Der Flüchtlingsbischof der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) Stefan Heße warnt vor einer zunehmenden Verlagerung der Verantwortung für Flüchtlinge auf ärmere Staaten und fordert einen Ausbau sicherer und legaler Aufnahmewege. "Statt einer immer weiter voranschreitenden Auslagerung von Verantwortung braucht es eine stärkere Unterstützung für Erstaufnahmeländer im Globalen Süden", schreibt der Hamburger Erzbischof in einem Gastbeitrag für die "Neue Osnabrücker Zeitung" am Samstag.
Heße kritisiert, dass humanitäre Aufnahmeprogramme angesichts der aktuellen weltpolitischen Lage unter Druck gerieten. "Abschottungstendenzen und drastische Kürzungen von Hilfsgeldern sorgen dafür, dass die Idee einer globalen Verantwortungsteilung grundsätzlich in Frage gestellt wird." Die Kirchen setzten dem ein anderes Verständnis entgegen und engagierten sich für internationale Zusammenarbeit und konkrete Solidarität, etwa durch die Unterstützung des staatlich-zivilgesellschaftlichen Resettlement-Programms "Neustart im Team", das Ende des Jahres auslaufe.
Heße sieht besonders Schwache in Not
Weltweit seien infolge von Krieg und Gewalt mehr als 122 Millionen Menschen auf der Flucht, so Heße. Die meisten suchten Schutz als Binnenvertriebene oder in Nachbarstaaten, häufig im Globalen Süden. Dort seien die Lebensbedingungen für Geflüchtete oft prekär, da viele Aufnahmeländer selbst von Armut, Instabilität und Konflikten betroffen seien.
Besonders schwierig ist die Lage laut dem Erzbischof für schutzbedürftige Gruppen wie Menschen mit Behinderungen oder chronischen Erkrankungen, traumatisierte Personen, unbegleitete Minderjährige sowie Opfer von Menschenhandel oder sexualisierter Gewalt. Für sie böten humanitäre Aufnahmeprogramme und Resettlement eine wichtige Perspektive, da sie eine legale und sichere Neuansiedlung in aufnahmebereiten Drittstaaten ermöglichten. Der Bedarf an solchen Programmen sei laut UN-Flüchtlingshilfswerk jedoch deutlich größer als die vorhandenen Plätze.
Bischof fordert weltweite Solidarität
Humanitäre Aufnahmeprogramme retteten Menschenleben und trügen zugleich zu mehr Stabilität und Ordnung bei, betonte Heße. Erfahrungen zeigten, dass die Einschränkung sicherer Wege häufig zu neuen und gefährlicheren Fluchtrouten führe. Flucht sei ein globales Phänomen, das mehr internationale Zusammenarbeit erfordere. "Unsere Verantwortung für Geflüchtete endet nicht an den deutschen oder europäischen Außengrenzen."