Adveniat-Geschäftsführer sieht Papst Leos Wurzeln in Lateinamerika

"Peru hat ihn geprägt"

Papst Leo XIV. steht seit vier Monaten an der Spitze der Kirche. Adveniat-Geschäftsführer Pater Martin Maier blickt auf die erste Zeit des neuen Papstes und erklärt, warum Leo trotz eigener Akzente in Kontinuität zu Franziskus steht.

Autor/in:
Dagmar Peters
Papst Leo XIV. / © Rocco Pettini (shutterstock)

DOMRADIO.DE: Wie ungewöhnlich ist es, dass nach dem Jesuiten Franziskus nun mit Leo wieder ein Ordensmann Papst geworden ist?

Pater Martin Maier SJ, Hauptgeschäftsführer von Adveniat. / © Julia Steinbrecht (KNA)
Pater Martin Maier SJ, Hauptgeschäftsführer von Adveniat. / © Julia Steinbrecht ( KNA )

Pater Martin Maier (Hauptgeschäftsführer des Lateinamerika-Hilfswerks Adveniat): In der Kirchengeschichte ist das nicht ungewöhnlich. Immer wieder wurden Ordensmänner zu Päpsten gewählt. Die Kardinäle haben nicht gezielt nach einem Ordensmann gesucht, sondern nach dem, der ihnen am geeignetsten erschien. So fiel die Wahl auf Kardinal Prevost, einen Augustiner. Über ihn ist vor Kurzem ein Interviewbuch erschienen mit dem Titel "Weltbürger und Missionar des 21. Jahrhunderts". Das charakterisiert ihn sehr gut.

DOMRADIO.DE: Merkt man Papst Leo seine Prägung als Augustiner an?

Pater Maier: Ja. Er selbst sagte, dass er Augustiner ist und es bleiben wird. Geprägt ist er durch die Spiritualität des Ordens, die auf Augustinus zurückgeht: eine intensive Verbundenheit mit Gott. "Unruhig ist mein Herz, bis es ruht in dir" – dieser Satz aus den Confessiones ist zentral. Wichtig ist auch das Gemeinschaftsleben. Papst Leo hat sogar darüber nachgedacht, im Vatikan mit Mitbrüdern zusammenzuleben. Die Augustiner sind ein missionarischer Orden und Prevost hat 18 Jahre in Peru als Missionar, Priester und Bischof verbracht.

DOMRADIO.DE: Welche Rolle spielt Lateinamerika für ihn?

Pater Martin Maier

"Er steht in Kontinuität mit Papst Franziskus, der eine arme Kirche für die Armen wollte."

Pater Maier: Er hat die peruanische Staatsbürgerschaft angenommen. Berührend war sein erster Auftritt auf der Loggia des Petersdoms. Dort sprach er spanisch, als er sich an seine frühere Diözese Chiclayo wandte. Peru ist für ihn prägend geworden.

In dem Interviewbuch wird deutlich, wie sehr ihn diese Zeit als Missionar, Ordensausbilder und Bischof geformt hat. Er hat die "Option für die Armen", die seit dem Zweiten Vatikanum leitend ist, sehr ernst genommen und gelebt. Damit steht er in Kontinuität mit Papst Franziskus, der eine arme Kirche für die Armen wollte.

DOMRADIO.DE: Hat er Lateinamerika auch in seinen ersten Monaten thematisiert?

Pater Martin Maier

"Er hat nicht die Segensfeiern selbst kritisiert, sondern dass manche Länder das Schreiben von Franziskus dazu nicht genau umsetzen."

Pater Maier: Seine persönlichen Kontakte dorthin bleiben. Über die erste Auslandsreise wird spekuliert – wahrscheinlich geht diese nach Nicäa zum Jubiläum des Konzils. Aber er empfängt immer wieder Gäste aus Lateinamerika, etwa die peruanische Präsidentin Dina Boluarte.

DOMRADIO.DE: Noch in diesem Herbst will Papst Leo ein apostolisches Schreiben veröffentlichen, das Franziskus vorbereitet hat. Es soll um Armut gehen. Wissen Sie Näheres?

Pater Maier: Möglich. Es wäre ähnlich wie bei Franziskus, der eine fast fertige Enzyklika von Benedikt aufgegriffen hat, um Kontinuität zu zeigen. So könnte Leo ein Schreiben von Franziskus weiterführen. Er ist keine Kopie von Franziskus, aber er steht in Kontinuität mit Franziskus.

Pater Martin Maier

"'Derzeit' bedeutet nicht, dass er Entwicklungen ausschließt."

DOMRADIO.DE: In einem Interview hat Papst Leo Segensfeiern für gleichgeschlechtliche Paare und die Frauenweihe thematisiert. Für manche war das enttäuschend. Wie ordnen Sie das ein?

Pater Maier: Er hat nicht die Segensfeiern selbst kritisiert, sondern dass manche Länder das Schreiben von Franziskus dazu nicht genau umsetzen. Zur Weihe von Frauen zu Diakoninnen sagt er, dass die Arbeitsgruppen weiterarbeiten sollen. Er selbst plant derzeit keine Änderungen der Lehre. Aber "derzeit" bedeutet nicht, dass er Entwicklungen ausschließt. Am Anfang seines Pontifikats trifft er noch keine großen Entscheidungen. Er hört zu und findet sich in sein Amt ein. Ich gehe davon aus, dass er wichtige Entscheidungen und Veränderungen einleiten wird.

Das Interview führte Dagmar Peters.

Adveniat

Adveniat ist das Hilfswerk der deutschen Katholiken für die Kirche Lateinamerikas. Der Name leitet sich ab von der lateinischen Vaterunser-Bitte "Adveniat regnum tuum" ("Dein Reich komme"). 

Bischöfliche Aktion Adveniat e. V. (Adveniat)
Bischöfliche Aktion Adveniat e. V. / ( Adveniat )
Quelle:
DR

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