Vor einigen Jahren sorgte ein ungewöhnlicher Vorfall aus Polen für Schlagzeilen: 2019 rief ein Priester die Polizei, weil ein 13-Jähriger während der Messfeier die Kommunion aus dem Mund genommen und in die Hosentasche gesteckt hatte. Der Geistliche bemerkte das auffällige Verhalten und bat den Jugendlichen, die Hostie zu verzehren oder sie wieder zurückzugeben.
Weil der Messbesucher sich nicht darauf einlassen wollte und nicht schlüssig erklären konnte, warum er die Kommunion wieder ausgespuckt hatte, kam es zu einem Eklat in der Kirche im polnischen Bełchatów bei Łódź. Der Jugendliche versuchte zudem, mehrere Male aus dem Gotteshaus zu verschwinden. Der Priester hielt ihn daraufhin fest und rief kurzerhand die Polizei.
Dauerhaft und real präsent
Das auf den ersten Blick brüske Verhalten des Geistlichen wird verständlich, wenn man die Lehre der katholischen Kirche über die Eucharistie kennt: Während der Heiligen Messe werden Brot und Wein zu Leib und Blut Christi gewandelt. Durch das vom Priester gesprochene Hochgebet verändern sich zwar nicht das Erscheinungsbild oder die chemische Zusammensetzung dieser Lebensmittel – doch für einen gläubigen Katholiken werden sie in der Messfeier weitaus mehr als das. Die eucharistischen Gaben werden gewandelt, sodass Jesus Christus dauerhaft und real in ihnen präsent ist.
Genau aus diesem Grund ist es nach kirchlichem Verständnis bei Weitem keine Lappalie, wenn eine gewandelte Hostie nach dem Empfang der Kommunion nicht verzehrt, sondern einfach mitgenommen wird. Vielmehr ist es eine Entweihung des Leibes Christi. Außerdem kann solches Verhalten die religiösen Gefühle von Katholikinnen und Katholiken stark verletzen. Im Kirchenrecht steht sogar eine sehr hohe Strafe auf einen unangemessenen Umgang mit der Kommunion.
"Wer die eucharistischen Gestalten wegwirft oder in sakrilegischer Absicht entwendet oder zurückbehält, zieht sich die dem Apostolischen Stuhl vorbehaltene Exkommunikation als Tatstrafe zu", heißt es im kirchlichen Gesetzbuch "Codex Iuris Canonici" in Canon 1382. Der Ausschluss aus der kirchlichen Gemeinschaft kann also die Strafe für solche Handlungen sein. Für geweihte Amtsträger steht dafür sogar die Entlassung aus dem Klerikerstand im Raum.
Nur wenige Fälle unwürdigen Umgangs mit Kommunion
Im kirchlichen Alltag sind Vorfälle, wie der zuvor erwähnte Eklat aus Polen, jedoch nicht besonders zahlreich – das gilt auch für den Kölner Dom. Dompropst Guido Assmann ist es wichtig, zu betonen, dass es nicht viele Fälle unwürdigen Umgangs mit der Kommunion in der Kathedrale des Erzbistums Köln gibt. Einzelne Vorfälle würden aber durchaus vorkommen, so Assmann. Im Dom achte man sehr darauf, "dass die Kommunion würdig empfangen und noch im Beisein des Priesters in den Mund gelegt wird". Sollte der Priester unsicher sein, spreche er die Person an und frage freundlich nach, "damit kein sakraler Frevel geschieht".
"Sollte sich herausstellen, dass die Person nicht den katholischen Glauben an die Gegenwart des Herrn in der Eucharistie teilt, spendet der Priester den Segen", erklärt Assmann. Bei den großen Gottesdiensten im Kölner Dom würden zudem seitlich zwei Domschweizer neben den Kommunionspendern stehen – "sozusagen als Ehrendienst für den Herrn". Sie würden diskret darauf achten, "dass die Kommunion würdig empfangen und nicht mitgenommen wird".
Sollte in diesem Punkt Unsicherheit bestehen, würden sie dem Empfänger nachgehen und ihn ansprechen. "Dabei ist Fingerspitzengefühl wichtig, denn manchmal ist man unsicher, ob die Kommunion in den Mund gelegt worden ist oder nicht." Man wolle einen gläubigen Empfänger der Kommunion schließlich nicht bloßstellen, so Dompropst Assmann.
"Das ist sehr hilfreich"
Um Verwirrung und peinlichen Momenten bei der Kommunionspendung vorzubeugen, gibt es an den Sonntagen und bei den vielbesuchten Messfeiern an Feiertagen im Kölner Dom Ansagen auf Deutsch und Englisch, die auf den Kommunionempfang hinweisen. Es wird dabei auch über die Möglichkeit informiert, sich segnen zu lassen. "Das ist sehr hilfreich", sagt Assmann. "Insgesamt sind die Menschen, die als Touristen kommen und unseren Glauben nicht teilen, sehr dankbar für einen freundlichen Hinweis und zeigen Respekt."
Bereits in der Liturgie der Heiligen Messe ist zudem ein kurzer Dialog der Kommunionspendung vorangestellt, um die wirkliche Gegenwart Jesu in der Eucharistie in Erinnerung zu rufen. Der Priester zeigt dem Gläubigen die Hostie und sagt: "Der Leib Christi". Die Antwort des Gläubigen lautet "Amen", was so viel bedeutet wie: So ist es, ja, das glaube ich.
"Dieses kurze Glaubensbekenntnis ermöglicht es dem Priester, die heilige Kommunion zu spenden, entweder in die Hand oder in den Mund", erklärt Assmann. Für einen gläubigen Katholiken sei der Empfang der Kommunion in der Messfeier ein ganz besonderer Moment, weil sich Jesus Christus darin dem Menschen schenke.
Entweihung "auf unchristliche Art”?
Der Priester im polnischen Bełchatów hat wahrscheinlich genau aus diesem Grund den Jugendlichen angesprochen, der die gewandelte Hostie in die Hosentasche gesteckt hatte. Doch laut Zeitungsberichten hatte der Geistliche auch einen dunklen Verdacht: Er befürchtete, dass der Jugendliche die Hostie "auf unchristliche Art” entweihen wollte – denn der Vorfall fand wenige Tage vor Halloween statt. "Es kommt dann häufig vor, dass Gruppen von Menschen angeheuert werden, um Hostien zu stehlen, und es geschehen Entweihungen.”
In einer solchen Zeit müsse besondere Vorsicht gelten. Belegen ließ sich diese Annahme des Priesters jedoch nicht. Der 13-Jährige verzehrte schließlich in Anwesenheit der Polizei die Hostie und konnte die Kirche verlassen. Er gab an, Zahnschmerzen gehabt zu haben, weshalb er die Kommunion in die Hosentasche gesteckt hatte.