Kabinett bringt Aufholprogramm auf den Weg

Milliardenprogramme gegen Corona-Folgen

Mit einem Corona-Aufholprogramm und dem Recht auf Ganztagsbetreuung will die Bundesregierung Kinder und Familien stärken. Den milliardenschweren Vorhaben müssen auch die Länder zustimmen.

Autor/in:
Christoph Scholz
Kabinett bringt Aufholprogramm auf den Weg / © FamVeld (shutterstock)
Kabinett bringt Aufholprogramm auf den Weg / © FamVeld ( shutterstock )

Gleich zwei Großprojekte aus dem Bildungs- und Familienministerium hat die Bundesregierung am Mittwoch auf den Weg gebracht: ein zwei Milliarden Euro schweres "Aktionsprogramm Aufholen nach Corona für Kinder und Jugendliche" sowie die Einführung eines Rechtsanspruchs auf Ganztagsbetreuung für Grundschulkinder.

Sie sollen Kinder, Jugendliche und Familien unterstützten, betonte Familienministerin Franziska Giffey (SPD). Dabei sind die Vorhaben und der Zeitplan durchaus ehrgeizig. Denn es braucht bei der Ganztagsbetreuung die Zustimmung der Länder, die für die Durchführung zuständig sind.

So warben Giffey und Bundesbildungsministerin Anja Karliczek (CDU) nicht nur um die Länder, sondern betonten gleich mehrfach deren Verantwortung. Der Bundesrat dürfte möglicherweise erst auf seiner letzten Sitzung vor dem Sommer und damit vor den Bundestagswahlen darüber abstimmen.

Zu Schulbeginn greifen

Das Aufholprogramm soll bereits ab den Sommerferien spätestens zu Schulbeginn greifen, um pandemiebedingte Lernrückstände auszugleichen. Karliczek geht davon aus, dass bis zu 25 Prozent der Schüler durch den Ausfall von Präsenzunterricht in den Lockdown-Zeiten mit dem Lernen nicht hinterherkamen. Für Fördermaßnahmen in den Kernfächern wie Deutsch, Mathematik oder Fremdsprachen will sie eine Milliarde Euro bereitstellen - wobei sie zugleich eine "substanzielle Beteiligung der Länder" erwartet, zumal auf bestehende Strukturen zurückgegriffen werden soll. Neben unterrichtsbegleitenden Fördermaßnahmen sollen in den Ferien Sommercamps und Lernwerkstätten gefördert werden.

Giffey will ebenfalls mit einer Milliarde Euro unterschiedlichen Initiativen zur Förderung der frühkindlichen Bildung sowie zur Unterstützung für Ferienfreizeiten und außerschulische Angebote helfen. Für Hilfe- und Erholungsangebote für Familien sollen 530 Millionen Euro bereitgestellt werden. Zusätzliche Mittel erhalten auch die Sozialarbeit und Freiwilligendienstleistende sowie die Deutsche Kinder- und Jugendstiftung.

Die Präsidentin der Kultusministerkonferenz und brandenburgische Bildungsministerin Britta Ernst (Grüne) begrüßte das Aufholprogramm als Ergänzung und Stärkung von Länderprogrammen. Das Vorstandsmitglied der Diakonie, Maria Loheide, sprach von einem "überfälligen Signal an hoch belastete Familien". Deshalb solle es nicht nur um das Aufholen von Bildungslücken gehen, sondern auch um psychosoziale Entlastung. Kinderschutzbund-Präsident Heinz Hilgers forderte im "Tagesspiegel" (Donnerstag) mehr finanzielle Hilfen von Kommunen und Ländern. Auch Vertreter der Opposition bemängelten die Hilfen als zu gering.

Einführung des Anspruchs auf Ganztagsbetreuung

Wesentlich mehr Mittel wird die Einführung des Anspruchs auf Ganztagsbetreuung kosten. Damit löst die Bundesregierung auch ein Versprechen aus dem Koalitionsvertrag ein. Nach den Worten von Giffey soll der Rechtsanspruch auch die Vereinbarkeit von Familie und Beruf und die Erwerbstätigkeit von Frauen verbessern und für mehr Bildungsgerechtigkeit sorgen. Er wird über das Sozialgesetzbuch VIII geregelt.

Ab August 2026 sollen zunächst alle Kinder der ersten Klassenstufe einen solchen Anspruch erhalten. In den Folgejahren soll je eine Klassenstufe hinzukommen. Damit hätte ab August 2029 jedes Grundschulkind der Klassenstufen 1 bis 4 einen Anspruch auf ganztägige Betreuung von acht Stunden an allen fünf Werktagen. Die Unterrichtszeit wird angerechnet. Der Anspruch soll maximal vier Wochen auch in den Ferien gelten. Das freiwillige Angebot soll sowohl für Horte als auch in offenen und gebundenen Ganztagsschulen gelten.

Der Bund will dazu bis zu 3,5 Milliarden Euro zur Verfügung stellen, sich dann aber auch an den laufenden Kosten beteiligen. Nach Angaben von Giffey sollen dazu die Mittel jährlich stufenweise anwachsen und 2030 insgesamt 960 Millionen Euro pro Jahr erreichen.

Karliczek sprach von einem "Meilenstein in der weiteren Modernisierung Deutschlands". Ganztägige Bildungs- und Betreuungsangebote böten auch eine Chance für Arbeitgeber, Wirtschaft und Forschung. Sie forderte die Länder auf, "mitzuziehen". Durch die gestaffelte Einführung könnten sie Zeit gewinnen, das erforderliche Personal auszubilden.


Quelle:
KNA
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