Flüchtlingsbischof Heße fordert Ausbau sicherer Aufnahmeprogramme

"Verantwortung endet nicht an Außengrenzen"

Weltweit sind mehr als 122 Millionen Menschen auf der Flucht. Doch viele westliche Staaten schotten sich zunehmend ab und kürzen ihre humanitären Aufnahmeprogramme stark. Für Erzbischof Stefan Heße ist das keine Lösung.

Erzbischof Stefan Heße / © Maximilian von Lachner (DBK)
Erzbischof Stefan Heße / © Maximilian von Lachner ( DBK )

Der Flüchtlingsbischof der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) Stefan Heße warnt vor einer zunehmenden Verlagerung der Verantwortung für Flüchtlinge auf ärmere Staaten und fordert einen Ausbau sicherer und legaler Aufnahmewege. "Statt einer immer weiter voranschreitenden Auslagerung von Verantwortung braucht es eine stärkere Unterstützung für Erstaufnahmeländer im Globalen Süden", schreibt der Hamburger Erzbischof in einem Gastbeitrag für die "Neue Osnabrücker Zeitung" am Samstag.

Flüchtlingsboot auf dem Mittelmeer im März 2019, in der Nähe von Lybien / © AlejandroCarnicero (shutterstock)
Flüchtlingsboot auf dem Mittelmeer im März 2019, in der Nähe von Lybien / © AlejandroCarnicero ( shutterstock )

Heße kritisiert, dass humanitäre Aufnahmeprogramme angesichts der aktuellen weltpolitischen Lage unter Druck gerieten. "Abschottungstendenzen und drastische Kürzungen von Hilfsgeldern sorgen dafür, dass die Idee einer globalen Verantwortungsteilung grundsätzlich in Frage gestellt wird." Die Kirchen setzten dem ein anderes Verständnis entgegen und engagierten sich für internationale Zusammenarbeit und konkrete Solidarität, etwa durch die Unterstützung des staatlich-zivilgesellschaftlichen Resettlement-Programms "Neustart im Team", das Ende des Jahres auslaufe.

Heße sieht besonders Schwache in Not

Weltweit seien infolge von Krieg und Gewalt mehr als 122 Millionen Menschen auf der Flucht, so Heße. Die meisten suchten Schutz als Binnenvertriebene oder in Nachbarstaaten, häufig im Globalen Süden. Dort seien die Lebensbedingungen für Geflüchtete oft prekär, da viele Aufnahmeländer selbst von Armut, Instabilität und Konflikten betroffen seien.

Besonders schwierig ist die Lage laut dem Erzbischof für schutzbedürftige Gruppen wie Menschen mit Behinderungen oder chronischen Erkrankungen, traumatisierte Personen, unbegleitete Minderjährige sowie Opfer von Menschenhandel oder sexualisierter Gewalt. Für sie böten humanitäre Aufnahmeprogramme und Resettlement eine wichtige Perspektive, da sie eine legale und sichere Neuansiedlung in aufnahmebereiten Drittstaaten ermöglichten. Der Bedarf an solchen Programmen sei laut UN-Flüchtlingshilfswerk jedoch deutlich größer als die vorhandenen Plätze.

Bischof fordert weltweite Solidarität

Symbolbild Humanitäre Hilfe / © addkm (shutterstock)

Humanitäre Aufnahmeprogramme retteten Menschenleben und trügen zugleich zu mehr Stabilität und Ordnung bei, betonte Heße. Erfahrungen zeigten, dass die Einschränkung sicherer Wege häufig zu neuen und gefährlicheren Fluchtrouten führe. Flucht sei ein globales Phänomen, das mehr internationale Zusammenarbeit erfordere. "Unsere Verantwortung für Geflüchtete endet nicht an den deutschen oder europäischen Außengrenzen."

Zahlen zur Katholischen Flüchtlingshilfe 2024

Die Katholische Flüchtlingshilfe in Deutschland hat im vergangenen Jahr nach eigenen Angaben 492.000 Schutzsuchende unterstützt. Für die Flüchtlingshilfe 2024 hätten die 27 Bistümer und Erzbistümer, Hilfswerke und Militärseelsorge 84,4 Millionen Euro aufgebracht, teilte die Deutsche Bischofskonferenz in Bonn anlässlich des neunten Katholischen Flüchtlingsgipfels in Mainz mit. 

Der größere Teil mit 50,3 Millionen Euro sei auf die internationale Flüchtlingshilfe entfallen. Für die Arbeit im Inland seien 34,1 Millionen Euro aufgewendet worden.

Flüchtlinge auf der Balkanroute  / © Ajdin Kamber (shutterstock)
Flüchtlinge auf der Balkanroute / © Ajdin Kamber ( shutterstock )

 

Quelle:
KNA