DOMRADIO.DE: Frau Dr. Becks, Sie haben das am Wochenende sicher verfolgt als Hüterin des Kölner Domschatzes. Wie sicher sind die Schätze hier?
Dr. Leonie Becks (Leiterin der Kölner Domschatzkammer): Ich war schockiert. Bei so einem großen Museum mit einer großen Anlage denkt man, es ist professionell gesichert.
DOMRADIO.DE: Welche Sicherheitssysteme haben Sie hier in der Domschatzkammer, um die Gegenstände zu sichern?
Becks: Wir hatten 1975 einen spektakulären Domschatzraub. Da ist etwas Ähnliches passiert. Die Schatzkammer war alarmgesichert, aber man ist durch einen Ventilatorschacht eingedrungen. Unglücklicherweise stand dort ein Gerüst, über das die Täter zu dem Schacht gelangen konnten.
Die heutige Schatzkammer ist im Jahr 2000 an einem neuen Ort eröffnet worden, und die Sicherheitssysteme entsprechen den modernsten Standards. Wir hoffen, dass so etwas nicht passiert, zumal wir unsere Anlagen ordnungsgemäß prüfen und instand halten. Aber ausschließen kann man das sicher nicht, dass es jemand versucht.
DOMRADIO.DE: 1995 gab es einen Vorfall, bei dem ein Vortragekreuz entwendet wurde. Wie konnte das passieren?
Becks: Die alte Schatzkammer war direkt vom Dom aus zugänglich, und das Kreuz war nicht in einer Vitrine ausgestellt, sondern nur mit einer Halterung gesichert. Diese Halterung wurde aufgebrochen und das Kreuz schnell entwendet – sogar durch die Kontrollen der Schweizer hindurch.
DOMRADIO.DE: Aber das Kreuz ist zurück.
Becks: Das Kreuz ist zurück. Man sagt, Kölner Ganoven bestehlen den Dom nicht. So ist das Kreuz einige Wochen später zurückgekommen.
DOMRADIO.DE: Die Domschatzkammer ist das eine, aber die Gegenstände im Dom selbst müssen ja auch gesichert werden. Der Dreikönigsschrein gilt als besonders geschützt. Den könnte man nicht einfach tragen?
Becks: Da müsste man schon eine Hebebühne mitbringen, um ihn herauszutragen. Der ist noch einmal zusätzlich gesichert.
DOMRADIO.DE: Andere Gegenstände sind nicht so gesichert. Es gab einmal den Diebstahl einer Blutreliquie von Johannes Paul II.
Becks: Ja, das ist vor einigen Jahren passiert. Man war gar nicht darauf eingestellt. Es war ein Verehrungsgegenstand, und man kam gar nicht auf die Idee, dass jemand diese Blutreliquie stehlen könnte.
DOMRADIO.DE: Können solche Schätze überhaupt weiterverkauft werden? Sie sind doch dokumentiert, wie auch die Schätze im Louvre.
Becks: Die Schätze aus dem Louvre kann man sicher nicht einfach verkaufen. Die Täter hier in dem Kölner Fall von 1975 haben die Edelsteine aus den Fassungen herausgebrochen und versucht, die Steine zu verkaufen. Das Material wurde barbarisch eingeschmolzen. Ich hoffe, dass das bei dem Louvre-Schatz nicht passiert.
DOMRADIO.DE: So etwas tut weh, wenn man bedenkt, dass solche Stücke auch Geschichte erzählen und dann zerstört werden.
Becks: Ja, das ist furchtbar. Die goldene Monstranz ist damals komplett zerstört worden. Sie ist heute rekonstruiert, aber viele Teile wurden beschädigt und mussten ersetzt werden. Das mindert den Wert des Objekts. Die Objekte selbst sind nicht zu verkaufen, weil sie bekannt und publiziert sind und auf dem freien Markt nicht absetzbar sind.
Das Interview führte Johannes Schröer.