Am 30. November setzte Papst Leo XIV. seine Reise in Beirut, der Hauptstadt des Libanon, fort. Zum Auftakt seines knapp dreitägigen Aufenthalts im Libanon stehen am Sonntag vor allem politische Gespräche auf dem Programm. Er wolle eine Botschaft des Friedens in die Region bringen, hatte der Papst vorab erklärt. Das benachbarte Israel attackiert unterdessen weiterhin die islamistischen Milizen im Südlibanon und im Gazastreifen.
In der libanesischen Hauptstadt führt der Papst am Sonntagnachmittag Gespräche mit den politischen Repräsentanten der drei größten Religionsgemeinschaften. So trifft er Staatspräsident Joseph Aoun, einen Christen, den schiitischen Parlamentspräsidenten Nabih Berri und den sunnitischen Regierungschef Nawaf Salam. Am Abend hält der Papst im Präsidentenpalast eine Rede vor Repräsentanten aller politisch-konfessionellen Fraktionen des Landes.
Friedensappell inmitten der Krise
Am Montag sind zunächst Begegnungen mit maronitischen Gläubigen und Klerikern geplant. Sie gehören zur katholischen Kirche und bilden die größte christliche Konfession im Land. Am Nachmittag steht ein interreligiöses Gebetstreffen auf dem Programm. Daran nehmen muslimische und christliche Geistliche sowie Vertreter kleinerer Glaubensgemeinschaften teil. Da sich im Libanon gemäß der Verfassung die Religionsgemeinschaften die Macht teilen, haben solche Zeremonien auch große politische Bedeutung.
Am Montagabend will der Papst am Sitz des maronitischen Patriarchen zu christlichen Jugendlichen sprechen. Es wird erwartet, dass er sie auffordern wird, trotz Konflikte und schwerer wirtschaftlicher Krisen weiter im Land zu bleiben.
Gedenkzeremonie Abschluss im Libanon
Den größten Massenauftritt in Beirut hat Leo XIV. am Dienstagmittag. In der Nähe des Hafens will er vor rund 100.000 Menschen bei einem Gottesdienst unter freiem Himmel predigen. Frühere Päpste hatten bei vergleichbaren Gottesdiensten in Beirut programmatische Ideen für Religion und Politik im Libanon formuliert. Zuvor sind am Dienstag ein Besuch in einem katholischen Krankenhaus sowie eine Gedenkzeremonie am Hafen von Beirut vorgesehen. Dort kamen im August 2020 bei einem Explosionsunglück mehr als 200 Menschen ums Leben, etwa 7.000 wurden zum Teil schwer verletzt.
Papst Leo XIV. wird in seiner Rede die Bedeutung des Libanons als Modell für den interreligiösen Dialog und die friedliche Koexistenz hervorheben. Am Abend wird er seine Rückreise nach Rom antreten, wo er nach einer intensiven Woche voller diplomatischer und religiöser Begegnungen erwartet wird.
Vier Tage in der Türkei
Der erste Teil seiner Reise hatte Papst Leo XIV. in die Türkei geführt, wo er gemeinsam mit Vertretern anderer christlicher Konfessionen an das Konzil von Nizäa vor 1.700 Jahren erinnerte.
In Istanbul traf er hochrangige Vertreter der verschiedenen christlichen Konfessionen, darunter den Ökumenischen Patriarchen Bartholomäus I., mit dem er in der Georgskathedrale eine Messe feierte. Bei dieser Gelegenheit betonte Papst Leo, dass die Einheit aller Christen eine Priorität seines Amtes sei. Es sei das Ziel, die volle Gemeinschaft "aller, die im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes getauft sind", zu erreichen. Die Teilnehmer der Messe, darunter Vertreter aus mehr als 20 christlichen Kirchen, hoben die Bedeutung dieses Gedenkens für die christliche Gemeinschaft hervor.
Am Samstag fand zudem ein Gespräch zwischen Papst Leo und führenden Persönlichkeiten der syrisch-orthodoxen Kirche statt. Der Papst schlug vor, ein weiteres Treffen zur Einheit der Christen im Jahr 2033 in Jerusalem zu organisieren, dem Jahr, in dem die katholische Kirche ein "Heiliges Jahr der Erlösung" begehen möchte. In derselben Woche unterzeichneten Papst Leo und Patriarch Bartholomäus I. eine Erklärung, die das gemeinsame Ziel der Christen um Einheit bekräftigte.
Messe in Volkswagen Arena
Am Samstagabend feierte Leo eine Heilige Messe in der Volkswagen Arena in Istanbul, die etwa 4.000 Menschen Platz bietet. Laut Vatikan leben in der Türkei rund 33.000 katholische Christen, etwa 180.000 Menschen sollen Schätzungen zufolge Anhänger einer christlichen Kirche sein. Die Mehrheit der 85,8 Millionen Einwohner ist muslimisch.
Leo betonte Einheit mit Armeniern
Am Samstagvormittag besuchte der Papst Papst die Sultan-Ahmed-Moschee - auch bekannt als Blaue Moschee. Damit zeigte er ein starkes Zeichen des Dialogs zwischen den Religionen. Bei einem Gebetstreffen mit dem Patriarchen der Armenischen Apostolischen Kirche lobte Leo das "mutige christliche Zeugnis des armenischen Volkes im Laufe der Geschichte, oft inmitten tragischer Umstände".
Während seines Aufenthalts hat Papst Leo den Völkermord an den Armeniern nicht explizit angesprochen. Zwischen 1915 und 1918 wurden im damaligen Osmanischen Reich bis zu 1,5 Millionen Armenier und Angehörige anderer christlicher Minderheiten getötet.
Leos Vorgänger Papst Franziskus hatte bei seiner Reise nach Armenien 2016 die Armenier dazu aufgerufen, das Gedenken an den Völkermord für Friedensbemühungen zu nutzen. Bereits ein Jahr zuvor hatte er die Massaker an den Armeniern als "ersten Völkermord des 20. Jahrhunderts" bezeichnet. Die Türkei hatte daraufhin ihren Botschafter beim Heiligen Stuhl nach Ankara einberufen.