Katholiken und Protestanten feiern friedlich mit- und nebeneinander

Glosse: Fronleichnam und Evangelischer Kirchentag - Geht das?!

Tausende Protestanten mit orangenen Fahnen und Tüchern bevölkern dieser Tage die Kölner Straßen und Plätze. Im Vorfeld des Kirchentages war durchaus Skepsis vorhanden: "Warum müssen die Evangelen denn unbedingt ihren Kirchentag in Köln feiern und warum ausgerechnet an Fronleichnam, dem katholischen Feiertag?" Würde ein "orangener Block" die Prozession stören, würden sich gar Protestanten in die Eucharistie-Schlange beim Hochamt mogeln? Nun steht fest, alles blieb friedlich, allerdings gab es schon den ein oder anderen kleinen Zwischenfall ...

 (DR)

"Ich ben Grieche, Türke, Jude, Moslem un Buddhist. Mir all mir sin nur Minsche, vür'm Herrgott simmer glich." Das singt die Mundartgruppe "Bläck Fööss" und daran glaubt der Kölner auch. Da lebt in Vierteln wie Nippes, Kalk und Ehrenfeld eine bunte Mischung aus Religionen und Nationalitäten und da wird eine große Moschee bald mit ihren beiden über 50 Meter hohen Minaretten dem Dom Konkurrenz machen. Alles kein Problem für diesen Meltingpot am Rhein.

Da demonstrieren auf der Domplatte tagein, tagaus Hartz 4-Empfänger neben Kurden, Zeugen Jehovas und zu Salzsäuren erstarrten Falun Gong-Jüngern. Der Punk und der Skater nerven gemeinsam die um Ordentlichkeit und Sauberkeit bemühten Kölner Sittenwächter. Und keinen stört es. Bloß beim Thema "Protestantismus", da sind die Kölner empfindlich.

Kardinal Meisner, der Kölner Oberhirte, schickte im Vorfeld schon ein Grußwort an die Kirchentagsveranstalter und bemängelte, das Programm sei ihm zuviel "Leipziger Allerlei" und warnte davor "stundenlang zu salbadern". Worauf Kirchentagspräsident Höppner parlierte: "Ich komme ja aus Ostdeutschland, und deshalb kann ich versichern, Leipziger Allerlei ist ein ausgesprochen schmackhaftes Gericht. Das kann man nur als Lob auffassen." Unentschieden.

Bei den Auftaktgottesdiensten rieben sich dann viele kölsche Katholiken verwundert die Äuglein, so eine Liturgie kam ihnen doch sehr fremd vor: Eine Pastorin (!), langhaarige Gitarrenspieler, schunkelnde Mädchen, die riesige Buchstaben hochhielten. Für durch strenge Liturgie Trainierte war das doch sehr gewöhnungsbedürftig.

Der Abend der Begegnung war dagegen Ökumene pur. Wer weiß, wie viele der Feiernden da einfach mal Konkurrenz Konkurrenz haben sein lassen und zusammen gefeiert haben? Denn in Sachen Straßenfest sind die Kölner ganz groß. Ob Karneval, Ringfest, Marathon, Schwulenparade oder Weltjugendtag - unter einer Million Zaungäste geht es kaum - frei nach dem Motto "Levve und levve losse." Und das bunte Treiben gefiel auch am Mittwoch den Katholen. Denn "jeder Jeck ist anders" und so wurden die orangenen Protestanten genauso neugierig beäugt, wie am Tag darauf die Fronleichnamsprozession von den Kirchentagsbesuchern. Und nein, der befürchtete "orangene Block" stürmte nicht das Hochamt vom Kardinal. Auch wenn dieser in seiner Predigt den Kirchentag zwar mit keinem Wort erwähnte, um so deutlicher aber noch mal klar machte, dass es das von so vielen ersehnte gemeinsame Abendmahl mit ihm nicht geben werde. Rückendeckung aus Rom ist ihm da sicher.

Und so schallte es vor der Hl. Kommunion auch noch einmal aus den Lautsprechern: "Bitte drängen Sie nicht. Wer den Glauben an die bleibende Gegenwart des Herrn in der Eucharistie nicht teilt, weil er nicht katholisch ist, oder wer nicht entsprechend für den Empfang des Herren vorbereitet ist, ist eingeladen sich durch den Kommunionsspender segnen zu lassen. Bitte zeigen Sie dies durch eine Verneigung an." Das war deutlich und sorgte für bedröppelte Gesichter unter den Orangenen. Und auch die Fürbitte an die Glaubensbrüder- und Schwestern konnte unterschiedlich interpretiert werden: "Für alle, die am Evangelischen Kirchentag in unserer Kölner Domstadt teilnehmen, dass sie immer mehr hineinfinden in die Wahrheit deiner Person und sich neu hinwenden zu dir." Die Reaktionen waren gemischt.

Die kleine Rache folgte dann bald: Als die aus über 8.000 Gläubigen bestehende Prozession den Heumarkt passierte, fand die lautstarke Beschallung der dortigen Kirchentagsbühne mit Diskorythmen lange kein Ende. Ein Schelm, wer Böses dabei dachte ... Aber eines ist sicher: Am Abend beim Kölsch werden all die Unterschiede verschwinden.