Katholische Arbeitsgemeinschaft hilft im Dienstalltag

"Mit dem Ohr am Geist des Soldaten"

Vor 20 Jahren hat der Europäische Gerichtshof entschieden, dass die deutsche Bundeswehr auch Frauen den freiwilligen Dienst an der Waffe ermöglichen muss. Wie geht es den Soldatinnen und Soldaten heute bei ihren Einsätzen für die Bundeswehr?

Eine Soldatin salutiert beim Appell zum Führungswechsel / © Bernd Settnik (dpa)
Eine Soldatin salutiert beim Appell zum Führungswechsel / © Bernd Settnik ( dpa )

DOMRADIO.DE: Mit welchen Herausforderungen müssen die Soldatinnen und Soldaten denn zurechtkommen?

Daniel Bigalke (Katholische Arbeitsgemeinschaft für Soldatenbetreuung): Das sind ganz besondere existenzielle Situationen, in denen sich Soldatinnen und Soldaten befinden. Das gilt in den Einsatzländern selbst, wo es beengte Räumlichkeiten oder besondere Erlebnisse im Dienstalltag gibt. Aber auch die Situation in Deutschland ist zu beachten. Dazu gehören vor allem häufige Standortwechsel oder lange Dienstalltage.

Wenn sich Soldaten im Einsatz befinden, bleibt meistens ein Familienteil zu Hause, weil er zum Beispiel die Kinder allein betreuen muss - über mehrere Monate hinweg, meistens vier bis sechs Monate. Das sind spezielle Situationen und unsere Betreuungsarbeit richtet sich darauf aus, da unterstützend zur Seite zu stehen. Das ist auch Teil des Sozialauftrags der katholischen Kirche.

DOMRADIO.DE: Und wie genau machen Sie das?

Bigalke: Das sind bei der KAS drei Bereiche. Die OASE-Einsatzbetreuung widmet sich speziell der Betreuung in den Einsatzländern im Ausland. Dort realisieren wir gastronomische Angebote in OASE-Räumlichkeiten, wo der Soldat oder die Soldatin nach Dienstalltag mal ein Schnitzel essen oder ein deutsches Bier trinken kann. Ein Stück Heimat in der Ferne - das ist das, was wir beispielsweise im Irak oder in Afghanistan vermitteln möchten. Der Begriff OASE ist dafür bei den Soldaten sehr bekannt. Der Definition nach ist das ein kleiner, vegetativer Ort in der Wüste. Und so etwas möchten wir auch im Einsatzland bieten.

Die Familienbetreuung innerhalb Deutschlands ist der zweite Punkt. Es gibt Familienferien, Mutter-Kind-Kuren, Paar- und Familienseminare, wo Soldatinnen und Soldaten miteinander ins Gespräch kommen und  ihre Beziehungsfragen vor einem Einsatz präventiv klären können. Und die Soldatinnen und Soldaten berichten uns manchmal im Nachgang eines solchen Seminars, dass dieses Gespräch sie wirklich befreit hat und dass ihre Beziehung auf der Kippe stand und nach diesem Seminar eine Festigung erfahren hat und man guten Gewissens diese Einsatzzeit bestehen wird. Wenn wir so etwas hören, das freut uns, dann ist unsere Betreuungsarbeit erfolgreich.

Der dritte Punkt ist die Freizeitbetreuung innerhalb Deutschlands. Abseits des Dienstalltags soll es sportliche Angebote, kulturelle Angebote geben, insbesondere an Einödstandorten, wo nicht viel städtische Infrastruktur kultureller Art vorhanden ist. Da stützen wir auch.

DOMRADIO.DE: Gibt es denn auch Unterschiede zwischen Soldaten und Soldatinnen - sowohl bei den Bedürfnissen als auch bei den Angeboten?

Bigalke: In der Wahrnehmung unserer Angebote und auch in der ehrenamtlichen Unterstützung dieser Angebote gibt es keinen Unterschied, ob weiblich oder männlich. Seitdem die Bundeswehr Soldatinnen hat und sich auch im Auslandseinsatz mit ihnen befindet, ist die Zielgruppe unserer Betreuungsarbeit völlig geschlechtsunabhängig.

Ein kulturelles Betreuungsangebot ist alle zwei Jahre der Kunstwettbewerb der Bundeswehr. Und die letztjährigen Gewinner dieses Wettbewerbs waren Soldatinnen - unter anderem mit einer Fotografie, die die außerordentliche Belastungssituation von zwei Soldatinnen darstellt. Das heißt, in diesem Bereich sind Soldatinnen präsent. Es gibt aber auch Soldaten, die da Kunstwerke abgeliefert haben.

Die Outdoor-Challenge-Weeks sind actionreiche Sportwochen im Ötztal in Österreich, wo die Teilnehmerschaften paritätisch besetzt sind. Männlich, weiblich - das spielt keine Rolle. Soldatinnen fühlen sich da genauso hingezogen wie Soldaten.

DOMRADIO.DE: Jetzt haben wir über die besonderen Angebote gesprochen, jetzt sprechen wir über die Kommunikation. Wie erfahren Sie denn von den Bedürfnissen in der Truppe, wo Hilfe und wo Unterstützung gebraucht wird?

Bigalke: Wir haben Regionalbetreuer an allen Bundeswehrstandorten, die der KAS als Betreuungsstandort beigeordnet sind. Die Regionalbetreuer haben zu den Spießen Kontakt, den Betreuungs- und Kompaniefeldwebeln, die widerum zu den Soldaten selbst Kontakt haben. Es gibt dort Gremiensitzungen und Betreuungsausschüsse. Alles, was dort an Informationen, Bedürfnissen gesammelt wird, landet über unsere Regionalbetreuung bei der Geschäftsstelle in Berlin.

Und wir sind immer darauf aus, die Betreuungsangebote entsprechend innovativ anzupassen und noch mal etwas Neues zu machen. Sei es ein Rockkonzert in Afghanistan oder eine besondere Oster- oder Weihnachtsaktion, die gerade in der Adventszeit den Soldaten mental unterstützend zur Seite steht. Wir haben da ein offenes Ohr und sind auch in Kooperation mit der Bundeswehr immer mit dem Ohr am Geist des Soldaten.

Das Interview führte Michelle Olion.


Quelle:
DR
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