Restauratorinnen reinigen Figuren mit Laser-Licht Strahlend sauber

Neuer Glanz für die Engel

Im Bonner Münster werden derzeit die barocken Altäre restauriert. Weil die Alabasterfiguren besonders empfindlich sind, greifen die Fachfrauen zu einem neuartigen Gerät: Sie lasern den Schmutz einfach weg.

Autor/in:
Anita Hirschbeck
Bonner Münster im Portrait / © INTERPIXELS (shutterstock)
Bonner Münster im Portrait / © INTERPIXELS ( shutterstock )

Das Gerät sieht aus, als hätte es Han Solo von "Star Wars" zusammengeschraubt. Vom Staubsauger-artigen Körper schlängelt sich ein schwarzer Schlauch hin zu einem metallenen Kopf, der ein wenig an eine altmodische Kamera erinnert. Aus diesem Kopf kommt ein Laserstrahl, den Restauratorinnen im Bonner Münster so fein einstellen können, dass er selbst dünnste Schmutzablagerungen von den barocken Altären entfernt. "Das ist, wie wenn man langsam mit einem Pinsel drüberstreicht", beschreibt die Kölner Fachfrau Christina Verbeek das Gefühl bei der Arbeit und demonstriert die Methode am bereits fertig restaurierten Stadtpatronenaltar.

Seit 2018 wird das Bonner Münster grundrestauriert - auch die sieben barocken Altäre aus dem 17. und 18. Jahrhundert mit ihren Alabasterskulpturen. Das nachgiebige Material, das früher als billiger Ersatz für Marmor galt, lässt sich leicht bearbeiten, erklären Verbeek und ihre Kollegin Susanne Brinkmann. Anders als bei festem Marmor kann durch den cremig-weißen Alabaster zudem Licht scheinen, was ansprechende Effekte erzeugt.

Prinzip der Reflexion und Absorption

Das Problem: Alabaster ist sehr weich und verträgt keine Flüssigkeiten. "Dann wird er stumpf", sagt Verbeek. Die Herausforderung war also, die empfindlichen Teile an den Altären zu restaurieren, ohne sie zu berühren oder nass zu machen.

Hier kam der Laser ins Spiel. Etwa sechs Wochen bearbeiteten die Expertinnen den Stadtpatronenaltar von 1704 mit dem Staubsauger-artigen Gerät. Extrem dünne Schichten Schmutz trugen sie nach und nach ab. "Das Prinzip beruht auf Reflexion und Absorption" erklärt Verbeek. Vereinfacht gesagt: Der dunkle Schmutz nimmt die Lichtenergie des Lasers auf, erwärmt und dehnt sich, bis er schließlich verdampft. Der helle Alabaster darunter wirft das Licht einfach zurück.

Methode im Rheinland bislang einmalig

Laser werden in der Denkmalpflege schon seit Längerem eingesetzt, erklären die Restauratorinnen. Geräte wie das im Bonner Münster, die so fein eingestellt werden können, dass sie sogar einen Bleistiftstrich von einem Papier entfernen, erleben allerdings erst jetzt international ihren Durchbruch. Im Rheinland sei eine Reinigung dieser Art und in dieser Größenordnung im Denkmalbereich bislang einmalig, erklärt die Konservatorin des Erzbistums Köln, Anna Pawlik.

Erstmals arbeiteten Brinkmann und Verbeek mit dem Laser, als sie Wandmalereien in einer Grabkammer in Ägypten restaurierten. Dafür mussten sie erst nach einem geeigneten Gerät suchen. Zusammen mit dem Fraunhofer-Institut für Strahlentechnik und einer Herstellerfirma für Laser entwickelten sie schließlich den "CL20 Backpacklaser".

Stadtdechant von Ergebnis zu Tränen gerührt

Mit dessen Ergebnissen zeigt sich der Bonner Stadtdechant Wolfgang Picken zufrieden. Als er in den späten 1980er Jahren als Student das Münster besuchte, habe er nicht geglaubt, dass die Figuren mit ihrem dunklen Schmutzschleier tatsächlich aus Alabaster sind, erzählt er.

"Das sah so Grau in Grau wie Marmormasse aus." Als er nun die ersten fertig bearbeiteten Teile einer Engelsskulptur gesehen habe, sei er zu Tränen gerührt gewesen. "Jetzt sehen Sie plötzlich wieder dieses marmorierte, fluoreszierende, helle Alabaster", sagt Picken. "Das passt auch gut zum Engel als einem transzendenten Wesen."

Innenraum soll im November fertig sein

Insgesamt 130.000 Euro kosteten die Arbeiten allein am Stadtpatronenaltar, wobei rund die Hälfte des Geldes für das Umsetzen nötig war. Stand der gut acht Tonnen schwere Altar früher in einer dunklen Nische, blickt der Besucher künftig direkt vom Hauptportal aus auf das Ensemble. Finanziert hat die Umsetzung und Restaurierung der Münster-Bauverein über Spenden.

Der Stadtpatronenaltar, dessen zentrales Ölgemälde die Bonner Schutzheiligen Cassius und Florentius zeigt, ist der erste von sieben barocken Altären, die per Laser restauriert werden. Im November soll der Innenraum des Münsters fertig sein. Spätestens dann soll sich der Schmutzschleier über dem Alabaster im wahrsten Sinne des Wortes in Luft aufgelöst haben.


Baustelle Bonner Münster / © Ann-Kathrin Heep (DR)
Baustelle Bonner Münster / © Ann-Kathrin Heep ( DR )

Der Innenraum des Bonner Münsters ist eine Baustelle / © Ann-Kathrin Heep (DR)
Der Innenraum des Bonner Münsters ist eine Baustelle / © Ann-Kathrin Heep ( DR )
Quelle:
KNA
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