Archäologe Kopp skizziert Bedeutung von Nizäa für die Christenheit

"Hier wurde das Glaubensbekenntnis grundgelegt"

Papst Leo XIV. besucht am Freitagnachmittag Iznik in der Türkei. Dort wurden vor 1700 Jahren beim Konzil von Nizäa die ersten Kirchenregeln formuliert. Archäologe Matthias Kopp kennt den Ort und beschreibt, was ihn so besonders macht.

Autor/in:
Lara Burghardt
Ausgrabungen des antiken Nizäa, Iznik   (shutterstock)

DOMRADIO.DE: Nizäa gibt es nicht mehr. Es ist untergegangen. Wie sieht es denn vor Ort aus und warum hat man das Konzil dort durchgeführt?

Matthias Kopp (Sprecher der Deutschen Bischofskonferenz und Archäologe): Das ist ein kleines "Kaff". Warum wird ein Konzil in einer Dorfstadt durchgeführt und nicht in einer großen Metropole? Damals war Konstantinopel noch nicht fertig gebaut und wahrscheinlich hat der Kaiser dann überlegt, dass der Ort Nizäa, der näher an der Provinz-Hausstadt Nikomedia liegt, der praktischere sei. 

Matthias Kopp

"2014 hat man durch eine Luftaufnahme die Umrisse einer riesigen Basilika im See entdeckt." 

Wir kennen Kirchen aus dem vierten Jahrhundert, auch in der archäologischen Substanz, die nachher durch einen See untergegangen sind. Und das Spektakuläre war, dass man 2014 durch eine Luftaufnahme die Umrisse einer dreischiffigen, riesigen Basilika im See entdeckt hat, die mittlerweile einigermaßen frei liegt, weil der Grundwasserspiegel des Sees zurückgegangen ist.

DOMRADIO.DE: Wie kann man sich das vorstellen?

Kopp: Es gibt einmal diese Basilika, von der man nicht sicher ist, ob dort wirklich das Konzil stattgefunden hat. Es gibt dann noch eine andere große Kirche, die Hagia Sophia-Kirche in Nizäa, die heutige Orhan-Moschee. Die ist sehr gut erhalten, aber deutlich kleiner als die Kirche, die man 2014 gesehen hat. 

Die Hagia Sophia-Kirche, heute Orhan-Moschee, aus dem 4.-5 Jh. in Iznik (shutterstock)
Die Hagia Sophia-Kirche, heute Orhan-Moschee, aus dem 4.-5 Jh. in Iznik / ( shutterstock )

Man sieht hier noch einen alten Kaiserpalast, gelegen auf einer großen Straße in Richtung Nikomedia. Und dieser Kaiserpalast ist typisch gebaut, wie man ihn auch aus Rom kennt – mit Backsteinziegeln, Zement dazwischen. Man kann auch Torbögen aus Travertin (Kalkstein, Anm. d. Red.) erkennen, also ein bisschen römische Stadt. 

Doch wo genau der Ort liegt, an dem das Konzil stattgefunden hat, darüber sind sich die Archäologen bis heute uneinig.

DOMRADIO.DE: Am Freitagnachmittag wird Papst Leo XIV. in Iznik an einem ökumenischen Gebetstreffen teilnehmen. Warum, glauben Sie, wurde genau dieser Ort dafür ausgewählt?

Kopp: Einmal, weil er praktisch lag – an einer größeren Straße zwischen dem wachsenden Konstantinopel und dem antiken Nikomedia. Und sicherlich auch deshalb, weil es für die aus dem asiatischen Raum zum Konzil anreisenden Bischöfe der einfachste Punkt war. Nizäa war von der römischen Seite aus nicht ganz einfach zu erreichen, das war ein langer Weg. Iznik liegt rund 140 Kilometer südöstlich von Istanbul, ist also auch nicht mal eben um die Ecke. 

Matthias Kopp

"Der Papst wird an einen Ort kommen, der archäologisch erschlossen worden ist."

Ausgrabungen von Nizäa im türkischen Iznik  (shutterstock)
Ausgrabungen von Nizäa im türkischen Iznik / ( shutterstock )

Der Papst wird an diesem Nachmittag an einen Ort kommen, der archäologisch erschlossen worden ist. Man kann eine ganze Menge von den Ausgrabungen sehen. Es ist ein großes Freilichtmuseum geworden. Und an dem See gibt es so ein Holzstegsystem, auf dem man laufen kann, um bis an die Ruinen heranzukommen. 

Ob es jetzt exakt die Kirche war, wo das Konzil damals stattgefunden hat, oder 100 Meter daneben, wo es vielleicht eine noch nicht ausgegrabene Kirche gibt, spielt keine Rolle. Für den Papst ist wichtig, an den Ort zu gehen, wo das Glaubensbekenntnis grundgelegt worden ist.

DOMRADIO.DE: Sie waren auch schon mal dort, richtig?

Matthias Kopp

"Die Entstehung des christlichen Glaubens hat in der Türkei stattgefunden."

Kopp: Ja, ich kenne den Ort gut, es ist ein sehr spannender Ort. Es hat ja nicht nur ein Konzil im Jahr 325 dort stattgefunden, sondern es gab 787 noch ein zweites Konzil. Deshalb glaube ich, ist dieser Ort einfach ganz wichtig. 

Die Türkei ist reich an Kulturschätzen, und wir müssen uns vor Augen halten, dass die Entstehung des christlichen Glaubens mit den ersten sieben – sogenannten – ökumenischen Konzilien in der Türkei stattgefunden hat. Nicht irgendwo in Rom, in Frankreich oder in Spanien.

Das Interview führte Lara Burghardt.

Erstes Ökumenisches Konzil in Nizäa

2025 wird ein wichtiges Jahr für die weltweite Christenheit. Gefeiert wird das 1.700. Jubiläum des Ersten Ökumenischen Konzils in Nizäa. 

Die Versammlung begann wahrscheinlich im Mai des Jahres 325 und war wegweisend für die Entwicklung des Christentums. Sie sollte theologischen Streit beilegen und die Einheit der Kirche fördern. 

Das Treffen behandelte zudem wichtige Fragen wie die Festlegung des Osterdatums. Seit dem Konzil kommen Bischöfe zusammen, um Glaubensfragen zu klären. Es gilt als die erste ökumenische Debatte der frühen christlichen Kirche.

Erstes Konzil von Nicäa im Jahr 325 (KNA)
Erstes Konzil von Nicäa im Jahr 325 / ( KNA )
Quelle:
DR

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