen nicht 'Hochleistungssportler des Glaubens' werden und Bestzeiten in der Glaubenspraxis erzielen, sondern es geht darum, dass Gott uns so liebt, dass er sagt: 'Du bist mir heilig. Auf dich lasse ich nichts kommen!'" Dabei müsse man sich nicht vergleichen mit den großen Heiligen, die in der Kirche verehrt würden, sondern es gehe um die Vorbilder, "die uns im Glauben, im Leben, in der Liebe und in der Hoffnung geprägt haben", die "kleinen Heiligen von nebenan", die der verstorbene Papst Franziskus gewürdigt hat, als er im vergangenen Herbst den 9. November als den Gedenktag für "Alltagsheilige" einführte.
Tradition seit der Nachkriegszeit
Pfarrer Dominik Rieder, der mit seiner Messdienergruppe zum Altenberger Licht gekommen ist, hat bei der Predigt interessiert zugehört. Das Motto gefalle ihm, sagt er, und gerade im Hinblick auf den verstorbenen Papst, der an die "Alltagsheiligen" erinnert hatte. "Sie tragen keinen Heiligenschein, aber sie sind präsent und prägen das Leben von Menschen. Das fand ich sehr schön!" Besonders der letzte Satz der Predigt hat ihm gefallen: "Wir alle sind berufen, Heilige für andere zu sein".
Seinen Ursprung hat das Altenberger Licht in der Nachkriegszeit, als Jugendliche ein Zeichen für den Frieden und die Versöhnung zwischen den Völkern setzen wollten. Altenberg war schon seit den 1920er Jahren weit über die diözesanen Grenzen hinaus wichtig für die Jugendpastoral in ganz Deutschland gewesen. Pfadfinderverbände hatten sich dort gegründet, Gruppenleiterschulungen und Treffen zahlreicher junger Menschen aus dem ganzen Bundesgebiet fanden dort statt. Unter dem Eindruck der Schrecken des Zweiten Weltkrieges entzündeten im Jahr 1950 junge Menschen in Altenberg erstmals an der Osterkerze ein Licht und brachten es dann symbolträchtig in die Nachbarländer Polen und Frankreich. Bis heute sei das Altenberger Licht ein Zeichen dafür, dass junge Leute Verantwortung für den Frieden in der Welt und die Versöhnung zwischen den Völkern übernehmen, hatte Schwaderlapp im DOMRADIO.DE-Interview gesagt: "Auch nach 75 Jahren ist es - das wissen wir, wenn wir auf die Welt schauen - nach wie vor nötig, diese Zeichen zu setzen."
Mit der feierlichen Aussendungsmesse am 1. Mai tritt das Licht in den kommenden Tagen seine Reise in die Gemeinden und Pfarreien im ganzen Erzbistum an. Zwei Tage voller Programm, gemeinsamer Gebete und Gemeinschaft: für die 17-Jährige Kathrin eine neue Erfahrung. "Die Möglichkeit, andere Jugendliche aus dem ganzen Bistum kennen zu lernen, finde ich toll", sagt sie und für sie steht fest: "Hier komme ich nächstes Jahr auch wieder hin!"