Ordensfrau dokumentiert mit Fotos die Kriegsschäden am Kölner Dom

Ausstellung zeigt (fast) vergessene Bilder

Als Röntgenschwester kannte sie sich mit der Belichtung von Fotoplatten aus. Schwester Margarita Neiteler war auch eine leidenschaftliche Fotografin. Ihre Bilder vom zerstörten Dom nach 1945 sind jetzt in einer Ausstellung zu sehen.

Autor/in:
Johannes Schröer
Innenraum der Kölner Kathedrale nach dem Krieg fotografiert von Schwester Margarita Neiteler / © Rheinisches Bildarchiv Köln / Margarita Neiteler (Rheinisches Bildarchiv Köln)
Innenraum der Kölner Kathedrale nach dem Krieg fotografiert von Schwester Margarita Neiteler / © Rheinisches Bildarchiv Köln / Margarita Neiteler ( Rheinisches Bildarchiv Köln )

Über eine Stunde war sie zu Fuß unterwegs – schwer bepackt mit ihrer Fotoausrüstung. Die alte Plattenkamera mit den Glasplatten und dem Stativ wog über 13 Kilo. Schwester Margarita Neiteler schleppte kurz nach Kriegsende ihre Kamera vom Elisabeth-Krankenhaus in Hohenlind, wo sie als Röntgenschwester arbeitete, zum Kölner Dom.

Schwester Margarita Neiteler  / © Manfred Linke (privat)
Schwester Margarita Neiteler / © Manfred Linke ( privat )

Der Auftrag der Dombauhütte, die Kriegsschäden der Kathedrale fotografisch zu dokumentieren, faszinierte sie. Die Schwester im flatternden Nonnen-Habit mit der sperrigen Kamera zu Fuß unterwegs im zerstörten Köln, allein das ist schon ein Bild für die Götter.

Dass jetzt ihre Fotos vom zerbombten Dom wieder aufgetaucht sind und in einer Ausstellung in der Galerie der Kölner Michael Horbach-Stiftung zu sehen sind, ist Manfred Linke zu verdanken. Die fotografierende Nonne Margarita Neiteler ist die Schwester seiner Schwiegermutter, also eine angeheiratete Tante von ihm. 

In Bildarchiven und im Familienarchiv fand er nicht nur die vergessenen Fotos, sondern auch zahlreiche Briefe von Schwester Margarita. In denen erzählt sie von ihrer Arbeit als "Dom-Fotografin" und auch davon, wie sie 1948 das neue, vom Künstler Matare gestaltete Südportal aufnehmen sollte. Für die optimale Perspektive habe sie ein Gerüst benötigt, das Mitarbeiter der Dombauhütte extra für sie aufgebaut hätten. Weiter schreibt sie: „In einer Stunde war es fertig und ich kletterte tapfer mit meinem 13-kg-Apparat und flatterndem schwarzen 'Photographen-Tuch' und flatterndem Schleier hinauf".

Blick vom Dom auf den zerstörten Bahnhof fotografiert von Schwester Margarita Neiteler / © Rheinisches Bildarchiv Köln / Margarita Neiteler (Rheinisches Bildarchiv Köln)
Blick vom Dom auf den zerstörten Bahnhof fotografiert von Schwester Margarita Neiteler / © Rheinisches Bildarchiv Köln / Margarita Neiteler ( Rheinisches Bildarchiv Köln )

"Sie war wahrscheinlich die einzige Kölner Fotografin, die rund um das Kriegsende am und im Dom fotografierte", sagt Manfred Linke: "In ihren Fotografien spürt man, dass sie tief im Glauben verwurzelt war". Trotz aller Trümmer und Zerstörung bewahrt der Dom auf den Bildern eine Würde. "Neiteler hielt in ihren Aufnahmen sorgfältig die Schäden am Bauwerk fest und betonte zugleich sehr gekonnt die Majestät des Erhaltenen in seiner Raum- und Lichtwirkung", sagt auch die Kunsthistorikerin Johanna Gummlich.

Margarita Neiteler konnte sich im Dom frei bewegen. Zwischen den Trümmern und Gerüsten hat sie ihre Kamera aufgebaut. Zu sehen sind auch die vielen Arbeiter, die hier tätig waren. Und sie hat aus den Fenstern der Kathedrale das zerstörte Domumfeld abgelichtet. Mit Erschrecken sieht man, wie sehr Köln in Trümmern lag. Manfred Linke sagt, das erinnere ihn an aktuelle Kriegsgebiete und zeige sehr nah und mahnend, welches Unheil Kriege anrichten. 

Die einzigartigen Aufnahmen werden heute im Bestand des Historischen Archivs mit Rheinischem Bildarchiv aufbewahrt und sind bis zum 18. Januar in der Kölner Michael Horbach-Stiftung zu sehen. In einem ihrer Briefe fragt Schwester Margarita augenzwinkernd, ob sie für ihren Einsatz einmal vom Papst heiliggesprochen werde? Die schlechteste Idee wäre das nicht – zumal durch so eine Heiligsprechung ihre bewegenden Bilder noch viel bekannter würden. 

Information der Redaktion: "Finding Margarita Neiteler - Die fotografierende Nonne", Kunsträume der Michael Horbach Stiftung, Wormser Straße 23 in 50677 Köln, Vernissage am 30.11 von 13.00 bis 17.00 Uhr, sonst geöffnet mittwochs und freitags von 15.30 bis 18.30 Uhr sowie sonntags von 11.00 bis 14.00 Uhr, Heiligabend und Silvester geschlossen. Eintritt frei. 

Stationen der Kölner Domgeschichte

1248 Grundsteinlegung für den gotischen Neubau unter Erzbischof Konrad von Hochstaden.

1322 Chorweihe; allmählich entstehen die unteren Teile von Mittelschiff, Querhäusern und Seitenschiffen sowie der Südturm bis zu einer Höhe von 59 Metern.

1560 Einstellung des Baubetriebs.

1794 Nach dem französischen Einmarsch dient der Torso des Doms als Futtermagazin und Gefangenenlager.

1815 Nach den napoleonischen Befreiungskriegen wird der Kölner Dom für die Romantiker zu einem Symbol der deutschen Nationalbewegung.

Blick auf den Kölner Dom / © Wondervisuals (shutterstock)
Blick auf den Kölner Dom / © Wondervisuals ( shutterstock )
Quelle:
DR

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