Argentiniens Gesetzesreform setzt Diskussion in Gang

Abtreibungsdebatte erfasst Lateinamerika

In Argentinien bleiben künftig Abtreibungen bis in die 14. Schwangerschaftswoche hinein straffrei. Das vor kurzem in Kraft getretene Gesetz hat Dynamik in eine Debatte gebracht, die in Lateinamerika schon länger schwelt.

Autor/in:
Tobias Käufer
Schwangerschaftstest / © Harald Oppitz (KNA)
Schwangerschaftstest / © Harald Oppitz ( KNA )

Seit wenigen Tagen ist das neue Gesetz zur Legalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen in Argentinien in Kraft. Damit ist im Heimatland von Papst Franziskus eine lange gesellschaftliche Auseinandersetzung über das Thema zu Ende gegangen. Der linksgerichtete Präsident Alberto Fernandez, seit gut einem Jahr im Amt, hatte seinen Wählern vor allem aber seinen Wählerinnen einen entsprechenden Gesetzesvorstoß versprochen.

Katholische Kirche in Argentinien enttäuscht über Gesetzesänderung

Künftig ist in Argentinien eine Abtreibung bis zur 14. Schwangerschaftswoche straffrei. Frauenrechtsorganisationen begrüßen diese Entwicklung, die katholische Kirche ist enttäuscht. Sie erklärte ihre ablehnende Haltung unter anderem mit dem Gedanken des Umweltschutzes. Wer Tiere und Wälder schützen wolle, müsse auch für den Schutz des ungeborenes Lebens eintreten.

Fernandez hatte vor der Abstimmung das Gesetz mit den Worten begründet: "Ich bin Katholik, aber ich muss Gesetze für alle machen." Jedes Jahr würden 38.000 Frauen wegen Problemen bei illegalen Abtreibungen ins Krankenhaus eingeliefert; seit 1983 seien mehr als 3.000 Frauen an den Folgen gestorben. Dass Fernandez seine Initiative durch Kongress und Senat bringen konnte, hat der Debatte über Schwangerschaftsabbrüche auch in anderen Ländern eine neue Dynamik gegeben.

Gegensätzliche Bewegung in Honduras

So passierte vor wenigen Tagen in Honduras eine Gesetzesinitiative zur Absicherung des Verbots von Schwangerschaftsabbrüchen den Kongress. Wie örtliche Medien berichteten stimmte eine Mehrzahl der Abgeordneten dafür, den Verfassungsartikel 67 so zu verändern, dass er das ungeborene Leben künftig ab der Empfängnis gegen jede Form von juristischer Einflussnahme schützt. Eine Reform dieser Rechtslage soll also nie mehr möglich, ein Abtreibungsverbot für alle Zeiten festgeschrieben werden.

Der Initiator dieser Gesetzesinitiative, der konservative Abgeordnete Mario Perez, begründete seine Initiative mit einer bevorstehenden Welle von Verfassungsreformen in Lateinamerika durch linke Bewegungen und Regierungen. Das Gesetz muss im kommenden Jahr noch einmal parlamentarisch bestätigt werden.

Doch die Initiative könnte nun zum Rohrkrepierer werden: Die Absolutheit, mit der Perez und seine Mitstreiter Schwangerschaftsabbrüche für alle Zeiten verbieten wollen, rief 80 Organisationen der Zivilgesellschaft auf den Plan. Sie wehren sich gegen das noch nicht in Kraft getretene Gesetz und wollen ihrerseits die Legalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen vorantreiben.

Debatten in mehreren Staaten Lateinamerikas

Wie in Honduras sind in drei weiteren Staaten Lateinamerikas - El Salvador, Nicaragua und der Dominikanischen Republik - Abtreibungen auch im Falle einer Vergewaltigung, eines schwer erkrankten Fötus oder dem Gefahr für das Leben der Mutter verboten.

Doch auch in der Dominikanischen Republik wird nun über das Thema diskutiert. Präsident Luis Abinader hatte im Dezember in einem Interview mit der spanischen Zeitung "El Pais" gesagt: "Ich glaube, dass es Gründe gibt, die einen Schwangerschaftsabbruch rechtfertigen. Das ist die offizielle Position unserer Partei." Die nationale Bischofskonferenz konterte sofort mit einem klaren Nein und dem Verweis auf die Verfassung.

Thema im Präsidentschaftswahlkampf in Ecuador

Im aktuellen Präsidentschaftswahlkampf in Ecuador spielt das Thema ebenfalls eine Rolle. Vor einigen Monaten hatte das ecuadorianische Parlament einem Gesetzesvorstoß zugestimmt, der eine Abtreibung erlaubt, wenn das Leben der Mutter in unmittelbarer Gefahr ist. Frauenrechtlerinnen begrüßten die Parlamentsentscheidung, die Kirche forderte aber Präsident Lenin Moreno auf, sein Veto gegen das zuvor im Parlament verabschiedete Gesundheitsgesetze einzulegen, was dieser auch tat.

Die Bischofskonferenz kritisierte, die neuen Rahmenbedingungen für Schwangerschaftsabbrüche schwächten die besondere Rolle der Familie und verletzten die Menschenrechte. Der indigene Präsidentschaftskandidat Yaku Perez schlug unterdessen vor, die Wähler über diese ethische Frage entscheiden zu lassen, und forderte eine Volksabstimmung.


Quelle:
KNA
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