280 Menschen mit Behinderung mischen mit den Maltesern Rom auf

Ein "Guten Morrrgen!" vom Papst Leo

Auch im Heiligen Jahr organisieren die deutschen Malteser eine Rom-Wallfahrt für Menschen mit Behinderung. In einer Stadt, die schon im Alltag Kraft kostet, eine besondere Herausforderung. Doch diese lohnt sich offenbar.

Autor/in:
Sabine Kleyboldt
Audienz mit Papst Leo XIV. im Rahmen der Wallfahrt des deutschen Malteser Hilfsdienstes für Menschen mit Behinderung in der Audienzhalle im Vatikan. / © Sabine Kleyboldt/KNA (KNA)
Audienz mit Papst Leo XIV. im Rahmen der Wallfahrt des deutschen Malteser Hilfsdienstes für Menschen mit Behinderung in der Audienzhalle im Vatikan. / © Sabine Kleyboldt/KNA ( KNA )

"Guten Morrrgen!" Mit romanisch rollendem Gruß auf Deutsch hat Leo XIV. sofort seine 700 Gäste für sich erobert. Viele Menschen in Rollstühlen blicken gebannt zum Pontifex auf der Bühne der Vatikanischen Audienzhalle. Er wolle unbedingt die Teilnehmer der Wallfahrt des Malteser Hilfsdienstes persönlich treffen, sagt der eng getaktete Papst auf Italienisch; um das Ave Maria wiederum mit ihnen auf Deutsch zu beten. Dann steigt Leo die Stufen hinab. 20 Minuten nimmt er sich Zeit. Mit jedem einzelnen Rollstuhlfahrer spricht er kurz.

"Ich durfte mit ihm ein Selfie machen!" Stolz zeigt Erika Edelmann ein Handyfoto mit Leo. Die alte Dame hat sich schick gemacht. "Das muss man doch für den Papst, auch wenn man im Rollstuhl sitzt." Unterstützt wird sie von Barbara Gößmann-Schmitt, die als Seelsorgerin an der 14. Wallfahrt für Menschen mit Behinderung des Malteser Hilfsdienstes (MHD) teilnimmt - "eine einmalige Erfahrung", schwärmt die Gemeindereferentin.

In 17 Bussen mit Blaulichteskorte durch Rom

Seit Montag sind rund 280 Menschen mit Behinderungen und etwa 400 Begleitpersonen aus 25 Bistümern mit den deutschen Maltesern in Rom unterwegs. Bis Freitag erkunden sie mit 17 Bussen den Vatikan, die Ewige Stadt und ihre Umgebung. Auf dem Programm stehen Besuche der Vatikanischen Gärten und des Malteser-Sitzes auf dem Aventin, Gottesdienste und das Passieren der Heiligen Pforten an den Papstbasiliken Petersdom, Sankt Paul vor den Mauern und dem Lateran - und eben die Papstaudienz.

Leere Rollstühle stehen an der Seite bei einem Gottesdienst für Teilnehmer der Wallfahrt nach Rom des deutschen Malteser Hilfsdienstes für Menschen mit Behinderung im Petersdom im Vatikan. / © Sabine Kleyboldt/KNA (KNA)
Leere Rollstühle stehen an der Seite bei einem Gottesdienst für Teilnehmer der Wallfahrt nach Rom des deutschen Malteser Hilfsdienstes für Menschen mit Behinderung im Petersdom im Vatikan. / © Sabine Kleyboldt/KNA ( KNA )

"Ich habe ihm auf Englisch gesagt, dass ich jeden Tag für ihn bete, und dass er zum Katholikentag nach Würzburg kommen soll", sagt Michael Lieb (66) sichtlich begeistert. Der blinde Mann lebt zusammen mit seiner Mutter (98) in einem Caritas-Pflegeheim in Würzburg. Hier in Rom hilft ihm Pfleger Joe. "Es klingt vielleicht komisch, aber Joe macht alles, was ich will", umreißt Michael Lieb eine Erfahrung, die viele der Menschen jeden Alters und mit unterschiedlichsten Einschränkungen hier schildern: Bei der Wallfahrt stehen einmal sie im Mittelpunkt.

"Ein Geben und Nehmen"

"Man meint vielleicht, wir Helfer seien die großen Retter oder liebevollen Engel, aber es ist ein Geben und Nehmen", betont MHD-Präsident Georg Khevenhüller. "Wir haben eine so schöne, sinnstiftende Tätigkeit und erfahren, was Nächstenliebe ist. Das ist die Hauptmotivation, warum auch so viele junge Leute zu uns kommen." Rund 40.000 Hauptamtliche zählen die Malteser und etwa 57.000 Ehrenamtliche - Tendenz steigend.

Dafür ist auch Malteser-Bundesseelsorger Bischof Heinrich Timmerevers dankbar. "Hier im wenig rollstuhlfreundlichen Rom mit seinen vielen Treppen, Bürgersteigen und engen Zugängen braucht es viel Geduld und helfende Hände", sagt der Bischof von Dresden-Meißen. "Das Zusammenspiel von Hauptamtlichen und Ehrenamtlichen ist wunderbar", so Timmerevers, der schon mindestens sieben Mal dabei war.

Malteser in Deutschland

Die Gemeinschaft der Malteser geht zurück auf ein vom seligen Gerhard gegründetes Hospiz in Jerusalem. Dessen Bruderschaft schlossen sich 1099 die ersten Ritter aus dem Abendland an. 1113 wurde der Orden vom Papst bestätigt. Durch die Jahrhunderte verlagerte sich der Hauptsitz über Rhodos nach Malta – daher der Name "Malteser" – und schließlich nach Rom. Ab 1310 wurde ein Hospital- und Sanitätswesen aufgebaut, das die weltweite Bekanntheit des Malteserordens begründete.

Eine Person mit einer Jacke des Malteser Hilfsdienstes, auf der das Logo mit dem Malteserkreuz angebracht ist, beim Gottesdienst zu Fronleichnam am 11. Juni 2020 in Köln. / © Harald Oppitz (KNA)
Eine Person mit einer Jacke des Malteser Hilfsdienstes, auf der das Logo mit dem Malteserkreuz angebracht ist, beim Gottesdienst zu Fronleichnam am 11. Juni 2020 in Köln. / © Harald Oppitz ( KNA )

Für die Sternwallfahrt, die die Malteser alle drei Jahre organisieren, ist eine generalstabsmäßige Planung unerlässlich. Und manchmal muss man auch improvisieren: Die Messe mit dem Paderborner Erzbischof Udo Markus Bentz in Sankt Paul vor den Mauern hatten die dortigen Verantwortlichen schlicht falsch im Kalender eingetragen. "Wir mussten dann knapp zwei Stunden warten", so der Erzbischof, der schon lange Malteser ist. "Unser Ausflug nach Castel Gandolfo fiel dann deutlich kürzer aus, aber die Stimmung war trotzdem großartig, wir haben auf dem Rückweg im Bus gesungen und viel Spaß gehabt."

"Man fühlt sich wie ein VIP"

Auf ihren Wegen durch Rom wird die riesige Buskolonne von einer Blaulicht-Eskorte der Polizei begleitet. "Man fühlt sich wie ein VIP", grinst Rainer Land (69) aus Aachen, pensionierter Maschinenbauer. Er unterstützt Mario Rademacher (53), denn der Lehrer für Deutsch als Fremdsprache ist sehbehindert. Auch wenn er Rom schon kennt und auch Italienisch spricht - die Gemeinschaft und die vielen neuen Erfahrungen machen ihm große Freude, wie Rademacher sagt.

Frederik Lücke (35) aus Herne ist schon zum vierten Mal dabei, Leo XIV. sein dritter Papst, den er mit den Maltesern erlebt. "Ich fahre mit, um mal den Kopf frei zu kriegen, auf andere Gedanken zu kommen und neue Leute kennenzulernen", sagt er. Nach der Messe im Petersdom schiebt Sarah Versen (21), angehende Anästhesie-Fachassistentin, seinen Rollstuhl. "Ich war froh, dass ich eine Woche Urlaub bekam, denn eigentlich geht das während der Ausbildung nicht so einfach", berichtet die junge Frau. Dass die Helfer und Helferinnen in diesen Tagen teils vor 5.00 Uhr aufstehen müssen, sei kein Problem. "Wir kriegen hier auch unheimlich viel zurück."

Hannelore Reinemuth, Teilnehmerin der Wallfahrt des deutschen Malteser Hilfsdienstes für Menschen mit Behinderung nach Rom, zwischen anderen Teilnehmern. / © Sabine Kleyboldt/KNA (KNA)
Hannelore Reinemuth, Teilnehmerin der Wallfahrt des deutschen Malteser Hilfsdienstes für Menschen mit Behinderung nach Rom, zwischen anderen Teilnehmern. / © Sabine Kleyboldt/KNA ( KNA )

Die Teilnehmerin mit der weitesten Anreise ist Hannelore Reinemuth (83) aus Kansas, 1964 in die USA ausgewandert. Für Leo XIV. hat sie "Peeps" gekauft, denn im Time Magazine hat sie gelesen, dass der in Chicago geborene Papst die typisch amerikanische Süßigkeit gerne isst. "Jetzt habe ich die Peeps im Bus liegen gelassen!", ärgert sie sich. Aber schon in drei Jahren fahren die Malteser wieder nach Rom - und zum Papst.

Quelle:
KNA