Warum Papst Leos dritter Tag in der Türkei ein Kontrastprogramm war

Zwischen Moschee und heiliger Messe

Die Tage von Papst Leo in der Türkei sind geprägt von interreligiösen und ökumenischen Gesten. Am dritten Tag besuchte er eine Moschee, betete mit orthodoxen Christen und feierte danach eine katholische Messe in einer Mehrzweckhalle.

Autor/in:
Sabine Kleyboldt
Papst Leo XIV. grüßt am 28. November 2025 Menschen vor der Kathedrale des Heiligen Geistes in Istanbul. / © Lola Gomez/CNS photo (KNA)
Papst Leo XIV. grüßt am 28. November 2025 Menschen vor der Kathedrale des Heiligen Geistes in Istanbul. / © Lola Gomez/CNS photo ( KNA )

Von einer Moschee aus dem 17. Jahrhundert bis hin zu einer Mehrzweckhalle aus 2014: Der dritte Reisetag von Papst Leo XIV. in der Türkei war nicht nur architektonisch kontrastreich. Am Morgen hatte er in Istanbul die prachtvolle Sultan-Ahmed-Moschee besucht, jene "Blaue Moschee", die in Sichtweite der ebenso pittoresken wie umstrittenen Hagia Sophia liegt. Diese einstige Kirche stand nicht auf Leos Programm; 2020 hatte Präsident Recep Tayyip Erdogan das vormalige Museum zur Moschee umwidmen lassen.

Papst Leo XIV. in der Blauen Moschee / © Vatican Media/Romano Siciliani (KNA)
Papst Leo XIV. in der Blauen Moschee / © Vatican Media/Romano Siciliani ( KNA )

Anders als seine beiden Vorgänger im Papstamt und anders als von vielen im Vatikan erwartet verzichtete Leo XIV. in der Blauen Moschee auf ein stilles Gebet. Er habe den Besuch "schweigend, in einem Geist der Sammlung und mit tiefem Respekt für den Ort und den Glauben derer besucht, die sich dort zum Gebet versammeln", teilte der Vatikan anschließend mit. Der Muezzin des berühmten muslimischen Bethauses, Askin Musa Tunca, der den Papst herumgeführt hatte, hüllte seine mögliche Enttäuschung in Pragmatismus: Allah habe die Völker zur Begegnung aufgerufen, daher sei er "sehr glücklich" über Leos Besuch.

Gemeinsame Erklärung mit Bartholomaios

Anschließend traf der Papst in der erst 2023 geweihten syrisch-orthodoxen Mor-Ephrem-Kirche Vertreter mehrerer christlicher Kirchen und Konfessionen. Dann vollzog Leo zum zweiten Mal innerhalb von zwei Tagen mit dem orthodoxen Patriarchen Bartholomaios I. eine hochsymbolische ökumenische Geste: In dessen Patriarchenpalast, einem um 1600 errichteten Bauwerk, unterzeichneten beide Kirchenoberhäupter eine gemeinsame Erklärung zur Einheit der Christen. 

Papst Leo XIV. und Bartholomaios I., griechisch-orthodoxer Ökumenischer Patriarch von Konstantinopel und Ehrenoberhaupt der Weltorthodoxie, unterzeichnen eine gemeinsame Erklärung am 29. November 2025 in der Patriarchatspalast in Istanbul (Türkei). / © Vatican Media/Romano Siciliani (KNA)
Papst Leo XIV. und Bartholomaios I., griechisch-orthodoxer Ökumenischer Patriarch von Konstantinopel und Ehrenoberhaupt der Weltorthodoxie, unterzeichnen eine gemeinsame Erklärung am 29. November 2025 in der Patriarchatspalast in Istanbul (Türkei). / © Vatican Media/Romano Siciliani ( KNA )

Darin rufen sie zudem "alle Menschen guten Willens" zu Frieden und Naturschutz auf. Am Freitag hatte Leo mit dem Ehrenoberhaupt der Weltorthodoxie und Vertretern von mehr als 20 anderer christlicher Kirchen und Gemeinschaften ein Gedenken an das Konzil von Nizäa vor 1.700 Jahren abgehalten, bei dem das bis heute gültige Glaubensbekenntnis formuliert wurde.

Charmeoffensive mit Kerzenleuchtern und Pflanzen

Nach dem Treffen am Samstag im Istanbuler Stadtteil Phanar ging es für Leo schnurstracks weiter zur etwa zehn Kilometer entfernten Volkswagen Arena. Die 2014 eröffnete Halle dient sonst der Basketballmannschaft des Darüssafaka SK Istanbul als Austragungsort ihrer Ligaspiele. Für den Besuch des Oberhaupts der katholischen Christenheit wurde eine Altarbühne mit einem riesigen erleuchteten Kreuz aufgebaut. Eine ganze Armada an Grünpflanzen sollte dem Schauplatz den Charme einer Mehrzweckhalle nehmen. Schon Stunden vorher waren viele der 4.000 Plätze belegt, Gruppen aus Polen, Nord- und Südamerika stimmten Gesänge an. 

Altarbühne mit einem riesigen erleuchteten Kreuz in der Volkswagen Arena in Istanbul am 29. November 2025, vor dem Beginn eines Gottesdienstes mit Papst Leo XIV. / © Sabine Kleyboldt (KNA)
Altarbühne mit einem riesigen erleuchteten Kreuz in der Volkswagen Arena in Istanbul am 29. November 2025, vor dem Beginn eines Gottesdienstes mit Papst Leo XIV. / © Sabine Kleyboldt ( KNA )

Als sich mit etwas Verspätung die lange Prozession der Geistlichen mit dem Papst aus den Katakomben bewegte, wurde die Kulisse ohnehin unwichtig. Im lila Messgewand, seinen päpstlichen Hirtenstab in der Rechten und die Mitra auf dem Haupt, betrat Leo unter orientalisch anmutenden Klängen den improvisierten Altarraum. 

Viele Sprachen

Die liturgischen Texte und Gesänge waren nicht nur in Latein und Türkisch, sondern auch in Englisch, Arabisch und Srilankesisch, schließlich sind viele Katholiken in der Türkei Arbeitsmigranten aus anderen Ländern. Ein aus Mitgliedern der verschiedenen Pfarreien in Istanbul zusammengesetzter Chor sorgte für strahlenden Klang am nüchternen Schauplatz. In seiner auf Englisch gehaltenen Predigt nutzte der Papst die nahe gelegenen Bosporus-Brücken als Bild: So wie diese die Kontinente verbinden, sollten sich die Katholiken um Einheit der Christen untereinander, mit anderen Religionen sowie allen Menschen bemühen.

"Lasst uns gemeinsam weitergehen und das zur Geltung bringen, was uns verbindet, um allen eine starke Botschaft der Hoffnung zu bringen." Dies sollten sie sich für die für die Adventszeit vornehmen, appellierte Leo XIV. an seine "kleine Herde". Etwa jeder siebte der insgesamt 33.000 Katholiken in der Türkei war anwesend. Am Ersten Adventssonntag, dem vierten und letzten Tag seiner Türkei-Reise, stehen für Leo XIV. ein Gebetsbesuch in der Armenisch-Apostolischen Kathedrale und ein Gottesdienst in der Patriarchalkirche mit dem ökumenischen Segen an - erneut mit Patriarch Bartholomaios. Danach geht es weiter in den krisengeplagten Libanon.

Papstreise in die Türkei und den Libanon

Am 27. November wird Leo XIV. zu seiner ersten Apostolischen Reise aufbrechen. Vatican News überträgt live und mit deutschem Kommentar – auf DOMRADIO.DE. Ein Überblick.

Donnerstag, 27. November 2025

15.20 Uhr: Treffen mit Behördenvertretern, Zivilgesellschaft und dem diplomatischen Korps im Präsidentenpalast

Freitag, 28. November 2025

9.20 Uhr: Gebetstreffen mit Bischöfen, Priestern, Diakonen, Ordensleuten und Pastoralarbeitern in der Heilig-Geist-Kathedrale

Papstreise
Papstreise
Quelle:
KNA