Islamverbände klagen gegen NRW

Mehr Rechtssicherheit für Religionsunterricht

Rund 20.000 Schulkinder besuchen in NRW den islamischen Religionsunterricht. Der Zentralrat der Muslime und der Islamrat könnten künftig den Unterricht deutlich mitgestalten - sofern ihre Klage in dieser Woche Erfolg hat.

Islamischer Religionsunterricht  / © Oliver Berg (dpa)
Islamischer Religionsunterricht / © Oliver Berg ( dpa )

Es könnte spannend werden für die Zukunft des islamischen Religionsunterrichts: Die beiden Islam-Dachorganisationen Zentralrat der Muslime (ZMD) und Islamrat klagen gegen das Land Nordrhein-Westfalen. Es ist ein Rechtsstreit, der schon Ende 1998 begann und nun am Donnerstag erneut in Münster vor dem Oberverwaltungsgerichts landet. Kernfragen: Sind die beiden Kläger Religionsgemeinschaften und kommt ihnen ein Rechtsanspruch zu, bei dem bekenntnisorientierten Unterrichtsfach islamische Religion an NRW-Schulen kräftig mitzugestalten?

Der Islamunterricht ist bislang bis 2019 befristet. Die Verbände wollen statt der Zwischenlösung islamischen Religionsunterricht als ordentliches Lehrfach. Die Anerkennung als Religionsgemeinschaft ist eine Voraussetzung dafür.

Rechtssicherheit wichtig

Burhan Kisici, Vorsitzender des Islamrats, rechnet mit Blick auf das Gerichtsurteil mit einer solchen Anerkennung als Religionsgemeinschaft. Was will sein Verband? "Uns ist vor allem Rechtssicherheit nach 2019 wichtig." Es müsse festgelegt werden, wie man nach der Übergangsphase "langfristig zusammenarbeitet und dass man dafür die entsprechenden Strukturen schafft", betont Kisici, der selbst Mitglied im Beirat ist. Die Nachfrage muslimischer Eltern sei riesig. Aktuell erhalten 19.400 muslimische Jungen und Mädchen in NRW an 234 Schulen islamischer Religionsunterricht.

Der Grünen-Politiker Volker Beck warnte unterdessen vor einer Anerkennung islamischer Verbände als Religionsgemeinschaft. "Bekämen die Verbände den Status einer Religionsgemeinschaft, würden diese in ihrem Bestand gefestigt, der staatliche Einfluss aus dem Ausland würde dauerhaft gesichert", sagte Beck dem "Kölner Stadt-Anzeiger" (Mittwochsausgabe). Einer neuen Generation junger Muslime in Deutschland würde die Möglichkeit verbaut, eine eigenständige Organisationsform für einen "deutschen Islam" aufzubauen, so Beck weiter.

"Vom Ausland gesteuert"

Beck sprach von einem "Showdown" der Religionspolitik in Deutschland. "Das Gericht muss einer Organisation, die von ausländischen Parteien oder Regierungen gesteuert wird, die Anerkennung als Religionsgemeinschaft versagen", so Beck.

Daher sollte die NRW-Regierung als Beklagte mit Beweisanträgen sicherstellen, dass das Gericht den Charakter der klagenden Verbände klärt. "Wird das versäumt, kann das unabsehbare Folgen für die Religionspolitik haben." Beck, der im Oktober aus dem Bundestag ausgeschieden war und nun als Lehrbeauftragter am "Centrum für religionswissenschaftliche Studien" (ceres) der Ruhruniversität Bochum tätig ist, bekräftigte seinen Vorwurf der Einflussnahme aus dem Ausland auf islamische Verbände wie die Türkisch-Islamische Union Ditib oder Milli Görüs. Letzterer geht deshalb inzwischen auch juristisch gegen Beck vor.

"Offensichtlich will Milli Görüs vor Gericht nicht nur positiv für die eigenen Rechte streiten, sondern kritische Nachfragen aus der Debatte verbannen", sagte Beck und erläuterte: "Seit 2016 gab es wiederholt gemeinsame politische Aktionen mit der Türkisch-Islamischen Union Ditib und anderen Verbänden unter der Ägide der türkischen Botschaft in Berlin oder des Kölner Generalkonsulats." Die Verbände hätten den Anspruch auf Anerkennung als Religionsgemeinschaft nach Ansicht von Fachleuten faktisch aufgegeben, weil sie offensichtlich vorrangig Politik für die türkische Regierung machten.

"Weiterentwicklung in Deutschland"

Inzwischen hat die wegen ihrer Nähe zur türkischen Regierung in die Kritik geratene Türkisch-Islamische Union (Ditib) will mit der türkischen Religionsbehörde Diyanet verbunden bleiben. Solange es Ditib gebe, werde der Verband mit der türkischen Behörde kooperieren, sagte Ditib-Generalsekretär Bekir Alboga auf dem Deutschen Islamforum am Dienstag in Frankfurt am Main. Dies heiße aber nicht, dass der deutsche Verband der verlängerte Arm der türkischen Regierung sei. Ditib werde sich in Deutschland weiterentwickeln.

Derzeit gebe es keine Alternative zur Finanzierung der Ditib-Imame durch die türkische Religionsbehörde, sagte Alboga. Deutsche Behörden hätten sogar Fördergeld für Integrationsprojekte gekürzt, weil der Generalbundesanwalt gegen einzelne Imame wegen Spionagevorwürfen für die türkische Regierung ermittele. Viele Moscheegemeinden könnten Imame nicht ausreichend bezahlen.

"Imame unterstehen Religionsbehörde"

Der Islam-Referent der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Helmut Wiesmann, sagte, dass das Problem der Verquickung von Ditib mit der türkischen Regierung sich in der Anstellung der Imame zeige. Die Imame seien nicht von dem deutschen Verband angestellt, sondern von der Religionsbehörde Diyanet und deren Anweisungen unterworfen.

So hätten Imame auch der Aufforderung des Leiters der Diyanet-Auslandsabteilung, Halife Keskin, Folge leisten müssen, Berichte über Gülen-Anhänger und -Einrichtungen aus europäischen Ländern abzuliefern. Die entsprechenden Imame hätten ihre Kompetenzen überschritten, sagte Generalsekretär Alboga. Sie seien abgezogen worden. Die öffentlich gewordenen Berichte seien eine interne Angelegenheit zwischen den einzelnen Imamen und der türkischen Religionsbehörde gewesen.


Volker Beck / © Roland Weihrauch (dpa)
Volker Beck / © Roland Weihrauch ( dpa )
Quelle:
KNA , epd , dpa
Mehr zum Thema