Botschafterin Schavan verabschiedet sich aus Rom

"Politik und Diplomatie sind neu gefordert"

Ihr Abschied falle in eine Zeit großer gesellschaftlicher Umbrüche, in denen Bisheriges grundsätzlich in Frage gestellt werde, sagte Annette Schavan bei einem Sommerfest in der Botschafterresidenz am Donnerstagabend.

Papst Franziskus und Annette Schavan / © Romano Siciliani (KNA)
Papst Franziskus und Annette Schavan / © Romano Siciliani ( KNA )

Daher gebe es eine große Notwendigkeit nach fundierter Führung und Werten, weil Slogans nur eine vermeintliche Sicherheit vorgaukelten, so die 63-jährige deutsche Botschafterin beim Vatikan.

In diesen Tagen, da in Brüssel die Zukunft der EU auf dem Spiel stehe wie seit Jahrzehnten nicht mehr, seien Politik und Diplomatie neu gefordert, für Frieden und Zusammenhalt zu arbeiten. Um der Zukunft der jungen Generation willen gelte es, für Dialog zu werben, auch wenn er schwierig sei. Christen und die christliche Tradition leisteten für die Menschenwürde immer wieder einen unverzichtbaren Beitrag. Das sei in Rom immer wieder spürbar gewesen.

Vier dynamische Jahre

Im DOMRADIO.DE-Interview sprach Schavan rückblickend auf ihre Amtszeit von "dynamischen Jahren in der katholischen Kirche und in der Weltkirche". Das liege daran, dass in der Welt so viel geschehe und Papst Franziskus den Christen sehr deutlich sage: "Nehmt eine neue Perspektive ein. Schaut Euch die Welt aus der Perspektive der Peripherie an".

Die Zeit habe sie vor allem in ihrem theologischen Denken angeregt, so Schavan weiter. In ihrer Zeit in Rom habe sie erleben dürfen, wie wesentliche Beschlüsse des Zweiten Vatikanischen Konzils wieder in Erinnerung gerufen würden.

Erste Frau als deutsche Vatikan-Botschafterin

Bereits am Dienstag hatte sie ihren Abschiedsbesuch bei Papst Franziskus absolviert. Als erste Frau auf diesem Posten war Schavan vier Jahre lang Deutschlands Botschafterin beim Heiligen Stuhl.

Während dieser Zeit organisierte Schavan viele Veranstaltungen zu politischen, theologischen und kulturellen Themen. Die Zahl der Besucher bei der deutschen Vatikan-Botschaft habe sich in den vergangenen vier Jahren vervierfacht, berichten Mitarbeiter. Die Botschaft habe sich zu einem "Haus der Begegnung" entwickelt, sagte Luciano Almandi, im vatikanischen Staatssekretariat regelmäßiger Gesprächspartner für die Botschaft.

Überlegungen zur Zukunft des Christentums

Bei einer Buchvorstellung am Mittwochabend in der deutschsprachigen Gemeinde Santa Maria dell'Anima stellte er die italienische Ausgabe eines neuen Buches von Schavan vor. Darin fasst sie am Ende ihrer Zeit in Rom Erfahrungen und Überlegungen zur Zukunft des Christentums zusammen.

Das Buch mit dem Titel "Gott, der erneuert. Erfahrungen von Hoffnung und Freiheit" widmet sich der Frage, wie Christen im Sinne von Papst Franziskus sich neuen Herausforderungen stellen können.

Rückkehr nach Deutschland

In den kommenden Tagen kehrt Schavan nach Ulm zurück, wo sie zuvor gewohnt hatte. Zunächst übernimmt sie keine neue feste Aufgabe. Nach eigenen Angaben will sie schreiben, Vorträge halten, ihre Gastprofessur an einer Universität in Shanghai sowie Aufgaben in Stiftungen wie der für "Bibel und Kultur" wahrnehmen.


Merkel und Schavan bei Papst Franziskus / © Cristian Gennari (KNA)
Merkel und Schavan bei Papst Franziskus / © Cristian Gennari ( KNA )
Quelle:
KNA
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